Nicht nur das Adler-Areal selbst, sondern auch die Flächen darum herum, samt Dorfwiesenweg, sollen umgebaut werden. Foto: Morlok

Zum zweiten Mal in diesem Monat tagte der Weitinger Ortschaftsrat in der Göttelfinger Korntalhalle. Und zum zweiten Mal stand die Nutzung des "Adler-Areal" im Fokus der Sitzung.

Eutingen-Weitingen - Stellten vor wenigen Tagen die Investoren von "Jako Baudenkmalpflege" das Nutzungs- und Bebauungskonzeptes des "Adler-Areals", das mitten im Herzen des Weitinger Sanierungsgebietes liegt sowie die Architektin Tanja Hetterich von der LBBW-Kommunalentwicklung Baden-Württemberg (KE) vor, wie denn die Dorfmitte aussehen könnte, so waren bei dieser Sitzung die Bürger gefragt, die ihre Anregungen und Bedenken im Rahmen einer "Bürgerfragestunde" einbringen konnten.

Ortsvorsteher Rainer Himmelsbach betonte gleich eingangs, dass er direkt nach der vergangenen Sitzung schon Gespräche mit den Bürgern geführt habe. Einige seien dem Vorhaben teils recht kritisch gegenübergestanden, doch habe er insgesamt überwiegend positive Rückmeldungen erhalten. "Ja, ja – von denen, die nicht unmittelbar betroffen sind", regte sich dazu gleich der Unmut aus Reihen der Besucher.

Augenscheinlich war es so, dass sich zur Bürgerfragestunde nur die Weitinger in der coronagerecht bestuhlten Halle versammelten, die etwas gegen das Projekt haben, da von positiven Rückmeldungen nichts zu hören war. Im Gegenteil. Eine Bürgerin ging sogar so weit, dass sie forderte, dass man die ganze Sanierung wieder streicht, alles rückgängig macht und alles so lässt wie bisher. "Mir wäre es lieber, wenn der Adler so stehen bleibt", so die Anwohnerin. Für den Ortsvorsteher ein Unding: "Wenn das so wäre, dann hätten wir einen Zustand wie in Rohrdorf – ein veralteter Ortskern mit Bauruinen", gab er der Bürgerin Kontra.

Aus Sicht des Ortsvorstehers und des Ortschaftsrates ist diese Ortskernsanierung samt der Umnutzung des Adler-Areals eine einmalige Chance, den Ort zu beleben und neu und modern aufzustellen. "Dieses Projekt wird noch größer und richtungsweisender als die Sanierung unserer Halle", ist sich der Ortsvorsteher sicher.

"Die Welt ist nach dem Umbau des Adler-Areals anders als vorher – aber auf jeden Fall nicht schlechter", so sein Hinweis an die 15 Bürger, die alle in direkter Nachbarschaft zum Adler-Areal wohnen und die ihre Bedenken zu diesem Großprojekt nicht verhehlen konnten.

Subjektive Meinungen

Es waren, wie bei solchen Fragestunden üblich, subjektive Meinungen, die als Frage getarnt, daherkamen. Das Hauptaugenmerk bei der Gesamtplanung lag bei den anwesenden Bürgern zum einen bei der Verkehrsführung und zum anderen bei der Größe der Neubauten, die vom Investor als "Brücke der Generationen" in das bestehende, denkmalgeschützte Ensemble integriert werden sollen. "Muss man da unbedingt solche Klötze hinbauen – würden zweigeschossige Gebäude nicht auch ausreichen", so eine Fragestellung, die letztendlich noch nicht vom Tisch ist, da auch die LBBW-Architektin diese Frage im Zuge ihrer Gesamtüberplanung stellte. "Auf die beiden Flachdächer könnte man, bei zweigeschossiger Bauweise, doch jeweils ein Penthouse stellen", so der Vorschlag von Gemeinderätin Sonja Schlichter-Müller, der allgemeinen Anklang fand. Der Forderung aus der Bürgerschaft, dass man die geplanten 30 Wohnungen auf 20 reduziert, konnte der Ortschaftsrat schon aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus, nicht folgen. Auch das Argument, dass 46 Tiefgaragenplätze für 30 Wohnungen viel zu wenig seien, wurde entkräftet. "Da es sich um kleine Wohnungen handelt, in denen nur eine, maximal zwei Personen leben, reichen die Stellplätze, zumal man weitere Plätze bei der Schule bereithält", glaubt Rainer Himmelsbach. "Diese Stellplatzmenge entspricht den baurechtlichen Vorgaben", stellte Jaqueline Schäffer vom Eutinger Bauamt klar und ergänzte: "Wir können hier nicht mehr Stellplätze verlangen, so eine Vorgabe der ›grünen‹ Landesregierung, die sowieso möchte, dass die Leute mehr Fahrrad fahren."

Doch nicht nur die Anzahl der Stellplätze, sondern vor allem die Ein- und Ausfahrt in das Parkhaus ist den Anliegern ein Dorn im Auge. So wollte ein Anlieger wissen, ob es denn keine bessere Lösung gibt, als die Zufahrt über den Dorfwiesenweg im spitzen 90-Grad-Winkel zu realisieren. Er räumte zwar ein, dass man für eine bessere Zufahrt etwas von der geplanten Bausubstanz opfern müsse, hielt es jedoch für die bessere Lösung. Rainer Himmelsbach stellte fest, dass sich die Tiefgarage nicht verlegen ließe, dass man jedoch mit baulichen Maßnahmen den Verkehr regeln könne. Dazu zählt für ihn auch, dass man auf dem Dorfplatz Schrittgeschwindigkeit fährt und eine Ampel die Zu- und Ausfahrt in die Dorfwiesenstraße regelt. Die Anwohnerin, die ihren alten Adler lieber behalten möchte, regte an, dass man die Einfahrt als reine Einbahnstraße auslegt. "Dann hätten wir eine echte Durchfahrtsstraße, was wir eigentlich nicht wollen", so der Ortsvorsteher, der trotzdem versprach, diesen Vorschlag zu klären.

Damit war man schon beim Knackpunkt Nummer zwei, denn ursprünglich ist vorgesehen, dass man die Dorfwiesenstraße mit einem Poller oder Ähnlichem für den Durchgangsverkehr sperren möchte, was für die Anlieger in der Praxis nicht ganz nachvollziehbar ist. "Wie soll dort Schnee geräumt werden, wie kann der Paketdienst dort arbeiten, wie die Müllabfuhr oder wie sollen Umzugswagen, die bei der Fluktuation, die bei den Wohnungen zu erwarten ist, halten und abladen", so die Frage einer direkten Anliegerin, die hier erhebliche Probleme auf ihre Mitbürger zukommen sieht. Für die Mülleimer, in diesem Fall Container, fand man schnell eine Lösung. Diese soll der Hausmeister auf dem Dorfplatz zur Abholung bereitstellen. Feuerwehr und Rettungsdienste bekommen einen Schlüssel für den Poller, der Rest müsse halt schauen, wie man zurechtkommt, so Himmelsbach sinngemäß, der anmerkte, dass der schmale Weg, der hinter der Markthalle aus der Dorfstraße abbiegt, auf eine Breite von 4,5 Meter ausgebaut wird.

Frage nach dem Wasser

Ein anderes Fass machte der direkte Nachbar des Adler-Areals auf, der nachfragte, wo man denn mit dem ganzen Niederschlagswasser hin wolle, wenn man die große Fläche rund um das Areal versiegele. Er hatte Befürchtungen, dass die zu erwartenden Wassermassen über sein Grundstück geführt werden. Hier konnte ihn Jaqueline Schäffer beruhigen. "Das Wasser darf nicht über eine Anliegerfläche entsorgt werden", gab sie Auskunft. Wo und in welchem Verteiler man jedoch das neu zu bauende Areal anschließen wird, das steht noch offen. "Hier müssen wir mit dem Investor sprechen", so ihre Info zu diesem Punkt. Eine Besucherin dieser Bürgerfragestunde wertete es als Witz, wenn man erst ein Baugesuch einreicht, bevor das Entwässerungskonzept geklärt ist.

Befürchtungen, dass man mit Beginn der Erdarbeiten, die derzeit im zweiten Halbjahr 2022 geplant sind, und durch den Bau der Häuser, die voraussichtlich zwei Jahre dauern werden, in einer Großbaustelle lebt, konnten ebenso wenig entkräftet werden wie das erhöhte Verkehrsaufkommen, mit dem man zumindest während der Bauzeit rechnen muss.

Weitere Kleinigkeiten wie denkmalgeschützte Fenster, die wenig Tageslicht in die Räume lassen, die Parkraumregelung während des Hoamat-Festes, dem Naturschutz oder wo ein Anlieger zukünftig seinen Trecker schweißen soll, wenn er das nicht mehr vor seiner Haustür dürfe, wurden zwar ebenso angerissen, wie einige Fragen zu den zukünftigen Besitzverhältnissen und der Finanzierung, doch im Kern nicht näher beleuchtet.

In seinem Fazit steht der Ortschaftsrat zu seiner Entscheidung, den Ortskern und das Adler-Areal in der geplanten Form neu zu gestalten und zu sanieren. Man nimmt die Bedenken, die jetzt geäußert wurden, zwar sehr ernst, glaubt sich jedoch auf dem richtigen Weg für Weitingen zu sein. "Es ist eine Chance, die wir nicht zweimal bekommen", unterstrichen die Räte Siegfried Blum und Ralf Schanz in ihren abschließenden Wortbeiträgen.