Ägyptisches Militär patroulliert rund um den Tahir-Platz. Foto: dpa

Die Zahl der Toten bei heftigen Zusammenstößen zwischen Islamisten und dem Militär in Ägyptens Hauptstadt Kairo ist nach Angaben aus Sicherheits- und Krankenhauskreisen auf 42 angestiegen. Mehr als 300 seien verletzt worden.

Kairo/Beirut - Neue Eskalation zwischen der Muslimbruderschaft und ihren Gegnern in Ägypten: Bei gewaltsamen Zusammenstößen vor einem Militärgelände sind am Montag nach Angaben aus Sicherheits- und Medizinerkreisen mindestens 42 Menschen getötet und 322 weitere verletzt worden.

Salafisten brechen Verhandlungen ab

Die radikal-islamischen Salafisten kündigten an, sich mit sofortiger Wirkung aus den Verhandlungen über die politische Zukunft des Landes zurückzuziehen.

Nach Militärangaben kam es zu den Zusammenstößen, als Angreifer versuchten, den Offiziersclub der Republikanischen Garde zu stürmen. Zuvor hatte es in Kairo Gerüchte gegeben, dass sich der vom Militär gestürzte Präsident Mohammed Mursi dort aufhalten könnte. Das Militär nahm nach eigenen Angaben etwa 200 Bewaffnete fest. Sie hätten unter anderem Schusswaffen und Brandsätze bei sich gehabt, hieß es in der Stellungnahme der Armee.

Die Muslimbruderschaft hingegen erklärte, dass ihre Unterstützer bei einer Protestveranstaltung während des Morgengebets attackiert worden seien. Der Sprecher der Organisation, Gehad al-Haddad, schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter, Polizei und Armee hätten versucht, einen Sitzstreik der Mursi-Anhänger mit Gewalt aufzulösen. In einer Mitteilung betonten die Muslimbrüder, das ägyptische Volk wolle nicht wieder unter einer Militärdiktatur leben und werde den Kampf dagegen fortsetzen.

Die radikal-islamischen Salafisten zogen sich aus den politischen Gesprächen zur Regierungsbildung zurück. Der Sprecher der Nur-Partei (Partei des Lichts), Nader al-Bakkar, erklärte über Twitter: "Wir haben als Reaktion auf das Massaker vor dem Club der Republikanischen Garde beschlossen, uns mit sofortiger Wirkung aus allen Verhandlungen zurückzuziehen." Die Salafisten hätten sich zur Teilnahme an den Beratungen bereiterklärt, um Blutvergießen zu verhindern. "Nun fließt das Blut in Strömen", fügte er hinzu.

Friedensnobelpreisträger ElBaradei fordert unabhängige Untersuchung

Die ultra-konservative Nur-Partei hatte sich ursprünglich an der Suche nach einer neuen Führung in Ägypten beteiligt. Die Gespräche verliefen bislang jedoch erfolglos, weil sich die Salafisten laut Medienberichten gegen Favoriten wie den Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei und den Sozialdemokraten Siad Bahaa El-Din gestellt hatten und eine politisch neutrale Persönlichkeit verlangten.

ElBaradei forderte eine unabhängige Untersuchung der tödlichen Zusammenstöße. "Gewalt erzeugt Gegengewalt und sollte scharf verurteilt werden", warnte er über den Kurznachrichtendienst Twitter. Ein friedlicher Übergang sei der einzige Weg für Ägypten.

Am Sonntagabend hatten in Kairo erneut Zehntausende Anhänger wie auch Gegner des gestürzten Präsidenten Mursi demonstriert. Gegner der durch das Militär beendeten Herrschaft der Islamisten strömten in großer Zahl auf dem Tahrir-Platz im Zentrum Kairos zusammen. Die Militärführung hatte den Präsidenten nach tagelangen Massenprotesten am vergangenen Mittwoch nach nur einem Jahr im Amt abgesetzt.