In der Porsche-Zentrale in Zuffenhausen sammelten die Ermittler am Mittwoch Kartons voller Unterlagen ein. Foto: dpa

Mit einer Großrazzia fahnden Ermittler aus Baden-Württemberg und Bayern nach Beweisen für die Manipulation von Dieselmotoren. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft stellt sich auf langwierige Untersuchungen ein.

Stuttgart - Die Razzia begann um 8 Uhr morgens. Ein ganzer Trupp von Polizisten und Staatsanwälten rückte am Mittwoch überraschend vor der Porsche-Zentrale in Zuffenhausen an und filzte die Büros. Festplatten von Rechnern wurden kopiert, Umzugskartons mit Akten gefüllt. Es war eine groß angelegte Aktion der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, die fast den ganzen Tag andauerte. Nicht nur die Porsche-Zentrale in Zuffenhausen erhielt ungebetenen Besuch. Insgesamt zehn Objekte in Baden-Württemberg und Bayern, so die Staatsanwaltschaft, wurden nach Beweisen für die illegale Manipulation der Abgasreinigung von Dieselautos durchsucht.

Insgesamt 30 Staatsanwälte aus Stuttgart und drei aus München waren unterwegs, unterstützt von rund 160 Mitarbeitern der Landeskriminalämter Baden-Württemberg und Bayern. Durchsucht wurden Privatwohnungen und Büros, neben der Porsche-Zentrale auch das Entwicklungszentrum in Weissach, dessen Dependance in Hemmingen und dem Vernehmen nach unter anderem auch die Wohnung von Porsche-Vorstand Michael Steiner. Steiner ist seit zwei Jahren Entwicklungschef. Zuvor war er bereits 14 Jahre in führenden Positionen im Entwicklungszentrum in Weissach tätig.

Bei Audi besuchten die Ermittler am Mittwoch wieder einmal die Zentrale in Ingolstadt sowie das Werk Neckarsulm. Die Federführung bei dieser Razzia hatte jedoch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft, die Münchner Kollegen, die schon seit Längerem in Sachen Abgasskandal bei Audi ermitteln, leisteten Amtshilfe. Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft München II nach Angaben einer Sprecherin mittlerweile gegen 17 Beschuldigte.

Vorermittlungen gegen Porsche wohl seit Anfang 2016

Die Ermittlungen der Bayern haben unter anderem dazu geführt, dass der frühere Porsche-Entwicklungschef Wolfgang Hatz, der vor seiner Zeit in Stuttgart eine führende Rolle in der Motorenentwicklung bei Audi und VW hatte, bereits seit dem vergangenen Herbst in Untersuchungshaft in München-Stadelheim sitzt. Mehrere Beschwerden seiner Anwälte blieben erfolglos.

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hatte nach früheren Angaben bereits Anfang 2016 mit Vorermittlungen gegen Porsche begonnen. Im vergangenen Juli wurde dann ein offizielles Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung im Zusammenhang mit einer möglichen Manipulation der Abgasnachbehandlung eingeleitet.

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft hat in Sachen Diesel-Ermittlungen personell kräftig aufgerüstet. Für die Abgasaffäre wurde eine neue Abteilung geschaffen, an deren Spitze die Oberstaatsanwältin Beate Weik steht, die Leiterin der für ganz Baden-Württemberg zuständigen Schwerpunkthauptabteilung Wirtschaftskriminalität ist. Insgesamt sieben Staatsanwälte arbeiten derzeit in diesem Bereich. Es ist die größte Abteilung der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Die Razzia ist die erste große Aktion nach der personellen Aufstockung.

Wurde zu spät über die Dimension des Abgasskandals informiert?

Bei den Ermittlungen geht es nicht nur um den Autobauer Porsche. Im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen die Stuttgarter Porsche Automobil Holding SE. Über diese Finanzgesellschaft hält der PS-Clan der Porsches und Piëchs eine Mehrheit der Stimmrechte von VW. Der Verdacht heißt hier Marktmanipulation.

Es wird geprüft, ob VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn sowie dessen Nachfolger Matthias Müller als Vorstände der Stuttgarter Holding die Öffentlichkeit im Herbst 2015 zu spät über die Dimension des Abgasskandals informiert haben. Das Unternehmen hält diesen Vorwurf für unbegründet. Zudem wird ermittelt, ob der Autozulieferer Bosch Beihilfe zur Manipulation der Abgasreinigung geleistet hat, die dazu führte, dass die Wagen zwar auf dem Prüfstand die Schadstoffgrenzwerte einhielten, auf der Straße jedoch nicht. Darüber hinaus wird untersucht, ob es bei Daimler ähnliche Manipulationen gegeben hat.

Ermittlungen werden wohl dauern

Ein schnelles Ende dieser Ermittlungen ist nach Einschätzung von Siegfried Mahler, dem Leiter der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, nicht in Sicht. Bei der Vorlage der Jahresbilanz für 2017 sagte Mahler vor Kurzem, dass in diesem Jahr nicht mehr mit einem Abschluss der Ermittlungen wegen möglicher Diesel-Abgas-Manipulationen zu rechnen sei. Grund seien die riesigen Datenmengen, die nach den Durchsuchungen gesichtet und bewertet werden müssten.

Im Fall von Bosch warten die Stuttgarter laut Mahler noch auf Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Braunschweig, bei der ebenfalls seit Längerem umfangreiche Ermittlungen wegen des Abgasskandals laufen. Dort geht es vor allem um die Verstrickung von VW in die Manipulationen.