Die Szene, als der Engel den Hirten bei den Schafen auf dem Feld erscheint, nimmt Gestalt an. Foto: Tröger

"Schau mal, da steht ein Engel! Und drei Schäfle! Und was ist wohl in der kleinen Hütte?" So oder ähnlich klingt es, wenn Familien jetzt im Advent im Gechinger Röserwald unterwegs sind und die Naturkrippe entdecken, die Gerhard und Marlene Mörk dort aufgebaut haben.

Gechingen - Marlene Mörk stellt zwischen moosbewachsene Steine einen etwa einen Meter langen Baumstumpen auf. "Das ist der Engel, der zu den Hirten kommt", zeigt sie beim Vor-Ort-Gespräch im Wald auf das liebliche Gesicht. Sie hat es auf ein von Baumrinde befreites Oval oben am Stumpen gemalt. Der Engel bekommt noch eine Lockenperücke verpasst und ein goldenes Gewand samt Flügeln, die Gerhard Mörk am Rücken der Figur befestigt. So schaut das himmlische Wesen hinüber zu den drei Schafen und den beiden Hirtenfiguren, ebenfalls aus Baumstumpen. Wie die echten Hirten wohl damals in der Weihnachtsgeschichte blicken sie mit ängstlich-fragenden Augen auf das wundersame Geschehen.

Die Figuren haben alle schon im vergangenen Jahr Spaziergänger überrascht und zum Innehalten angeregt. "Wir haben die Krippe im letzten Jahr zum ersten Mal aufgebaut und sehr viele freudige und positive Rückmeldungen erhalten", erzählt Marlene, die sich im Gechinger Schwarzwaldverein (SWV) als Naturschutzwartin engagiert. Im vereinseigenen Röserwald waren damals zahlreiche vom Borkenkäfer befallene Fichten gefällt worden. "Da könnten wir doch was draus machen", war die Idee und wurde als Naturkrippe umgesetzt. "Wir wissen von Großeltern, die mehrmals mit ihren Enkeln hier im Wald waren und die Weihnachtsgeschichte für die Kleinen lebendig werden ließen."

Nachdem die Szene bei den Hirten steht, macht sich das Ehepaar daran, die kleine Hütte aus dem Vorjahr, die den Stall in Bethlehem symbolisiert, für dieses Jahr herzurichten. In der Hütte hinten ist die Schlüsselszene des Weihnachtsgeschehens dargestellt, Maria und Josef mit dem Kind in der Krippe. Und im vorderen Bereich stehen drei große Stumpen, ihre Gesichter mit den Kronen darüber weisen sie als die drei Könige aus dem Morgenland aus.

Mit Fichtenwedeln, die Gerhard Mörk, kommissarischer Vorsitzender im SWV, per Schubkarre herbeischafft, werden die trockenen Reiser des Dachs neu überdeckt. Er hat sich dabei gleich mal als Waldwart betätigt und erklärt: "Ich hab’ ein paar kleine Fichten rund um eine Weißtanne umgemacht. Die Fichten haben zukünftig im Wald bei uns sowieso keine Chance, sie leiden unter der Trockenheit und sind dann sehr anfällig für Schädlinge wie den Borkenkäfer. Die Weißtanne hat jetzt mehr Luft und Platz und kann sich besser entwickeln".

Das dichte Dach mit den frischen grünen Wedeln gibt nicht nur optisch, sondern auch tatsächlich den Figuren darunter ein Obdach und einen Schutz vor Wind, Regen und Schnee, so wie ihn die damalige Heilige Familie im Stall in Bethlehem fand. Ein bisschen weihnachtlicher Glitzer muss zu der ganzen rustikalen Szene auch sein. Marlene Mörk hat eine kleine magere Fichte seitlich an die Krippenhütte gestellt und mit ein paar Glaskugeln bestückt. "Im vergangenen Jahr haben Besucher immer wieder Kugeln mitgebracht und an Zweige oder Bäumchen hier bei der Krippe gehängt." Bestimmt passiert das auch in diesem Jahr, ist sie sicher. Und vielleicht wird so die Krippe aus Naturmaterialien mitten in der Natur über die ganze Advents- und Weihnachtszeit bis in den Januar hinein immer ein klein wenig festlicher.

Wer jetzt Lust bekommen hat, sich auf die Advents- und Weihnachtszeit in der Natur einzustimmen, kann das bei einem Spaziergang rund um die Röserhütte machen und sich, egal bei welchem Wetter, im lichten Laubwald des Gäus von der Szenerie berühren und verzaubern lassen. Der Rundweg "Naturerlebnisraum" ist ab der Röserhütte mit dem schlummernden Siebenschläfer als Wegzeichen markiert. Vielleicht singt man bei der Krippe ein Lied mit den Kindern, oder hat ein Büchle dabei und erzählt eine Geschichte? Oder man kommt in den Genuss eines humorigen schwäbischen Gedichtvortrags, wie die Verfasserin dieses Artikels, die Gerhard Mörk mit dem "Weggen‘taler Kripple" von Sebastian Blau erfreut hat.