Eine überwältigende Mehrheit hat sich bei der Volksabstimmung in Ägypten für die neue Verfassung ausgesprochen. Die Wahlbeteiligung lag jedoch wahrscheinlich nur bei weniger als 50 Prozent.  

Eine überwältigende Mehrheit hat sich bei der Volksabstimmung in Ägypten für die neue Verfassung ausgesprochen. Die Wahlbeteiligung lag jedoch wahrscheinlich nur bei weniger als 50 Prozent.

Kairo - Bei der Volksabstimmung in Ägypten hat sich eine überwältigende Mehrheit der Wähler für die neue Verfassung ausgesprochen. In 25 von 27 Provinzen lauteten 98 Prozent der abgegebenen Stimmen auf „Ja“, wie das regierungsnahe Internetportal „Al-Ahram“ vom Donnerstag berichtete. Allerdings war die Beteiligung an dem Votum am Dienstag und Mittwoch mit wahrscheinlich weniger als 50 Prozent eher mäßig. Offizielle Ergebnisse will die zentrale Wahlkommission bis zu diesem Samstag verkünden.

Auch wenn die Beteiligung eher mäßig war, kann sie auch als Erfolg dargestellt werden: Am Referendum über die Verfassung der Islamisten Ende 2012 hatten nur 33 Prozent der Wähler teilgenommen, von denen lediglich 63 Prozent mit „Ja“ gestimmt hatten.

Die große Zustimmung nun kam nach Ansicht von Beobachtern nicht überraschend. Die islamistische Muslimbruderschaft, die vom Militär im Juli 2013 nach Massenprotesten entmachtet worden war, hatte zu einem Boykott des Referendums aufgerufen. Bei der starken Polarisierung der politischen Landschaft lag es nahe, dass Gegner des Verfassungsentwurfs die Wahl boykottierten.

Das neue Grundgesetz stärkt - zumindest auf dem Papier - die Freiheitsrechte der Bürger und macht die unter den Islamisten beschlossenen Änderungen rückgängig. Diese hatten dem Islam mehr Gewicht verliehen. Gleichzeitig schreibt die neue Verfassung Privilegien des Militärs fest. Menschenrechtler und Experten beanstanden zudem, dass die Freiheitsrechte schwierig durchsetzbar seien, weil der Bürger gegenüber der gestärkten Position von Justiz und Polizei das Nachsehen habe.

Wahllokal im Hinterland von Kairo geriet unter Beschuss

Viele Ägypter bekundeten während der Volksabstimmung vor den Wahllokalen ihre Unterstützung für Militärchef Abdel Fattah al-Sisi. Er gilt als möglicher Präsidentschaftskandidat, wobei er sich noch nicht auf eine Kandidatur bei der Wahl festgelegt hat.

Gegner des Verfassungsentwurfs beklagten ein Klima der Einschüchterung. Der Vorsitzende der gemäßigt-islamischen Partei Starkes Ägypten, Abdel Moneim Abul Futuh, sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Die Abstimmung fand in einer undemokratischen Atmosphäre statt. Menschenrechte wurden nicht respektiert.“

Abul Futuh erwähnte, dass Aktivisten seiner Partei beim Verteilen von „Nein“-Flugzetteln festgenommen wurden. Auch sei es ihm nicht möglich gewesen, Säle für eigene Veranstaltungen anzumieten, weil die Besitzer Angst vor Repressionen gehabt hätten.

Die Webseite der Zeitung „Al-Shorouk“ meldete, in der Nacht zum Donnerstag sei während der Auszählung der Stimmen ein Wahllokal im Hinterland von Kairo unter Beschuss geraten. Es entstand lediglich Sachschaden. Insgesamt war nur der erste Tag der Abstimmung von Gewalt überschattet. Nach offiziellen Angaben waren am Dienstag elf Menschen bei Zusammenstößen zwischen Islamisten und Sicherheitskräften ums Leben gekommen. Die Polizei nahm an beiden Tagen insgesamt 444 Personen fest, die das Referendum gestört haben sollen.