Die AcaBellas besingen mit Charme und Wortwitz bei Tanz und Comedy das aufregende Alltagsleben.
„Die Zeit zwische dem Läse vom Bravoheftle un de Apothekeumschau isch wahnsinnig kurz!“ Wer mit solcher Weisheit sein Publikum auf den Nachhauseweg schicken kann „hot Ebbes im Käschtle ond zom Verzähle...!“
Davon bekam das Villinger Publikum ganz geballt in zweieinhalb höchst vergnüglichen Stunden so viel zu hören, dass die Ohren Schwerstarbeit leisten mussten, damit die Gags auch wirklich vollständig im Hirn ankamen. Für echte Schwobe kein Problem, für Ausländer aus Hannover vielleicht, aber für die wurde sogar kurzzeitig und großherzig auf Englisch moderiert!
Die AcaBellas! Ein verballhornter Kunstname, der ihre tolle Kunst des klangreinen und vielstimmigen tonsicheren Singens („a capella“) elegant und figürlich umschreibt. Sie sind rund um Balingen und auf dem Heuberg am Albtrauf zu Hause, kommen aus vielfältigen Berufen und haben sich seit 25 Jahren in der Freizeit zu einer genialen Truppe zusammengefunden. Die frisch komponierten Melodien, liebevoll gepfefferten Texte mit Scharfblick über das tägliche Leben(sglück) im Schwabenlande, Comedy und Tanzeinlagen begeisterten von vorn bis hinten die 900 Besucher in der ausverkauften Neuen Tonhalle.
Im besten Lebensalter
Dezent und knallfarbig ist die Bühne dekoriert, knallig bunt in rot, rosa, lila und pink kommen zehn schick gewandete Damen im besten Lebensalter im Gänsemarsch von rechts aufs Podium. Links hat zuvor schon Deria Pflum am Keyboard Platz genommen, sie leitet fast unsichtbar das beginnende Sanges-Feuerwerk vom Instrument oder mit Dirigat.
Nur zwei Männer (Ehemann und Sohn) wirken mit Gitarre und Cachon noch mit, mehr braucht Power-Frontfrau Heidrun vermutlich nicht, denn das Motto des Abends „Wo bleibt der Sekt?“ bietet Gesprächs- und Moderationsanlässe genug. Doch noch einige Statisten werden angeheuert: die ganze erste Reihe – selber schuld, wenn man da einen Platz bucht – muss sich präsentieren und dazu noch ausgesuchte Schilderhalter für Applaus und Agitation, Konfetti und (echt schwäbisch, den…) Kehrwisch.
Stimmung steigt
Die Stimmung steigt. „Schatz, seit Du auf Diät bisch küsst Du viel besser“: die fraulich veränderten Proportionen von Bauch und Po bei der reifen Silhouette werden mit „Korsett – un de Ranze isch weg“ porträtiert, denn „morge sin mer wieder ganz normal: bügle, koche, lege die BHs ab und lieget mit de Dschogginghos uff em Soffa!“ Kaufrausch ist auch vorbei in dem Alter, im Handtasche-Song „Do mach i nemme mit“: lieber nach der Singstund’ noch Einkehren und Sekt trinken und das passende Lied dazu.
Jetzt bekommt auch gegenderte Sprache ihr schwäbisches Fett ab: „Altweibersommer“ und „Schneemann“ geht gar nimmer, dafür gibt’s jetzt die Zapfhenne am Bierfass! Der Klimawandel ist im Schwäbischen erziehungsbedingt entstanden: Die Folge vom kindlichen „Teller-leer-essen-müssen mit Sonnenwetterversprechen“ seien heute doch die adipösen Kinder und die Hitzewelle. Da steigt die Heiterkeit im Saal bei so viel Lebenserfahrung!
Die alte Jugendzeit
Viel Witz beim Loblied auf die „alte Jugendzeit“ ohne Handy, RTL und Fahrradhelm. Tosender Applaus beim Besingen der Haushaltsgeräte und der Frage: „Auf was könne Sie verzichte, auf die Kaffeemaschin’ oder de Ehemaa…?“ Noch ’ne schwäbische Lebensweisheit: „Älles, was sich bewegt: begrüeße! Älles, wa sich net bewegt: putze!“ Nach dem sanften Song zum Leben im Einklang mit der Natur, vielstimmig und sauber intoniert, wird man mit „sin Sie no wach?“ wieder ins Programm zurückgeholt. Erziehungstipps wie „Buebe vom Blaulicht, Mädle vom Rotlicht fernhalte“ und „I ben dei Mamma un du mei Bua“ verbreiten Lebensweisheiten.
Dann: „Guck se doch aa“! Ein pfiffiger Song der erfahrenen Ehefrau über den ertappten Mann bei „babyschau“ sowie eigener energischer leichter Eifersucht. Frisch gelerntes Ukulenspiel der drei Sängerinnen unterstreicht die versteckte Unsicherheit des beleidigten Ichs. Beste Tiefenpsychologie!
Herren aus dem Publikum
Auf der Bühne baut Bühnenchefin Heidrun pfiffig umständlich mit zwei im Publikum ausgesuchten Herren ein Mon-Chérie-Verkostungsbänkle auf, drapiert die beiden zusätzlich beidseits mit Damen und sich selbst in die Mitte: alsbald gibt’s Lachtränen im Saal dank so vieler Spontan-Gags. Heidrun als Conferencière-Dame wächst über sich hinaus bei der Verwandlung zur Heimgymnastik auf der Turnmatte und im Lümmelsack. Sie beherrscht die spontane Situationskomik so sehr, dass auch die nun goldgewandeten singenden, tanzenden, mitspielenden Kolleginnen Claudi, 2 mal Heike, Jasmin, Karin, Martina, Sabine, Sigrun und Simone einfach mitlachen müssen. Übrigens: Die gefüllten Sektgläser gingen rege von der Bühne zu den Statisten und oft zu Heidrun…
„Irgendwann putz i d’ Fenschter nur aus Wunderfitz“, singt Josefine und präsentiert die Ausgeburt der derben Neugierde fetzig mit urkomischem Tanz und Gebärden. Der Saal kocht beim Applaus.
In Anlehnung an altbekannte ABBA-Melodien wird der Abschied zelebriert: „Wir tun’s für Euch und auch für uns! Wir sagen vielen Dank!“ Stehende Ovationen und Zugabe. Die Hinweise der Künstlerfrauschaft, dass fast alle kommenden Auftritte schon ausverkauft sind und erst 2026 wieder Chancen auf Karten bestehen. Der Schwarzwälder Bote und Die Neckarquelle als Veranstalter hatten am Samstag das Publikum voll verwöhnt und einen tollen Treffer mit den AcaBellas gelandet.