In der Kläranlage in Rottweil wird das Wasser aus Rottweil und seinen Teilorten gereinigt. Zum Schluss fließt das Wasser in den Neckar. Foto: Elena Baur

Schmutz und Exkremente – damit möchten sich die wenigsten beschäftigen. Im Klärwerk ist das ein normales Thema. Unsere Redaktion blickte hinter die Kulissen und sieht, dass hinter der Kläranlage noch mehr steckt als nur die Reinigung von Toiletten-Wasser.

Wenn wir müssen, gehen wir auf die Toilette, wenn die Kleidung schmutzig ist, wird sie in der Waschmaschine wieder sauber und auch uns selbst putzen wir am Waschbecken, in der Badewanne und unter der Dusche – wir sind dann sauber, nur das Wasser nicht. Doch wer reinigt eigentlich unser Abwasser? Unsere Redaktion machte sich auf Erkundungstour und verfolgte den Weg des Abwassers durch die Kläranlage bis in den Neckar.

 

Am Rande von Rottweil, in der Au, ist es zu finden: Das Klärwerk des ENRW Eigenbetriebs Stadtentwässerung. Mehrere Gebäude, Außenbecken und ein Faulturm sind auf dem Gelände zu erkennen. Als Außenstehender sehen die Abläufe komplex aus und eine Reihenfolge ist nicht ganz erschließbar, doch Florian Haag , Abteilungsleiter der Stadtentwässerung der Energieversorgung ENRW, hat den vollen Überblick.

Kläranlage versorgt sich selbst mit Energie

Im Hauptgebäude ist es kuschelig warm, auch wenn es draußen eisig kalt ist. Grund ist das Klärgas, dass im Faulturm entsteht. So hat es die Kläranlage geschafft seinen kompletten Wärme- und Energie verbrauch selbst zu produzieren, erklärt Haag. Landesweit ist die Kläranlage Rottweil dadurch auf einem Spitzenplatz in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit, wie es auf der Homepage heißt.

Im Faulturm wird Klärgas produziert. Damit deckt die Kläranlage ihren gesamten Wärme- und Energiebedarf. Foto: Elena Baur

Der Rundgang startet am Eingang des Geländes. Durch ein Rohr kommt das Abwasser vermengt mit Regenwasser, Fremdwasser, wie es im Fachbegriff heißt, an. Hier endet die Kanalisation und beginnt die Kläranlage. Das Wasser gelangt durch das knapp 220 Kilometer lange Kanalsystem von sämtlichen Haushalten, aus Rottweil und seinen Teilorten, sowie Zimmern und Deißlingen, in die Au. Die einzige Ausnahme sei der Ortsteil Neufra, der auf Grund seiner Lage an den Abwasser Zweckverband Primtal angeschlossen ist, wie Haag aufzeigt.

1,7 Millionen Kubikmeter Schmutzwasser im Jahr

Insgesamt kommen fünf Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr in der Kläranlage an, gibt der Abteilungsleiter einen Einblick. Davon seien etwa 1,7 Millionen Kubikmeter Schmutzwasser, der Rest ist Niederschlagswasser beziehungsweise Fremdwasser. In einer Sekunde werden bis zu 490 Liter aufgenommen. Ein automatischer Schieber regelt, dass diese Menge nicht überschritten wird, erklärt Haag, während er auf die entsprechende Stelle im Kanal deutet.

Falls bei starken Regenfällen zu viel Wasser in das Klärwerk strömt, wird das Wasser umgeleitet und in einem Regenüberlaufbecken zwischengelagert. Wenn der Regen nachgelassen habe, werde das Wasser zurück in den Kanal gepumpt. Wenn der Regen aber nicht nachlassen sollte und auch die Überlaufbecken gefüllt sind, werde das Schmutzwasser ungefiltert in den Neckar fließen. Das komme aber selten vor, berichtet Haag.

Reinigung in drei Schritten

Geachtet werde bei der Säuberung auf Schadstoffe sowie Inhalte. Dafür werden ständig Wasserproben entnommen, die einmal täglich im Labor untersucht werden. Geachtet wird auf den pH-Wert, die Leitfähigkeit, Ammonium und Auffälligkeiten. Erst bei Abweichungen der Richtwerte werde dann genauer hingeschaut und die Ursache für die Werte ermittelt.

Florian Haag, Abteilungsleiter der Stadtentwässerung der Energieversorgung ENRW, steht vor dem letzten Außenbecken und hat den ganzen Prozess im Überblick. Foto: Elena Baur

Der gesamte Vorgang in der Anlage unterteilt sich grob in drei Schritte. Im ersten Abschnitt wird mechanisch, „alles was greifbar ist“, gefiltert. Dazu gehören auch Dinge, die gar nicht in den Kanal gehören, wie zum Beispiel Feuchttücher und Hygieneartikel. Im Rechengebäude kommen zirka 150 Tonnen an Abfällen im Jahr zusammen. Das ist so viel wie ein Blauwal, der als schwerstes Tier bekannt ist.

Abwasser auch im Winter nicht unter 10 Grad

Als nächstes wird im Sandfang alles, was absinkt, und im Fettfang alles, was auf der Oberfläche schwimmt, rausgefiltert. Dampf steigt von den Becken auf. Das liege an der Wärme des Abwassers, dass auch im Winter, nicht unter zehn Grad falle. Aber es stinkt auf dem ganzen Gelände nicht, auch wenn dies von außen zu erwarten wäre.

Im letzten Becken der mechanischen Reinigung, der Vorklärung, wird alles entfernt, was sich über längere Zeit am Boden ablagert. Diese Schlammablagerung wird abgeschöpft und in den Faulturm gebracht. Dieser funktioniert durch Wärme, etwa 40 Grad, wie in eine Biogasanlage, nur das dort statt Biogas, Klärgas entsteht. In einem Blockkraftwerk wird die Wärmeenergie zu Strom umgewandelt.

Bakterien säubern das Wasser

Im zweiten Schritt wird es biologisch. Hier passiere die wesentliche Reinigung. Die Haupt-Akteure seien dabei Bakterien. „Futter haben sie: das, was wir loshaben wollen. Wir sorgen nur für die richtigen Bedingungen“, erläutert Haag beim Weitergehen zum nächsten Becken. Die richtigen Bedingungen sind hierbei Sauerstoff-Zufuhr abwechselnd mit Sauerstoff-Entzug. Diese Sauerstoff Zufuhr verursacht das typische Bild von blubbernden Kläranlagen.

Für die perfekten Bedingungen für Bakterien, braucht das Klärwerk Sauerstoff-Gebläse, die das Abwasser mit Sauerstoff anreichern. Foto: Elena Baur

Danach ist es wichtig die Bakterien im letzten Schritt vom sauberen Wasser zu trennen. Dabei wird im Nachklärbecken der Schlamm, indem sich die Bakterien ablagern, mit dem Räumer im großen, runden Becken in einen tiefen Trichter zur Mitte geschoben. So gelangen die Bakterien zurück ins biologische Becken. In diesem Verfahren hilft Eisenchlorid. Dieses bindet größere Flocken, die ein Absinken des Schlamms beschleunigen.

Das saubere Wasser wird dann in den Neckar geleitet. Ironischerweise ist das Wasser im Neckar, auf Grund des erhöhten Flusspegels an diesem Tag, braun und schmutzig und das gereinigte Abwasser klar und sauber.

„Jeder Tag ist etwas Besonderes, zu sehen, egal was für ein Matsch kommt, dass später wieder sauberes Wasser in den Neckar fließt“, findet Florian Haag mit Blick auf das saubere Wasser am Ende der Reinigungskette im Klärwerk.