Oberbürgermeister hantieren gerne mit der Amtsglocke. Was aber ist ihr Job den Bürgern wert? Foto: Kopatsch

Freiburger Verwaltungsrichter befassen sich mit dem Gehalt von Acherns Rathauschef.

Freiburg/Achern - Das Land Baden-Württemberg würde dem Oberbürgermeister von Achern gern an den Geldbeutel gehen. Die Stadt hält dagegen und hat gegen einen Beschluss des Regierungspräsidiums Freiburg (RP) geklagt.

Nun ist das Verwaltungsgericht (VG) in Freiburg gefragt. Michaela Ecker, Vorsitzende Richterin des Verwaltungsgerichts Freiburg (VG), ließ jedoch schon zum gestrigen Verhandlungsbeginn durchblicken, dass das Gericht sich mit der Argumentation des RP schwer tut, da Bürgermeistergehälter nicht genehmigungspflichtig sind.

Angefangen hat der Rechtsstreit, der bundesweit einmalig sein dürfte, nach der OB-Wahl in Achern vor fünf Jahren. Damals zog der CDU-Politiker Klaus Muttach (48) als neuer Amtsinhaber ins Rathaus ein, und der Gemeinderat hatte über seine Besoldung zu entscheiden. Den Rahmen hierfür liefern Bedingungen wie die Größe einer Kommune und die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten und Erschwernisse im Job. Im Falle der Verwaltungsgemeinschaft Achern mit ihren knapp 30.100 Einwohnern musste die Entscheidung zwischen den Besoldungsgruppen B5 und B6 fallen. Muttach  hätte in B5 zunächst ein Grundgehalt von rund 7800 Euro bekommen, in B6 rund 8250 Euro. Ab der zweiten Amtszeit wäre die Bezahlung nach B6 vorgeschrieben gewesen.

Hat Bürgermeister den Stadtrat angetrieben?

Der Gemeinderat stufte Muttach zunächst nach Gruppe B 5 ein, revidierte dann zwei Monate später den Beschluss und »beförderte« den OB nach B 6. Ein ungewöhnlicher Vorgang, da eine Beförderung während der Amtsperiode nicht zulässig ist. Aber, so der Anwalt der Stadt Volker Stehlin, der Gemeinderat habe unter einem »Beurteilungsausfall« gestanden und nicht gewusst, dass er den OB auch gleich nach B 6 hätte besolden können. Das habe man korrigieren wollen, denn Muttach sollte durch die höhere Besoldung in die Pflicht genommen werden, sich in besonderem Maße für die Stadt zu engagieren, sagte CDU-Stadträtin Sonja Schuchter. Hinter den Kulissen wurde aber auch geunkt, dass Muttach den Stadtrat angetrieben haben soll.

2007 kam die Finanzaufsicht beim RP in Freiburg ins Spiel: Die Behörde prüfte beide Entscheide und befand sie für rechtswidrig. In der Folge musste der Gemeinderat neu entscheiden. Basis war neben der Einwohnerzahl ein Zwölf-Punkte-Plan der Verwaltung, der aufzeigen sollte, welche örtlichen Erschwernisse Muttach in Achern erwarten, die eine höhere Besoldung ermöglichen würden. Der Gemeinderat folgte diesen Gründen, doch das RP lehnte den Entscheid im Oktober 2010 erneut ab. In Freiburg wollte man die weltweite Wirtschaftskrise oder die Integration von Ausländern in Achern nicht als besondere Erschwernisse für das Amt des OB verstanden wissen, da sie so allgemein waren, dass sie für andere Kommunen auch gegolten hätten. Eine Lesart, die der Behörde nicht zusteht, so Anwalt Stehlin, da sie nicht die örtlich geprägten Entscheidungsgrundlagen beurteilen könne. Die Beurteilung durch das RP müsse daher aufgehoben werden.

Stehlin geht noch weiter: In 15 von 19 Fällen wird der Oberbürgermeister in Südbaden nach der höheren Besoldungsstufe entlohnt, so sein Argument, das aus RP-Sicht jedoch gegenstandslos ist, zumal manche der Rathauschefs ja auch schon in der zweiten Amtsperiode regieren, so Regierungsdirektor Hartmut Scherer von der Abteilung 14 (Kommunalwesen) am RP. Für deren Chef Reinhold Schwarz kommt hinzu, dass hier auch Bürgerinteressen tangiert sind: Der Bürger habe das Recht, von den Gemeinderäten eine sorgfältige Abwägung bei Gehaltsfragen zu erwarten.
Das Urteil wird schriftlich mitgeteilt.