Es gab stehende Ovationen für Bürgermeister Gerd Hieber: Nach knapp 24 Jahren beendete er am Dienstag um Mitternacht seine Amtszeit. In der Stadthalle fand die Verabschiedung statt.
Sulz - Keine lange Begrüßung, keine Reden, keine Grußworte, stattdessen mehr Gelegenheit zur Begegnung und dem persönlichen Gespräch: So wollte es der scheidende Bürgermeister haben.
Es wäre auch schwierig gewesen, nochmals die ganze Amtszeit, in der sich die Stadt mitsamt Stadtteilen stark gewandelt hat, aufzurollen. Rund 1000 Projekte, so Hieber, seien umgesetzt worden. Er beschränkte sich bei seinem Rückblick in der 45-minütigen Gesprächsrunde, neben der Übergabe der Enlassurkunde einziger Programmpunkt des Abends, auf drei "Meilensteine".
Mutige Wege gegangen
Einer davon war gleich zu Beginn seines Amtsantritts: Als 1999 der Strommarkt liberalisiert wurde, standen kleine Versorgungsunternehmen vor einem Problem und vor dem Aus. Nicht so in Sulz: Diesen städtischen Eigenbetrieb gebe es immer noch. Heute leiste die Stromversorgung Sulz einen wichtigen finanziellen Beitrag für das Freibad. Gut war es auch, Schubladenpläne zu haben.
Hieber erzählte, wie er 2003 mit Stadtbaumeister Reiner Wössner Überlegungen angestellt habe, die Neckarhalle abzureißen und eine reine Sporthalle zu bauen. Gleichzeitig sollte im Backsteingebäude eine Stadthalle für Veranstaltungen entstehen. Wie es finanziert werden sollte, wusste zu dem Zeitpunkt niemand.
Doch dann kam die Wirtschaftskrise 2008 mit lukrativen Förderprogrammen des Landes. Die Stadt Sulz brauchte nur noch ihre Pläne aus der Schublade zu holen. "Der Gemeinderat hatte den Mut, diesen Weg zu gehen", sagte Hieber. Dieser war allerdings auch, was das Backsteingebäude betraf, mit vielen Diskussionen verbunden.
Vorreiter bei der Maskenpflicht
Als dritten Punkt erwähnte Hieber die durch das Corona-Virus hervorgerufen Krise. Sulz stand 2020 wegen der hohen Ansteckungszahlen kurz vor dem Lockdown. Da führte die Stadt als erste im Land eine Maskenpflicht ein: "Wir waren Vorreiter", so Hieber. Hier habe es sich gezeigt, wie wichtig eine solidarische Gemeinschaft sei.
An der Gesprächsrunde mit Gerd Hieber, moderiert von Hans-Ulrich Händel, nahmen der Dornhaner Bürgermeister Markus Huber, der Glatter Ortsvorsteher Helmut Pfister, Stadtrat Eberhard Stiehle und Landrat Wolf-Rüdiger Michel teil.
Auch sie erinnerten an Schlaglichter. Bürgermeister Huber erwähnte die Berührungspunkte, die Dornhan mit Sulz hat, so das Glatttalfreibad und den Abwasserzweckverband mit der Kläranlage in Glatt. Für Eberhard Stiele ist der Umbau der "Albeck-Kampfbahn" zu einer leistungsfähigen Sportanlage in bester Erinnerung. Gerd Hieber, selber "Multisportler", habe daraus eine moderne Arena gemacht. Das war gleichzeitig eines der ersten großen Projekte, die Hieber angepackt hat.
Regionales Gewerbegebiet bleibt Thema
Für Pfister hatte, nach den katastrophalen Überschwemmungen 1990, der in der Folge errichtete Hochwasserschutz im Glatttal einen großen Stellenwert. Landrat Michel nannte unter anderem das Kultur- und Museumszentrum im Glatter Wasserschloss, an dem sich auch der Landkreis beteiligt, den Straßenbau im Glatttal und die interkommunale Zusammenarbeit der Stadt Sulz und der Gemeinde Vöhringen mit dem "InPark".
Was Hieber in seiner langen Amtszeit nicht zu Ende bringen konnte, war das Regionale Gewerbegebiet. Sulz müsse sich hier nun dafür oder dagegen entscheiden. "Ich beneide darum den neuen Bürgermeister und den Gemeinderat nicht", meinte Landrat Michel zu diesem Thema. Er appellierte aber an die Bürger, eine Mehrheitsentscheidung zu akzeptieren.
Überlegt und Neuen gegenüber aufgeschlossen
"Er ist überlegt, persönlich und ohne Allüren": Das sind für Michel die herausragenden Eigenschaften des Sulzer Bürgermeisters. Für Kollege Huber war Gerd Hieber ein verlässlicher, fairer und Neuem gegenüber aufgeschlossener Partner. Eberhard Stiehle schätzte die Gespräche und den Meinungsaustausch mit Hieber über die Kommunalpolitik und die große Politik. Helmut Pfister: "Ich habe immer ein offenes Ohr bei ihm gefunden und wurde nicht allein gelassen."
Am Ende stand der Dank, den Hieber für den schönen Abend mit zahlreichen Mitarbeitern, Wegbegleitern, der Familie und Bürgern aussprach. Nach 40 Jahren im öffentlichen Dienst sei jetzt beim Ausscheiden auch Wehmut mit dabei. Drei Mal in Folge sei er von den Bürgern gewählt worden. Für dieses Vertrauen dankte er.
Spannende und herausfordernde Zeit
Es sei eine spannende aber auch herausfordernde Zeitspanne mit vielen schönen Begegnungen, Gesprächen und Entscheidungen gewesen. Dass es auch abweichende Meinungen gegeben habe, das sei gut so gewesen. Seinem Nachfolger Jens Keucher, der am Mittwoch seinen ersten Arbeitstag im Sulzer Rathaus hatte, wünschte er eine glückliche Hand.
Hauptamtsleiter Hartmut Walter überreichte Gerd Hieber Fotoalben. Die Abschiedsfeier umrahmte das Akkordeonorchester des Musikvereins Sulz. Leiterin Ramona Merk stellte als Solistin auf dem Akkordeon ihre Fingerfertigkeit unter Beweis. Das Kuentz-Trio spielte anschließend im Foyer, in dem das Team "Unser Laden" aus Sigmarswangen bewirtete.