39 Jahre lang hatte er die Finanzen der Stadt Oberndorf fest im Blick: Kämmerer Rainer Weber. Mit uns spricht er über die Balance zwischen großen Wünschen und knapper Kasse.
Wenn die Wünsche zu groß für den Geldbeutel wurden, war Rainer Weber nie derjenige, von dem es ein alternativloses Nein gab. Uns erzählt der scheidende Kämmerer, welche Herausforderungen auf die Stadt warten, und warum ihm dennoch nicht bange ist.
Alles andere als langweilig: Den Schritt, sich für die Kämmerei entschieden zu haben, habe er nie bereut, sagt uns der 64-Jährige. Denn man bekomme vor allem eines: interessante Einblicke in das Tun der Stadt, denn bei allem – von der Kindergartenplanung über die Straßensanierung bis zum Klärbecken – spiele die Finanzierung eine Rolle.
Wachsende Pflichtaufgaben
Dabei sei bei den wachsenden Pflichtaufgaben für die Gemeinde eines klar: „Es ist nie genug Geld da, um alle Wünsche zu erfüllen“. War Weber also immer der mit dem mahnend erhobenen Zeigefinger, der die Euphorie bremste? Mitnichten.
Hauptaufgabe der Kämmerei sei, vor der politischen Entscheidung beratend zur Seite zu stehen und Spielräume aufzuzeigen, erklärt Weber. Wenn sich die Stadt etwas nicht leisten könne, müsse man einen Weg finden, wie es zu einem anderen Zeitpunkt oder auf andere Weise umgesetzt werden könne.
Haushaltsplanung am spannendsten
Den Haushaltsplan aufzustellen sei der spannendste, aber eben auch der stressigste Teil der Arbeit als Kämmerer. Für Weber war 2005 Premiere – und zwar eine „sehr schwierige“. Denn die Schlagzeilen glichen denen von heute: knappe Kassen und Finanzierungslücken bei den Kommunen. „Damals ging es aber auch weiter“, sagt Weber.
Über die Jahre habe er eines gelernt: dass sich alles ganz schnell ändern könne. Auch wenn die Ausschläge immer extremer scheinen und schneller aufeinander folgen würden, am Ende sei es immer ein Auf und Ab: „Es ging nie nur in eine Richtung.“
Keine einfachen Zeiten
So gebe es jetzt zwar gerade finanziell gesehen eine „Delle“, aber es seien auch keine einfachen Zeiten, meint Weber mit Blick auf Kriege, Katastrophen und Klimawandel. Um das zu bewältigen, brauche man Geld. „Die Kommunen haben gewaltige Aufgaben vor sich“, meint Weber. Die Kunst werde sein, dieses Geld richtig zu verteilen.
Und bei aller Zuversicht, dass die Kurve auch wieder nach oben geht, „gibt es natürlich in jedem Haushalt Sorgenbereiche“, sagt er. Umso schöner sei es, ein Projekt von der Planung bis zur Umsetzung zu verfolgen und schließlich zu sehen, dass das Geld dort gut angelegt sei.
Oberndorf habe für seine Größe sehr viele qualitativ gute Einrichtungen, meint Weber. Eine weiterhin „positive Infrastrukturentwicklung“ wünsche er sich auch in Zukunft für die Stadt.
Umstellung auf Euro
Besonders spannend sei in seiner Zeit als Kämmerer die Umstellung auf den Euro 2002 gewesen. Jede Gebührenordnung habe überprüft und angepasst werden müssen. Bargeld zu bestellen und Bürgern auf ihre Deutsche-Mark-Zahlung Euro herauszugeben, sei ebenfalls eine außergewöhnliche Erfahrung gewesen. Dass sich der Euro als aus Webers Sicht Erfolgsmodell und stabile Währung entpuppen würde, habe man da noch nicht abgesehen.
Weitere Herausforderungen in seiner Zeit als Kämmerer seien auch Umstellungen gewesen, etwa vom kameralen zum doppischen Haushalt – für die Bürger kaum spürbar, aber intern eine große Geschichte, so Weber.
Teamarbeit ist wichtig
Immer eine große Rolle gespielt habe auch das Thema Personalknappheit. Denn Teamarbeit sei ebenso essenziell dafür, dass das gesamte System funktioniere, wie ein guter Umgang mit dem Gemeinderat und der Verwaltungsspitze und die Möglichkeit, auch unangenehme Themen offen ansprechen zu können.
Seine Verabschiedung im Gemeinderat hat Rainer Weber am 30. September, zum Jahresende scheidet er offiziell aus dem Amt aus. Was er dann tut? Reisen, lesen und draußen unterwegs sein vor allem, erzählt er uns. Er freue sich auf hoffentlich noch viele gute Jahre.
Eine der wichtigsten Positionen
Für die Stadt bedeutet sein Ruhestand indes einen Umbruch. Bürgermeister Matthias Winter schwärmt beim Pressegespräch vom unglaublichen Wissen und Erfahrungsschatz des Kämmerers.
Weber sei stets fair und loyal gewesen, habe aber gleichzeitig stets seine ehrliche Meinung mitgeteilt. Er habe im Rathaus und in den Gremien ein gutes Standing, und mit ihm verliere Oberndorf eine „Säule seiner Erde“, wenngleich er ihm den Ruhestand gönne.
Gegen Konkurrenz durchgesetzt
Umso glücklicher sei er darüber, dass man den Posten des Kämmerers als eine der wichtigsten Positionen im Rathaus mit Fabienne Gutierrez als „absoluter Wunschlösung“ habe nachbesetzen können. Sie habe sich dabei, so Winter, gegen habhafte Konkurrenz durchgesetzt.
Gutierrez ist aktuell mit der Haushaltsplanung 2026 befasst. Sie ist Rainer Weber dankbar für sein großes Engagement bei ihrer Einarbeitung. Auf Oberndorf und die Kämmerei warte nun einiges, sagt sie. Große Projekte seien im Gange, man habe – wie andere Kommunen auch – keinen ausgeglichenen Haushalt, und eine Balance zu finden, werde eine der großen Aufgaben sein.
Sie freue sich auf die Herausforderung, nun die Kämmerei, die im Kern aus etwa zehn Personen besteht, zu leiten und in bewährter Form weiterzuführen – Rainer Weber sei ihr dabei ein Vorbild.
Zur Person
Rainer Weber
kommt ursprünglich aus Kusterdingen und absolvierte seine Ausbildung bei seiner Heimatgemeinde und beim Landratsamt Tübingen, ehe er nach seinem Zivildienst 1986 zur Stadt Oberndorf wechselte. Zunächst beim Kulturamt im Bereich Schulen und Hallen eingesetzt, wechselte er 1992 in die Kämmerei. Am 1. April 2004 wurde er Kämmerer der Stadt Oberndorf.
Fabienne Gutierrez
kommt aus Oberndorf und war seit 2014 in der Finanzverwaltung der Stadt Rottweil, Bereich Kämmerei, tätig. 2016 wechselte sie ins Steueramt, war parallel aber weiterhin für die Sachbearbeitung beim städtischen Haushalt tätig. 2022 wechselte sie in den Bereich Kasse, spezialisierte sich auf Umsatzsteuer und leitete die Einführung des neuen Umsatzsteuerrechts. Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung wechselte sie zum 1. April 2025 zur Stadt Oberndorf, zunächst in den Bereich Liegenschaften, bewarb sich aber dann als Kämmerin und setzte sich gegen ihre Konkurrenten durch.