Abschiedsfeier der Kollegen für Jörg Stoll. Oberbürgermeister Adrian Sonder (rechts) überreichte ihm ein VfB-Trikot mit den Autogrammen der Spieler. Foto: Rath/Stadtverwaltung

Jörg Stoll hat eine außergewöhnliche Vita im Gepäck. Er wurde an ein und demselben Ort geboren, ist dort aufgewachsen und hat dort gearbeitet: im Freudenstädter Rathaus. Nach fast 45 Jahren wurde Stoll nun in den Ruhestand verabschiedet.

Bei der Stadt Freudenstadt ist eine Ära zu Ende gegangen. Jörg Stoll ist nach fast 45 Jahren im Dienst der Verwaltung in Rente gegangen. Die Vita des 65-Jährigen dürfte aus vielen Gründen einmalig sein, schreibt die Stadt Freudenstadt in einer Pressemitteilung.

 

Ein Arbeitstag ohne Besuch des Manns von der Poststelle mit dem Transportwagen? Im Rathaus sei das nur schwer vorstellbar. Aber die Mannschaft der Verwaltung am Marktplatz wird sich zwangsläufig daran gewöhnen müssen. Und Jörg Stoll auch.

Vater war Hausmeister

Jörg Stoll kann für sich in Anspruch nehmen, was sonst keiner kann, heißt es weiter: Er ist im Rathaus zu Hause. Er kam im Hauptsitz der Stadtverwaltung zur Welt und wuchs dort auch auf. Seine Eltern Gerhard und Hilde Stoll waren schon bei der Stadt beschäftigt. Der Vater war Hausmeister, daher lebte die Familie in der Hausmeisterwohnung im Obergeschoss. Die Mutter half bei der Reinigung der Büroräume und des Großen Saals. Jörg Stoll kam als Hausgeburt zur Welt. Als Kind waren die langen Flure sein Spielplatz. Seinerzeit befand sich das Polizeirevier noch im Rathaus.

Stoll absolvierte zunächst eine Mechanikerlehre bei der Firma Wolf, ehe er als Verwaltungsangestellter in den Dienst bei der Stadt wechselte. Zunächst war er vier Jahre lang im Tiefbauamt beschäftigt, arbeitete unter anderem bei Vermessungen mit. Dann erfolgte die Versetzung ins heutige Haupt- und Personalamt. Die Aufgaben in den zurückliegenden 44 Jahren waren vielfältig.

Arbeit ist schnelllebiger

Mit fünf Oberbürgermeistern hat er zusammengearbeitet, und davon „vier überlebt“, wie Oberbürgermeister Adrian Sonder bei der Verabschiedung im Großen Ratssaal anmerkte. „Vielen Dank für diesen einmaligen Einsatz zum Wohle der Bürger von Freudenstadt“, so Sonder unter dem Applaus im Saal. Mitarbeiter aus allen Ämtern waren gekommen, um sich zu verabschieden.

Den Wechsel in den Dienst der Stadt hat der Neu-Rentner nie bereut. „Ich würd’s wieder so machen. Es war eine schöne Zeit“, sagt er. Die Arbeit hat sich in viereinhalb Jahrzehnten aber stark verändert. „Es ist alles schnelllebiger geworden. Früher wurde viel im persönlichen Gespräch geregelt. Heute geht fast alles über E-Mails. Das ist eben der Lauf der Zeit.“

Helfer auf der Gartenschau

Jörg Stoll – seine Frau Ursula ist seit 40 Jahren bei den Stadtwerken Freudenstadt beschäftigt – wohnt heute im Kohlstätter Hardt. Er ist Freudenstädter durch und durch, war in der Spielvereinigung als Spieler und Trainer engagiert, 16 Jahre lang bei der Feuerwehr und zeitweise auch in der Stadtkapelle. „Mich zieht es nicht weg. Wenn ich den Rathausturm sehe, weiß ich: Ich bin zu Hause.“

Plötzlich ganz weg von der Bildfläche ist Jörg Stoll dann doch nicht. Er hat sich als ehrenamtlicher Helfer der Gartenschau gemeldet. „Man muss ja in Bewegung bleiben“, sagt Stoll. „Dienstlich bin ich jeden Tag zwischen sechs und acht Kilometer gegangen. Da kann man nicht von heute auf morgen nichts mehr tun.“