Gegen die abberufene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger gibt es neue Vorwürfe. Foto: dpa/Britta Pedersen

Die Serie an Vorwürfen gegen die abberufene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger reißt nicht ab. Medienberichte werfen neue Fragen zur Personalpolitik auf.

Gegen die abberufene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger gibt es neue Vorwürfe. Das Online-Medium „Business Insider“ berichtete am Freitag unter Berufung auf Buchungsunterlagen, dass vermeintlich ausgeschiedene RBB-Mitarbeiter weiterhin ein Gehalt bezögen. Es wurden mehrere Fälle aufgelistet, darunter ein Fall an der Spitze der Werbetochter RBB Media. Der RBB verwies auf Anfrage des Mediums auf eine Vertraulichkeitsvereinbarung und machte keine weiteren Angaben.

Auch ein Rechercheteam des RBB berichtete danach über den Komplex und nannte Zahlungen in dem Fall von 700 000 Euro bis 2026. Es schrieb weiter über den Mitarbeiter: „Nach Informationen des RBB-Rechercheteams besetzt er dort formal noch heute eine Planstelle und steht sogar im Urlaubsplan.“

„Business Insider“ ging auch auf die verbliebene Aufstellung der Geschäftsleitung ein, die nach dem Abgang Schlesingers wegen zahlreicher Vorwürfe nun verantwortlich ist für den Sender. Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter ist seit kurzem geschäftsführender Intendant, seine Position als Verwaltungsdirektor hat Personalleiterin Sylvie Deléglise übernommen, die mit Abfindungsregeln zu tun gehabt haben soll - ebenso wie die Juristische Direktorin Susann Lange.

Frauen sollen verheiratet sein

Laut „Business Insider“ sollen die beiden Frauen miteinander verheiratet sein. Der RBB betonte, dass die Beziehung der Leitung und den Gremienvorsitzenden bekannt gewesen sei. „Business Insider“ berichtete zudem aus einer Betriebsversammlung, wonach Deléglise die Hochzeit mit Lange offengelegt haben soll, beide aber mittlerweile getrennt sein sollen.

Dem Online-Medium sagte der RBB-Sprecher auch, dass Deléglise in ihrer früheren Funktion an der Ausarbeitung des Bonus-Systems beteiligt war. „Die Initiative dazu ging nicht von ihr, sondern vom Verwaltungsrat aus.“ Der Sender teilte der dpa mit, dass die Initiative konkret vom Verwaltungsratsvorsitzenden ausgegangen sei.

Der zurückgetretene Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf sieht sich wie Schlesinger seit Wochen Vorwürfen der Vetternwirtschaft ausgesetzt. Beide wiesen diese zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt. Es läuft auch eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei.

Nach massivem Druck Bonus-System und Gehälter offengelegt

Die Hauptabteilung Personal sei auch mit der Abschlussauswertung der Zielerreichung betraut, teilte der RBB dem Medium „Business Insider“ weiter mit. Die Geschäftsleitung hatte erst auf öffentlichen und internen massiven Druck das Bonus-System und die Spitzengehälter offengelegt. Brandstäter kündigte danach an, dass man in diesem Jahr auf Boni verzichten wolle, und sagte, man wolle beim Verwaltungsrat auf ein Ende der variablen Zahlungen insgesamt hinwirken.

Der stellvertretende Vorsitzende des RBB-Personalrats, Lutz Oehmichen, sagte der Deutschen Presse-Agentur unabhängig von den neuen Recherchen zur derzeitigen Stimmung im Hause: „Das Vertrauen in die Geschäftsleitung ist tatsächlich aufgebraucht.“ Die Offenlegung der Boni reiche nicht. Die Zahlung von Boni seien nur ein Beispiel für die Haltung und das Vorgehen der Hausspitze. „Wir haben auf der einen Seite die massiven täglich gepredigten Einsparzwänge und Programmkürzungen, und auf der anderen Seite erfahren die Mitarbeiter sukzessive über überkandidelte Bonus-Systeme und man versteht langsam auch, warum die Geschäftsleitung manche Projekte im Haus so stark vorantreiben wollte“, ergänzte Oehmichen.

Sender hält Bonus-Zahlungen unter Verschluss

Zu den Vorwürfen gegen Schlesinger zählen eine kräftige Gehaltserhöhung von 16 Prozent auf 303 000 Euro. Hinzu kommen Bonus-Zahlungen, die der Sender unter Verschluss hält. Auch ein teurer Dienstwagen mit Massagesitz und Essen für geladene Gäste in der Privatwohnung Schlesingers auf RBB-Kosten mit angeblich falschen Abrechnungen sind Teil der Vorwürfe. Gegen Schlesingers Ehemann und Ex-„Spiegel“-Journalist Gerhard Spörl ermittelt auch die Generalstaatsanwaltschaft. Er soll Aufträge bei der Messe Berlin bekommen haben - dort war Wolf in Personalunion auch Chefaufseher.

Neben einem London-Trip Schlesingers, bei dem ihr Mann dabei gewesen sein soll, ist jetzt auch in dem Bericht des RBB-Teams die Rede von einer Reise Schlesingers nach Ruanda. Dort soll neben Spörl auch die Nachfolgerin an der Spitze der RBB-Werbetochter RBB Media dabei gewesen sein.

Unabhängig von dem Skandal in dem ARD-Sender wurde bekannt, dass bald ein alter Fall vor Gericht behandelt wird, der indirekt mit dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) zu tun hat. Der Prozess gegen den früheren MDR-Unterhaltungschef Udo Foht beginnt am 1. September, wie das Landgericht Leipzig auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Der Skandal rund um den einst mächtigen Fernsehmanager kam 2011 ans Licht. Zusammengefasst standen damals Vorwürfe im Raum, dass es Filz und Geldschiebereien gegeben haben soll. Der MDR hatte ihm daraufhin gekündigt. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt für Foht die Unschuldsvermutung.

Verwaltungsrat will am Montag  zusammenkommen

Am Montag will der Verwaltungsrat des RBB zusammenkommen, um über die Auflösung des Vertrages von Schlesinger zu befinden. Dort wird es dann auch um die Frage nach einer Abfindung gehen. Der Rundfunkrat will sich nach dpa-Informationen am 31. August wieder treffen. Dort soll es dann neben dem weiteren Krisenmanagament um den weiteren möglichen Ablauf für das Verfahren Intendantenwahl gehen. Die Legislaturperiode für den Rundfunkrat endet Ende des Jahres.

Die Länder Berlin und Brandenburg planen indes eine gemeinsame Sitzung - voraussichtlich am 17. Oktober. Der brandenburgische Hauptausschuss-Chef Daniel Keller (SPD) sagte dazu: „Die Krise des RBB ist groß. Sie macht es notwendig, dass beide Parlamente die Aufarbeitung begleiten.“ Bei aller berechtigen Staatsferne: Jetzt sei die Stunde der Aufklärung. „Dabei müssen die demokratisch gewählten Abgeordneten vorangehen. Es darf keine Denkverbote bei der Neustrukturierung des RBB geben.“