Müssen die Straßen für Glasfaserleitungen bald mehrfach aufgerissen werden? Der Kreis befürchtet das. Hintergrund ist eine Änderung in der Förderpolitik des Bundes, die den  Breitbandausbau in der Ortenau, wie er bisher lief, ins Stottern bringt. Foto: dpa/Moritz Frankenberg

Erneut ist der Frust rund um die Bundesförderung des Glasfaserausbaus in der Ortenau groß: Das neu aufgelegte Programm könnte die Pläne im Kreis um zwei Jahre zurückwerfen – und deutlich mehr Bürokratie für Städte und Gemeinden bedeuten.

„Unsere Planungen für den Ortenaukreis werden voraussichtlich bis zu zwei Jahre nach hinten geworfen. Das ist fatal und ärgert mich maßlos“, macht Landrat Frank Scherer deutlich. Bereits der plötzliche Förderstopp im Oktober schlug ein wie eine Bombe. Denn der Kreis hatte das Ziel eigentlich klar vor Augen: Bis 2025 sollte jeder Haushalt, jede Bildungseinrichtung und jedes Unternehmen mit mindestens 100 Megabit versorgt sein. Bis 2026 sollten zudem rund 70 Prozent aller Gebäude unabhängig von ihrer bisherigen Versorgung mit Glasfaser ausgestattet sein.

 

Manche Haushalte müssen zwei Jahre länger auf schnelles Internet warten

Beide Ausbauziele werden nun wohl erst deutlich später – Scherer spricht von zwei Jahren Verzug – erreicht. Schuld ist laut Kreisverwaltung das ab 1. April geltende Programm des Bundes für den Glasfaserausbau. Die neuen Förderbedingungen hätten negative Auswirkungen auf den Kreis. Denn diese gestalteten den staatlich geförderten Breitbandausbau deutlich bürokratischer als bisher, teilt das Landratsamt mit. Das bedeute für zahlreiche Städte und Gemeinden in der Ortenau mehr finanziellen und zeitlichen Aufwand. Zudem steht insgesamt weniger Geld zur Verfügung: Das Länderbudget, das der Bund für Baden-Württemberg 2023 vorsieht, liege bei 320 Millionen Euro. Das sei nur rund die Hälfte des Betrags, der noch 2022 zur Verfügung gestanden habe, beklagt die Kreisverwaltung.

Ein jüngst veröffentlichtes Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr lässt Übles erahnen. Es skizziert die Grundlagen, wie in Zukunft der Ausbau des Glasfasernetzes in unwirtschaftlichen Regionen – also da, wo ein Ausbau für privatwirtschaftliche Unternehmen unattraktiv ist – gefördert werden soll. Vorgesehen ist neben der Notwendigkeit eines erneuten Markterkundungsverfahrens auch eine Priorisierung der Vorhaben nach den Kriterien „Nachholbedarf“, „Synergienutzung“, „Digitale Teilhabe“ sowie „Interkommunale Zusammenarbeit“ – das bedeute jede Menge Aufwand.

Der Kreis setzt mit der Breitband-Ortenau-Gesellschaft auf ein sogenanntes hybrides Ausbaumodell. Damit können geförderter und eigenwirtschaftlicher Ausbau miteinander kombiniert werden. „Wir antizipieren bereits den Gedanken der Priorisierung der Fördermittel. Wir kennen den Markt und Bereiche, in denen ein eigenwirtschaftlicher Ausbau vorgenommen wird und lenken Fördermittel daher schon jetzt nicht dorthin, wo bereits eine gute Versorgung gegeben ist“, stellt Scherer klar.

Straßen müssen für die Kabel eventuell doppelt aufgerissen werden

Dennoch seien nun neue Markterkundungen erforderlich, obwohl man die Partner längst kenne. Auch könnten eigentlich geplante Mitverlegungen von Leerrohren für den geförderten Bereich beim Ausbau des eigenwirtschaftlichen Bereichs nicht erfolgen, weil nicht sicher gestellt werden könne, dass der Förderantrag zeitnah bewilligt werde. Eine vorzeitige Verlegung könnte sich als förderschädlich erweisen, also nachträglich nicht bezuschusst werden. „In der Konsequenz müssen Straßen jetzt mehrfach aufgerissen werden, das können wir den Ortenauern nicht mehr vermitteln“, ärgert sich Scherer.

Auch Lahrs Oberbürgermeister Markus Ibert sieht ein massives Problem: „Der eigenwirtschaftliche Ausbau wurde bereits initiiert, doch die Unplanbarkeit der Förderung erschwert es, Synergien im Sinne des hybriden Ausbaus zu nutzen“, erläutert das Mitglied des „Breitband Ortenau“-Aufsichtsrats. „Ohne Förderbescheid können wir in Lahr, wenn die ’Deutsche Glasfaser’ wie geplant ausbaut, keine Leerrohre für den geförderten Ausbau mitverlegen“, bedauert Ibert.                                                     

Problem der Priorisierung

Problematisch für die Kommunen könnte die künftig vorgesehene Priorisierung der Vorhaben sein. „Erreichen die Vorhaben eine bestimmte Punktezahl, können die Förderanträge sofort beschieden werden“, erläutert der Geschäftsführer der „Breitband Ortenau“ Josef Glöckl-Frohnholzer und fügt an: „Nach unserer vorläufigen Ermittlung könnte dies für 13 Kommunen in der Ortenau gelingen. In vielen weiteren Städten und Gemeinden muss jedoch damit gerechnet werden, dass mehrere Förderaufrufe notwendig sein werden, um einen Förderbescheid zu bekommen.“ Die „Breitband Ortenau“ werde, so Geschäftsführer Glöckl-Frohnholzer, die Kommunen bei der schnellstmöglichen Beantragung der Fördergelder weiterhin optimal unterstützen.