Übrig bleiben nur Schutt und Trümmer. Stück für Stück wird das alte Feuerwehr-Gebäude in Unterbränd abgetragen. Foto: Rademacher

Da, wo bis vor einigen Tagen noch die alte Unterbränder Spritzenremise stand, sieht man heute nur noch mehrere Schutthaufen, fein säuberlich getrennt nach Wertstoffen. Ein neues großes Feuerwehrfahrzeug hatte einen Neubau notwendig gemacht.

Bräunlingen-Unterbränd - Ursprünglich sollte die Unterbränder Wehr den Abbruch in Eigenregie durchführen. In der ersten Welle der Pandemie im vergangenen Frühjahr waren Abriss und Neubau dann um ein Jahr verschoben worden.

Im November 2020 dürfen die Wehrleute selbst anpacken

In einer Lockerungsphase im November hatten die Feuerwehrleute das Gebäude entkernt. Man hoffte, baldmöglichst mit dem Rückbau fortfahren zu können. Doch die Zeit drängt. Wenn das neue Fahrzeug kommt, darf es im kommenden Winter nicht im Freien stehen – denn ein wasserführendes Feuerwehrauto verträgt keinen Frost. So muss der Neubau bis im Herbst stehen. Abteilungskommandant Michael Becker freut sich auf das neue Gebäude, war das alte doch in vielen Punkten nicht mehr zeitgemäß.

So biss die Stadt Bräunlingen in den sauren Apfel und beauftragte ein Abbruchunternehmen, das in den vergangenen Tagen ganze Arbeit geleistet hat. Als kurz vor Weihnachten die zweite Corona-Welle anrollte, wurden mehrere Angebote eingeholt und schließlich der Auftrag extern vergeben, das alte Gerätehaus bis Ende März zurückzubauen. Laut Stadtbaumeister Volker Dengler sind keine größeren Mehrkosten entstanden, da man für das Baustoffrecycling ohnehin noch eine Fremdfirma gebraucht hätte.

Im Hintergrund laufen die Vorarbeiten für den Neubau. Noch diese Woche werden die Ausschreibungen für Rohbau, Zimmerer, Dachdecker, Elektro- und Gerüstbauarbeiten verschickt. Um eine termingerechte Handwerkerverfügbarkeit zu erreichen, werden mehr Firmen angeschrieben als sonst üblich. Der Baubeginn ist auf den 1. Juli geplant, der Aushub schon früher. Volker Dengler ist zuversichtlich, dass der Zeitplan eingehalten werden kann und die Feuerwehrleute im Herbst mit dem Innenausbau beginnen können – vorausgesetzt, die Pandemie lässt das zu.

Mit dem Gebäude endet auch seine lange Geschichte, die eng mit der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Unterbränd verknüpft ist. Die wurde am 8. Dezember 1899 aus 26 Bürgern gegründet, die sich auf einen Aufruf hin freiwillig bei Bürgermeister Josef Müller gemeldet hatten. Erster Kommandant war Matthias Mantel. Um eine schlagkräftige Wehr aufzubauen, ging es sogleich daran, die notwendigen Geräte und Ausrüstungsgegenstände anzuschaffen, für die auch eine Unterstellmöglichkeit geschaffen werden musste.

Im Jahr 1901 wird Gebäude samt Arrestzelle errichtet

So beschloss die kleine Gemeinde im Jahr 1900, an der Ecke Kirnbergstraße/Heidenlochweg eine Spritzenremise zu errichten. Kombiniert wurde diese mit einer polizeilichen Arrestzelle. Der Standort sollte sich als sehr praktisch erweisen, denn jahrelang wohnte der Polizeidiener Karl Mantel in unmittelbarer Nachbarschaft. Die Pläne wurden durch den Hüfinger Architekten Theo Fritschi im Januar 1901 erstellt.

Die Kosten beliefen sich auf 2180 Reichsmark (RM), teuerster Posten war der Zimmermann mit 1071,68 RM, der heute noch vorhandene Zementboden kostete immerhin 184 RM für 46 Quadratmeter. Das Gebäude wurde Ende 1901 fertiggestellt und der Unterbränder Gemeinderat zeigte sich spendabel. So hieß es in einer Verlautbarung vom 16. Oktober 1901: "Den Handwerksleuten, Maurer und Zimmerleut, welche am hiesigen Spritzenhaus arbeiten, sollen bei der Aufrichtung zwei Liter Bier aus der hiesigen Gemeindekasse bezahlt werden." Am 17. November 1901 fand auf dem Rathausplatz die erste Herbsthauptprobe statt. Im Dezember 1901 lieferte der Wagner Karl Benz aus Löffingen den ersten Leiterwagen und Anton Bürer löste Matthias Mantel als Kommandant ab.

Standort Unterbränd wird heute strategisch ausgebaut

Es gibt viele Parallelen zu heute. Damals bauten die Unterbränder eine schlagkräftige Wehr auf. Heute wird der Feuerwehr-Standort Unterbränd strategisch ausgebaut. Damals wurde ein Leiterwagen bestellt, für den man eine Unterstellmöglichkeit benötigte. Heute hat die Wehr ein wasserführendes Fahrzeug bestellt, das in der alten Spritzenremise keinen Platz hat.

Bis heute war das Spritzenhaus in seiner ursprünglichen Form erhalten. 1928 diente es dem damaligen Hubertshofener Pfarrer Stoll als Abstellplatz für seinen BMW Dixi, Trauungen, Taufen, Beerdigungen, kirchliche Andachten oder Religionsunterricht. In einem Antrag an den "wohllöblichen" Gemeinderat vom 31. Juli 1928 heißt es: "Einen etwaigen Nachschlüssel lasse ich selbstverständlich auf meine Kosten herstellen. Ich verspreche, das Spritzenhaus sofort bei Verlassen wieder zu schließen und genau darauf zu achten, dass nichts im Spritzenhaus durch mein Auto beschädigt wird." Kleinere Brötchen musste Pfarrer Leonard Drozd, einer seiner Nachfolger backen, der 1955 um ein Darlehen zur Anschaffung eines Mopeds bat, um seine Arbeiten besser erledigen zu können.

Im August 1935 plante die Gemeinde, in der Arrestzelle eine Rahmstation einzubauen. Der nie umgesetzte Umbau mit Einbau der Maschinen hätte sich laut Kostenvoranschlag auf 1400 Reichsmark belaufen. Der Blumberger Bürgermeister Theodor Schmid, der gleichzeitig ein Büro für Hoch- und Tiefbau betrieb, erstellte die Pläne. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente die Arrestzelle immer wieder als Schlafplatz für Obdachlose, bevor sie mit der Spritzenremise verbunden wurde und bis zuletzt als Aufenthaltsraum diente. Erst seit wenigen Jahren gibt es dort einen Wasseranschluss und ein Waschbecken. An der Ostseite wurde ein Unterstand für die Bushaltestelle angebaut.

Als sich die Feuerwehr zum 100-Jahr-Jubiläum 1999 mit Eigenmitteln ihr erstes Fahrzeug anschaffte, musste das alte Gerätehaus mit einem neuen Tor ausgestattet werden. Gleichzeitig wurde es in zahlreichen ehrenamtlichen Stunden grundlegend renoviert. Die verwitterte Original-Holzfassade wurde mit neuen Brettern verschalt, sodass das Domizil der Wehr zu den Jubiläumsfeierlichkeiten auch äußerlich in neuem Glanz erstrahlte.

Historischer Leiterwagen ist eingelagert im Gemeindeschopf

Liebevoll wurde das Kleinod in der Dorfmitte gepflegt, die Isolierung optimiert, der Aufenthaltsraum gefliest, eine Gasheizung eingebaut – vieles in Eigenleistung, unterstützt von der Stadt Bräunlingen. Nun ist das kleinste Feuerwehrhaus der Baar Geschichte. Der Leiterwagen von 1901 stand bis vor Kurzem zerlegt auf dem Dachboden und wurde im Gemeindeschopf eingelagert.

Das neue Gerätehaus im Bräunlinger Ortsteil Unterbränd soll ausreichend Platz bieten. Hatte das alte eine Grundfläche von 75 Quadratmetern, wird das neue ganze 178 Quadratmeter aufweisen. Zudem soll es eine separate Umkleide, ein Büro, Toiletten und eine Dusche beherbergen. Eine Bühne soll weiteren Platz bieten. Eigentlich wollte die Feuerwehr mehr in Eigenleistung bewerkstelligen, die Corona-Krise machte dem Vorhaben jedoch einen Strich durch die Rechnung.