Die Flößer sind am Mittwoch in Heidelberg angekommen. Foto: Schinle

Nach Rhein und Donau haben die Schiltacher Flößer auch den Neckar auf ihrem Floß bewältigt. Nach der Abfahrt in Plochingen am 3. April legten sie acht Etappen und Tage später am Mittwoch in Heidelberg bei der Theodor-Heuss-Brücke an.

Am Mittwoch kurz vor Mittag kam die grandiose Kulisse der Altstadt von Heidelberg in Sicht. Auf dem Floß fuhr auch am letzten Tag wieder ein Team des SWR mit: Am Abend rechnen die Flößer mit einem Bericht in der Abendschau. Routiniert legten sie an der Schachtelwiese neben der Theodor-Heuss-Brücke an und wurden dort vom Heidelberger Tourismuschef Mathias Schiemer und vielen Schaulustigen empfangen.

 

Hinter ihnen liegen acht Tage und Etappen mit insgesamt 184 Stromkilometern. Waren auf Rhein und Donau starke Strömungen und die Begegnung mit großen Frachtschiffen die Herausforderung, war es diesmal das Rangieren in den zahlreichen, teils engen Schleusen. Anschaulich berichtete Schriftführer Otto Schinle auf der Webseite des Vereins (schiltacher-floesser.de/aktuelles/) jeden Tag über den Verlauf der Fahrt und stellte stimmungsvolle Bilder ein.

Weinberge

War die erste Etappe von Plochingen nach Bad Cannstatt von vielen Industriezonen geprägt, zeigt der Neckar seine Schokoladenseite auf der zweiten bis Benningen führenden Etappe „Weinberge in steiler Lage, jeder im Schwabenlande hat offenbar seinen eigenen Wengert“, berichtet Schinle. Auch auf der dritten Etappe von Benningen nach Besigheim gibt es viel Weinbau, zum Beispiel die Steillagen und Felsengärten von Hessigheim.

Die Steillagen von Hessigheim waren vom Floß aus zu sehen. Foto: Schinle

An der Schleuse geht Wolfgang Tuffentsammer, ehemaliger Pfarrer von Besigheim und seit langem in Schiltach lebend, mit an Bord und liest zur Einstimmung eine Flößergeschichte von Eduard Mörike vor. Im Rathaus von Besigheim ist Schinle von einem großformatigen Bild der Flößerei auf der Enz beeindruckt: „Der Mann an der Sperre hat versagt und das Floß bildet den gefürchteten Ellenbogen“. Direkt an der Enz gibt es auch eine mittelalterliche Badstube. Vielleicht haben auch die Flößer dort gebadet.

Atomkraftwerk

Am nächsten Tag auf der vierten Etappe von Besigheim nach Heilbronn passieren die Flößer das Atomkraftwerk Neckarwestheim. Es ist stillgelegt und wird abgebaut. „Die Entsorgung wird uns noch einige Jahre beschäftigen“, sinnt Schinle. Kurz vor Heilbronn wird es auf dem alten Neckar eng, die Durchfahrtshöhe der Hafenweiler Brücke ist gerade mal 3,20 Meter. „Unsere Fahne hat 3,10 Meter, wir passen also gerade noch durch“, ist Schinle erleichtert. Thomas Hammann, Bäckermeister und Vorsitzender des württembergischen Motorbootclubs, empfängt die Flößer mit frischen Brötchen am Clubhaus. Da passt auch ein kühles Anleger-Bier dazu.

Auf der fünften Etappe von Heilbronn nach Haßmersheim passiert das Floß das riesige Audi-Werk, in dem früher auch die NSU-Motorräder gebaut wurden. In der Schleuse Kochendorf wird es dann eng: „Ein dickes Frachtschiff liegt vor uns, beschleunigt aber ganz rücksichtsvoll“.

1000 Kilometer

Vorbei an der Saline Bad Friedrichshall kommt Bad Wimpfen in Sicht. „Neckarkilometer 100 ist für uns ein Jubiläum: Mit unserem Floß sind wir bisher 400 Kilometer auf dem Rhein, 500 Kilometer auf der Donau und jetzt 100 Kilometer auf dem Neckar gefahren, also insgesamt 1000 Kilometer! Das ist ein Jubelbild wert“, freut sich Schinle. An Land besuchen die Flößer das Schifffahrtsmuseum in Haßmersheim. „Die Flöße und das Treideln mit Pferden wurde ab 1878 durch die Kettendampfer abgelöst“, erfährt Schinle. Mit dem Bau der Schleusen wurde auch diese Technik abgelöst. Heute fahren Frachtschiffe mit Dieselmotoren auf dem Neckar. „Vielleicht gibt es in der Zukunft eine Renaissance mit Elektroschiffen – wer weiß“, überlegt Schinle.

Gäste auf dem Floß

Am sechsten Tag von Haßmersheim nach Eberbach kommen Gäste aus Schiltach aufs Floß: Hans, Frieder, Gerhard und Elke – sie wollen eine Etappe miterleben. „Auch ein Maikäfer kommt an Bord, die milde Witterung hat ihn wohl vorzeitig erweckt“, freut sich Schinle.

Auf dem Floß wurde natürlich auch gevespert. Foto: Schinle

Stets dabei wie auf den letzten Fahrten ist auch dieses mal wieder Flößerbier: „Das gibt’s aber erst abends, wenn wir am Zielort festgemacht haben“. An der Schleuse Rockenau kommt der Leiter des Wasser-Schiffahrtsamtes Walter Braun an Bord. „Er geht selbst ans Ruder, übernimmt das Steuer und macht neue Erfahrungen mit einem Floß. Er ist überrascht wie beweglich wir sind“, berichtet Schinle.

Sperrung

Auf der siebten Etappe von Eberbach nach Neckargemünd müssen die Flößer bangen: Bald nach der Abfahrt kommt die Horrormeldung: Unfall an der Schleuse Hirschhorn – ein Kran ist umgestürzt, die Durchfahrt gesperrt. „Wir machen das Floß fest und warten die weitere Entwicklung ab. Vielleicht ist unsere Fahrt hier zu Ende“, sorgt sich Schinle. Doch dann kommt die erlösende Nachricht: Per Treidelleine darf das Floß die Unfallstelle passieren und wird geschleust. Für den Schiffsverkehr bleibt die Schleuse gesperrt. Nur mit einer kleiner Verspätung kommen die Flößer in Neckargemünd an und machen beim Wassersportverein an der Einmündung der Elsenz fest. Am nächsten Morgen ging es dann gut ausgeschlafen zur letzten Etappe nach Heidelberg los.