Daraufhin hat sich der Beamte in der Praxis beschwert. Sein Fazit steht fest: "Das Land setzt Mittel ein, um gratis testen zu lassen, und dann finde ich es einfach nur unfair, wenn ein Arzt das dann über Privatpatienten trotzdem abrechnet, also abzockt." Nun nimmt er sich vor, in Zukunft direkt zum Gesundheitsamt zu gehen oder zu einer anderen Arztpraxis.
Experte gibt Auskunft
Ein Gespräch mit dem Pandemiebeauftragten des Landkreises Rottweil, Bernhard Schönemann, mit unserer Zeitung kann die Situation klären. Bis etwa Ende Oktober war es möglich, bei Coronaschwerpunktpraxen im Kreis Abstriche bei asymptomatischen Patienten – das heißt Patienten ohne Symptome – durchführen zu lassen. Gutscheine, genannt "Berechtigungsscheine", nahmen die Praxen bis dahin auch bei asymptomatischen Beamten entgegen. Danach war dies jedoch, aufgrund unterschiedlicher Regelungen, nicht mehr möglich.
Es gebe nämlich zwei Testordnungen, führt Bernhard Schönemann aus. Eine des Bundes und eine der Länder. Da das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg für Beamte wie Lehrer zuständig ist, gilt für diese Berufsgruppe auch die Testverordnung des Landes Baden-Württemberg. Die Gültigkeit der Berechtigungsscheine verlängerte das Land zuletzt zwar bis 10. Januar 2021, es dürfen sich aber schon seit Anfang November nur noch symptomlose Lehrer oder in der Schule beschäftigte Kräfte gratis testen lassen. "Sobald ein Lehrer Symptome aufweist, fällt er nicht mehr unter die Verordnung ›Testungen zur Verhütung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2‹ nach Paragraf 4", informiert der Pandemiebeauftrage.
Des Weiteren seien sogenannte OEGD-Scheine für die Beauftragung eines Labortests auf SARS-CoV-2 im Einsatz. Diese änderten sich zuletzt monatlich. Im November war die Laboruntersuchung für symptomlose Patienten noch gratis, nun gelten auch hier Einschränkungen: Zum Beispiel müssen Reiserückkehrer diese Laboruntersuchung ohne Symptome nun selbst bezahlen.
Eigentlich ist es die Aufgabe des Kultusministeriums, Lehrer korrekt und transparent über Änderungen der Teststrategie zu informieren. Offenbar kommt dieses der Aufgabe nicht zur Genüge nach, da sich viele Lehrer in dieser Lage befinden, merkt Schönemann an. "Natürlich konnte der Lehrer in seinem Fall den Berechtigungsschein behalten, weil er nicht anwendbar war", erklärt Schönemann. Die Praxis habe korrekt gehandelt, indem sie den Lehrer aufklärte und darauf hinwies, dass der Gutschein für eine asymptomatische Testung aufgespart werden könne. Es komme auch vor, dass überlastete Praxen Patienten ohne Symptome auf Abstrichzentren und andere Coronaschwerpunktpraxen verweisen.
Zudem sei das Vorgehen in den Coronaschwerpunktpraxen standardisiert, sagt Schönemann. Das heißt, schon die Beratung durch den Arzt markiert den Beginn der ärztlichen Behandlung. Zusätzlich kann der Arzt hier die in seiner Praxis angewandten erhöhten Hygienemaßnahmen und alle weiteren Untersuchungen abrechnen. Das Vorgehen versucht, andere Atemwegserkrankungen auszuschließen und ist daher bei als symptomatisch eingestuften Patienten - wie im Falle des Lehrers geschehen - unbedingt notwendig.
Ein Denkfehler
Das Problem, ein Denkfehler: Ein Corona-Abstrich kann nicht mit einer ärztlichen Untersuchung gleichgesetzt werden. Klar ist außerdem, dass ein Antigen-Schnelltest weniger aufwendig und daher günstiger ist als ein Polymerase-Chain-Reaction-Test (PCR), der im Labor die Viren-mRNA des Covid19-Virus nachweist. PCR- Tests werden also symptomatischen Patienten in Rechnung gestellt.
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