Heiderose Langer geht nach 16 Jahren als Geschäftsführerin der Kunststiftung Erich Hauser in den Ruhestand.Foto: Friedrichs Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Die Geschäftsführerin der Stiftung Erich Hauser in Rottweil geht in den Ruhestand

Rottweil. Erich Hauser befand nach seiner Niederlassung auf dem Salinengelände in Rottweil, dass die "Wüste zwischen Zürich und Stuttgart" aufgemöbelt gehöre. Das ist ihm gelungen – überregional (Documenta) und international (Großer Preis der X. Kunstbiennale in San Paulo). Um sein Werk auch der Nachwelt zu erhalten, gründete Hauser 1996 die Kunststiftung.

Ein Jahr nach seinem Tod (2004) begann Kunsthistorikerin Heiderose Langer mit einer Halbtagsstelle ihre Tätigkeit im Hauserareal. Jetzt geht sie nach fast 16 Jahren Geschäftsführung Ende März in den Ruhestand. Eine lange Zeit, in der sie in der Stiftung gewirkt, viel bewegt und durchgesetzt hat.

Frau Langer, wenn Sie auf Ihre Arbeitsjahre in der Kunststiftung zurückblicken, was waren die Anknüpfungspunkte und Konstanten Ihrer Tätigkeit?

In unserer Satzung sind die zentralen Aufgaben der Stiftungsarbeit verankert: Bewahrung und Pflege des Kunst-, Arbeits- und Wohnareals Erich Hausers, Organisation von Ausstellungen und Symposien mit herausragenden Künstlern, vorzugsweise aus dem Bereich der bildenden Kunst und Förderung junger Künstler mit dem Werkstattpreis. Dank der Treue bisheriger Sponsoren und durch neu hinzugekommene Unterstützer sowie die zuverlässige Hilfe durch Mitglieder des Fördervereins konnte ich diese Aufgaben all die Jahre erfüllen.

Sie kamen aus Ihren früheren Tätigkeiten in Museen und Galerien gut vernetzt hier an. Wie hat die Kunststiftung davon profitieren können?

Bevor ich zur Kunststiftung Erich Hauser kam, war ich mehrere Jahre Leiterin der beiden Museen der Stadt Velbert (Rheinland), dem Museum Schloss Hardenberg, einem Ausstellungshaus für zeitgenössische Kunst, und dem Deutschen Schloss- und Beschlägemuseum. Diese Kontakte sowie die im Rahmen meiner freiberuflichen Arbeit entstandenen spiegeln sich in den Einladungen von Künstlern und Referenten in den Jahren meiner Tätigkeit für die Kunststiftung wider.

Auch mein Interesse für die Kunstvermittlung an Kinder und Jugendliche, die ich in der Kunststiftung im Rahmen zahlreicher Projekte in Kooperation mit verschiedenen Künstlern umgesetzt habe, geht auf meine damalige Tätigkeit zurück.

Wo konnten Sie Ihre Aktivitäten erweitern und wo neue Akzente setzen?

Vor allem die Gründung des Projektnetzwerkes "Reden über Kunst", zusammen mit der Städtischen Galerie Villingen-Schwenningen und der Sammlung Grässlin, St. Georgen, und die gemeinsam organisierten kunstwissenschaftlichen Symposien lenkten die Aufmerksamkeit des Fachpublikums aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus Österreich und der Schweiz auf die Kunststiftung Erich Hauser. Bei der Themenwahl haben wir immer nach Schwerpunkten gesucht, die in allen beteiligten Institutionen eine Relevanz hatten. So wurde Hauser und sein Areal in einen zeitgenössisch-künstlerischen und auch wissenschaftlichen Kontext gestellt. Über die Jahre hinweg stiegen die Führungsanfragen. Auch das Interesse an den Kunstvermittlungsangeboten in Form von Ausstellungen, Vortragsreihen, Filmpräsentationen und Künstlergesprächen nahm stetig zu. Gefreut hat es mich, dass die Ausstellungsreihe "Solo für Hauser" auf großes Interesse gestoßen ist. So hat die Raum-Installation von Martina Geist besonders eindrucksvoll den künstlerischen Dialog einer zeitgenössischen Künstlerin mit dem Ort Erich Hausers in den Fokus gerückt.

Welches waren für Sie herausragende Höhepunkte?

Ein besonderes Highlight waren für mich die Kunst-Koch-Projekte, bei denen ich Hausers Liebe zum Kochen und zur Festkultur in den Vordergrund gestellt habe. Mit den "Koch-Künstlern" Arpad Dobriban, Dieter Frölich und Sonja Alhäuser wurden diese dann Realität. Besondere, unvergessliche Ausstellungen waren für mich die Einzelausstellung von Richard Jackson, Bill Culbert und Lynda Benglis im Rahmen des Erich-Hauser-Preises und zuletzt 2020 die Ausstellung von Werkstattpreisträger Fabian Knecht.

Wie alle Stiftungen mangelt es auch der Erich Hauser-Kunststiftung an finanziellen Mitteln. Oft haben Sie alles Klein-Klein halten müssen, und trotzdem sind Ihnen Projekte gelungen, die überregional Aufmerksamkeit und Publikum erreichten.

Eine Ausstellung im Skulpturenpark mit Edelstahlskulpturen von Axel Anklam, dokumentiert in einem repräsentativen Katalog, hat kaum Kosten verursacht, da es ein Kooperationsprojekt war. Auch ein groß angelegtes Ausstellungsprojekt im Skulpturenpark, das in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Kunst und Design in Halle stattfand, war fremdfinanziert. Manche kleinere Projekte wie die Mittwochsgespräche richteten sich an Interessierte aus der Region.

Viele Besucher, Mitglieder der Fördervereins und des Führungsteams haben mit Ihnen zusammen Ausstellungseröffnungen, die legendären Stiftungsfeste durchgeführt und erlebt. Nun da Ihr Abschied naht, werden Sie Bilanz ziehen über Erreichtes, aber auch nicht Verwirklichtes. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Ich denke, dass ich mit meiner Arbeit zu einer Konsolidierung und Profilierung der Kunststiftung Erich Hauser zusammen mit dem Vorstand und dem Stiftungsrat beigetragen habe. Ich habe inhaltliche Schwerpunkte gesetzt, organisatorische Abläufe und stiftungsrelevante Strukturen etabliert, Außenkontakte zu Sammlern, Künstlern, Galeristen und neuen Besuchergruppen verstärkt, die Homepage aufgebaut und zahlreiche Kataloge herausgegeben. Es sollten zukünftig auch digitale Angebote, zum Beispiel virtuelle Führungen durch die Kunstsammlung, entwickelt werden. Nur aufgrund kreativer analoger wie auch digitaler Angebote kann die Sichtbarkeit von Erich Hauser und seines Rottweiler Gesamtkunstwerkes bewahrt und der Blick in die Zukunft gerichtet werden. Besonders erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang die auch Dank der finanziellen Unterstützung durch die Stadt Rottweil erfolgte, sehr gelungene Sanierung der Wohnpyramide von Erich Hauser.

Sie sagten einmal im persönlichen Gespräch, die Kunststiftung mit ihrem weiten Skulpturenpark, den Wohnhäusern Erich Hausers, den Werkstätten und seiner Kunstsammlung sei "ein besonderer Ort". Da klingt Wehmut durch, aber auch ein Stück Verbundenheit.

Der Ort Erich Hausers lebt nicht nur von den materiellen Dingen, sondern auch von den Menschen, die sich für ihn und sein Werk anhaltend begeistern und einsetzen. Ich bin jede Woche gerne an meinen Arbeitsplatz, der bestimmt zu den schönsten in Deutschland gehört, gefahren. Und der Gang durch die herausragende Kunstsammlung von Erich Hauser hat mich immer wieder mit Energie und neuen Ideen erfüllt. In einem kleinen Team aus zuverlässigen Mitarbeitern sowie mit den engagierten Fördervereinsmitgliedern zu arbeiten, hat große Freude gemacht, auch die Zusammenarbeit mit dem Kulturamt der Stadt Rottweil sowie dem Zimmertheater.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Erich-Hauser-Kunststiftung – in Anlehnung an die Aussage des Künstlers, dass die "Wüste zwischen Stuttgart und Zürich" weiter blühen und zum überregionalen Kunstblickpunkt werde?

Gerade in der derzeitigen Krisensituation, in der die Künste kaum sichtbar sind, wünsche ich mir für die Zukunft, dass weiter an der regionalen Verankerung und gleichzeitigen überregionalen Strahlkraft der Kunststiftung Erich Hauser gearbeitet wird und dass bisher Etabliertes wie die Zusammenarbeit mit dem Projektnetzwerk "Reden über Kunst", der Werkstattpreis und die Vermittlungsarbeit in Form von Schul-Kunst-Projekten, Führungen und Workshops beibehalten werden, um so die Kunststiftung Erich Hauser einer breiten Öffentlichkeit noch weiter bekannt zu machen und das zu sein, was eine Stiftung im besten Sinne ausmacht: nämlich ein Ort des lebendigen zeitgenössischen Kunstdiskurses und "im Zentrum der Peripherie" ein Garant für eine blühende Kunststätte zu sein! n Die Fragen stellte Heide Friedrichs