Aus einer Kugel „schlüpfen“ in der ersten Szene des Theaterstücks zwei Menschenwesen. Foto: Köhler

Das Theater Baden-Alsace erkundet mit seinem Projekt „Nature-Art-Lab“ die Spuren der Menschheitsgeschichte. Für das Stück „Ikarus“ hat sich Intendant Edzard Schoppmann etwas ganz Besonderes einfallen lassen: eine Tour durch den Auen-Wildnis-Pfad.

Kleine Eidechsen huschen über den Weg, die Insekten surren und das Dickicht spendet in der Sommerhitze wohltuenden Schatten. Ein Theaterstück in dieser Atmosphäre – das ist ganz nach Edzard Schoppmanns Geschmack. Vor allem weil sich bei „Ikarus“ alles um das Zusammenspiel von Mensch und Natur dreht.

„So etwas gibt es in ganz Deutschland nicht“, ist der Intendant von seiner Idee überzeugt. Nun, ein Theaterstück, bei dem die Besucher verschiedene Stationen ablaufen – davon hat man schon einmal gehört. Das im Freien und mitten in der Wildnis zu machen, das ist das Besondere. So begrüßt Schauspieler Benjamin Wendel, der als Erzähler der Geschichte fungiert, die Besucher, oder in diesem Fall die Pressevertreter, am Eingang des Auen-Wildnis-Pfads unweit des Europäischen Forums am Rhein. Wendel leitet die Geschichte ein und führt dann die Gruppe zur ersten Station, das heißt zur ersten Szene.

Dort findet ein Kind, dargestellt durch eine große, eigens angefertigte Puppe, eine Kugel, die scheinbar vom Himmel gefallen ist. „Könnte das ein Ei sein?“, wundert sich das Kind und in der Tat: Kurze Zeit später „schlüpft“ das Ei und zwei Menschenwesen kommen zum Vorschein. Ergreifend fangen diese an zu weinen aus Angst, dass sie von ihrer Mutter verlassen wurden. Doch bald erkennen sie, dass sich auch mit dem Kind bestimmt gut kuscheln lässt. Das Kind ist verdutzt – es weiß gar nicht, was kuscheln ist. Doch es lässt sich gerne darauf ein, bis sich die Menschenwesen nach zahlreichen Umarmungen auf die Reise begeben.

Die Theatercrew freut sich bereits auf die Aufführungen. Foto: Köhler

Wie es weiter geht, können Besucher des Stücks ab 30. Juli zwei Wochen lang erfahren. Schoppmann verspricht: „Das Stück erzählt die Geschichte der Menschheit auf poetische Art“. Es gehe erst darum, wie die Menschen eins mit der Natur sind, bis sie sich diese immer mehr zunutze machen. Der Sündenfall, die Entwicklung der Maschinen bis hin zur künstlichen Intelligenz – all das werde thematisiert. Auf einem „Weg der Katastrophen“ erfahren die Gäste, wie es ausgeht, wenn die Menschheit und die Natur gar nicht mehr im Einklang stehen. Wie das wiederum funktionieren kann, werde in einem großen Finale im Theatersaal des Forums aufgelöst, erklärt der Intendant.

Wie in der Ikarus-Sageüberschätzen die Menschen ihre Fähigkeiten

Als „Höhepunkt der Spielzeit“, bezeichnet Schoppmann das Stück „Ikarus“. Der Name komme nicht von ungefähr. Denn auch wie bei der Figur aus der griechischen Mythologie gehe es darum, dass die Menschheit ihre Fähigkeiten überschätzt. Der Intendant ist sehr gespannt, wie das Stück ankommt. „Es ist ein Experiment“, sagt er.

Maximal 30 Gäste können sich pro Vorstellung auf den Theaterspaziergang begeben. Mehr gebe der Auenwildnispfad nicht her. Dafür gibt es drei Vorstellungen an Wochentagen und sechs Vorstellungen am Wochenende (siehe Info). Um nicht spontan abgewiesen zu werden, weil die Gruppe voll ist, empfiehlt Guido Schumacher, Geschäftsführer des Theaters, den Vorverkauf zu nutzen. Weiterer Tipp: Sonnencreme und Schutzmittel gegen Schnaken.

Die Vorstellungen dauern jeweils etwa eine Stunde. Für das Finale am Forum kommen alle Gruppen zusammen. Das bedeutet auch eine Pause für die ersten Gruppen eines jeden Dreierpacks, sagt Schoppmann. Doch für diese Pause hat sich das Theater ein Rahmenprogramm überlegt: Am Forum und am Eingang zum Auen-Wildnis-Pfad gibt es Bewirtung.

Ausstellung ist zu sehen

Im Theaterfoyer ist eine Foto-Ausstellung von Drittklässlern der Lahrer Schutterlindenbergschule zu sehen. Diese hatten sich mit der Ikarus-Sage beschäftigt. Ein poetischer Film von Mathias Schillmöller, der den Lebensraum Rhein vorstellt, wird im Garderobenbereich gezeigt. Zuletzt gibt es noch den „Markt der Möglichkeiten“, bei dem sich verschiedene Umweltinitiativen und -projekte vorstellen, darunter der Nabu, eine Solidarische Landwirtschaft, ein Streuobstwiesen-Projekt und mehr.

„Die Besucher können den ganzen Tag hier verbringen und das Forum, den Rhein und die Wildauen erkunden“, erklärt Schoppmann. Er betont, dass das Stück im Einklang mit dem Umweltschutz stehe. Umso erstaunter war er, als der BUND das Stück im Vorfeld verhindern wollte. Wohl aus Angst, die Natur könnte beim Theaterspaziergang gestört werden. Doch letztendlich gab es die Genehmigung. Landratsamt und Gemeinde hätten hinter dem Theater gestanden, so Schoppmann dankbar. Er freut sich nun auf viele tolle Vorstellungen – und auf gutes Wetter. Denn bei Regen fallen die Vorführungen aus.

„Ikarus“ wird vom 30. Juli bis 13. August immer von Dienstag bis Sonntag gespielt. Täglich gibt es Vorführungen um 10 Uhr (deutsch), 10.45 Uhr (französisch) und um 11.30 Uhr (deutsch). Das Finale beginnt jeweils um 13 Uhr. Zusätzlich gibt es am Wochenende Abendvorstellungen um 17.30 Uhr (französisch), 18.15 Uhr (deutsch) und 19 Uhr (deutsch). Das abendliche Finale beginnt um 20.30 Uhr. Karten kosten zehn Euro für Erwachsene und sechs Euro für Kinder. Sie sind auf www.reservix.de oder unter Telefon 0761/88 84 99 99 erhältlich. Besucher werden gebeten, mit dem Auto oder dem Bus zum Forum am Rhein zu fahren und dann zu Fuß zum Auen-Wildnis-Pfad zu gehen.