Über Jahrzehnte hinweg diente die Villinger Jugendherberge als Ort der Begegnung und Gastlichkeit, nun hat der Abriss des Gebäudes begonnen. Schon bald wird diese Facette der Stadtgeschichte komplett verschwunden sein.
Der Abrissbagger steht bereit für das Grobe – Arbeiter in weißen Overalls und mit Schutzmasken bringen Materialien aus dem Inneren des völlig zerstörten Gebäudes ins Freie: Die letzten Tage der ehemaligen Jugendherberge am Villinger Goldenbühl haben geschlagen.
Das Ende der Einrichtung wurde bereits im März 2017 eingeläutet – und damit über 50 Jahre nach der Eröffnung. Die Stadt hatte damals nach einer Brandverhütungsschau die Nutzung in den Obergeschossen untersagt. Erhebliche bauliche und brandschutzrechtliche Mängel hatten nach Angaben der Stadtverwaltung dazu geführt. Das Haus war in die Jahre gekommen, größere Investitionen wurden nicht mehr getätigt. Auch deshalb, weil die Einrichtung in der St. Georgener Straße mit sinkenden Übernachtungszahlen zu kämpfen hatte. Die Folge: die Einstellung des Betriebs zum Juni 2017 und Streichung von 4900 bereits gebuchten Übernachtungen.
Villingen kein attraktiver Standort mehr?
Schnell wurde in der Folge klar, dass die Jugendherberge mit dieser Entscheidung wohl endgültig Geschichte sein dürfte. Denn das DJH-Landesverbands Baden-Württemberg setzte zu diesem Zeitpunkt bereits auf andere, offenbar attraktivere Standorte. Da wäre beispielsweise Rottweil. Dort hat man die Herberge 2013 mit modernster und attraktiver Ausstattung wiedereröffnet.
Rund drei Millionen Euro hätten nach damaligen Berechnungen in die Modernisierung des Villinger Standorts investiert werden müssen – Geld, welches der Verband nicht alleinig zur Verfügung stellen wollte. Gespräche mit Investoren und hinsichtlich anderer Standorte verliefen im Sand.
Brand beschleunigt die Abriss-Pläne
In den folgenden Jahren hatten das Gebäude Rettungsorganisationen und Polizisten für verschiedene Übungsszenarien genutzt, gleichzeitig wurde das Objekt auch für Vandalen und Jugendliche immer attraktiver. Eingeschlagene Scheiben, Graffiti und zerstörte Einrichtung sprachen Bände über das, was sich zumindest in den Abend- und Nachtstunden dort abspielte. Auch eine Sicherung der Jugendherberge hielt die Eindringlingen nicht zurück. Der zunächst anvisierte Abriss des Gebäudes, welches in das Eigentum der Stadt überging, wurde aus Kostengründen gestrichen.
Stattdessen kam es noch schlimmer. Im April 2023 brach in dem „Lost Place“ erstmals ein Brand aus, im August des gleichen Jahres stand das Gebäude dann in Flammen. Ein Brandstifter konnte jedoch bis heute nicht ermittelt werden. Das Feuer und die in der Folge große Gefahr, sollten Unbefugte das teilweise einsturzgefährdete Haus betreten, beschleunigten schließlich wieder die Rückbau-Pläne. Auch deshalb, weil die Stadt mit der Versicherung einen Kostenträger gefunden hat.
Komplexer Rückbau aufgrund der Schadstoffe
Klar war das zwar bereits seit September 2023, die notwendigen Vorbereitungen inklusive der Ausschreibung der Arbeiten verzögerten das Vorhaben jedoch. Bis Mitte Dezember. Da rückte dann die beauftragte Firma an, wie der städtische Pressesprecher Patrick Ganter erklärt.
Die ehemalige Jugendherberge ist nun weiträumig abgesperrt – auch um Platz für die komplexe Entsorgung zu haben. „Komplex unter anderem deshalb, weil bei einem Abbruch die einzelnen Baustoffe voneinander getrennt entsorgt werden müssen. Das gilt selbstverständlich auch für vorhandene Schadstoffe, die für ein Gebäude aus dieser Zeit keine Seltenheit sind, sondern eher die Regel“, so Ganter.
Ist an dieser Stelle Wohnbebauung möglich?
Mit dem Abbruch sei deshalb eine Fachfirma beauftragt, die für den Umgang mit diesen Stoffen die notwendige Fachkenntnis vorweise und diese ordnungsgemäß entsorgen wird. Mit einem schnellen Abriss ist deshalb auch nicht zu rechnen. Voraussichtlich erst im März 2025 wird nach Angaben der Stadt von dem Gebäude nichts mehr zu sehen sein.
Und dann? Das Herbergswerk hatte bereits im März auf Anfrage unserer Redaktion, ob es Planungen für eine neue Jugendherberge in VS gibt, abgewunken. Stattdessen geriet das Areal als Potenzialfläche für eine Wohnbebauung in den Fokus. Dies hatte eine städtische Analyse ergeben. Möglich seien neue Wohnhäuser aber nur, wenn die durch die Bundesstraße bedingte Lärmschutzproblematik gelöst wird. Konkrete Pläne liegen noch nicht vor.