Unsere Streaming-Empfehlungen fürs Wochenende: „Ich einfach unverbesserlich“, „Euphoria“, „M“, „Mixtape“ und „Macbeth“ (von links oben im Uhrzeigersinn). Foto: imago (2), Sky, Netflix, Apple TV+

Welche neue Serie sollten Sie jetzt bingen? Welchen Film schauen, wenn Sie am Wochenende nur wenig Zeit vor dem Bildschirm verbringen wollen? Gibt es bei Netflix, Amazon und Co. Schätze, die Sie übersehen haben? Und was lohnt sich in den Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender? Hier erfahren Sie, was sich gerade zu schauen lohnt.

So viele Streamingdienste, so viele Mediatheken, so viele Serien, Filme und Dokus – und so wenig Zeit. Und weil das Wochenende viel zu kostbar ist, um es vor dem Fernseher bei einem schlechtem Programm zu vergeuden, verraten wir Ihnen hier, was sich jetzt besonders zu schauen lohnt.

     

► Ich habe nur Zeit für einen einzigen Film: Was soll ich schauen?

Macbeth

Im Angebot von Apple+

Da behaupte noch mal jemand, die Streaming-Dienste trügen zur weiteren Verblödung der Welt bei... Mag ja sein, Apple hat ursprünglich darauf gesetzt, Hollywood-Erfolgregisseur Joel Coen (genau, einer der beiden Coen-Brüder) würde ihnen eine wilde, brutale, überdrehte, modernisierte „Macbeth“-Verfilmung liefern. Doch der 67-jährige Wuschelkopf scheint offenbar voller Ehrfurcht vor dem ollen Shakespeare und seinem großen Theaterdrama.

Strenge, scharfe, hoch ästhetische Bilder im kleinen Schwarzweiß-Format ziehen den Zuschauer in ihren Bann. Die extrem verdichtete, uns eigentlich so fremde Verssprache im hohen Ton verstärkt atmosphärisch noch die vielen Nebelschwaden rund um die alten Burgmauern. Nur in wenigen Augenblicken setzt Coen auf große Bilder, starke Effekte, dramatische Zuspitzungen – die dann umso heftiger Knalleffekt haben. Großartig! Und noch großartiger das Spiel der beiden Hauptdarsteller Denzel Washington und Frances McDormand, zwei wahre Sterne Hollywoods!

König Macbeth und seine Lady, hier als schon deutlich gereiftes Paar, das um so gieriger nach Macht strebt und schließlich Wahnsinn und Tod verfällt – getoppt wird das nur noch von Kathryn Hunter in ihren Auftritten als dreifache Hexe. Leute, tut was für Eure Bildung! Hier fällt es (fast) jedem leicht... PS: Und bitte auch hier die Originalfassung mit deutschen Untertiteln schauen. Man muss die Originalstimmen von Washington und McDormand hören! Die Synchronfassung bietet mal wieder nur schlechtes Theater. (schl)

         

► Ich habe sonst nichts vor, welche Serie sollte ich in Angriff nehmen?

Euphoria

Im Angebot von Sky

In „Euphoria“ prallen Boulevardkomödie, Shakespeare-Tragödie und die „Schulmädchenreport“-Filme aufeinander.

Hier lauert Danny Boyles „Trainspotting“, dort Larry Clarks „Kids“. Mal fühlt man sich an Amy Heckerlings „Fast Times at Ridgemont High“, mal an Nan Goldins Fotoband „Die Ballade von der sexuellen Abhängigkeit“ erinnert. Und aus all diesen Elementen und aus unzähligen Storybruchstücken lässt die Serie verstörend-intensiv ein grandioses Porät der Generation Z entstehen.

Soeben ist zweite Staffel des tabulosen Seriendramas von Sam Levinson gestartet. Bei Sky sind auch die erste Staffel und zwei Specials verfügbar. Reichlich Stoff also für ein aufregendes Wochenende! Versprochen! (gun)

     

► Ich habe ein Amazon-Prime-Abo – und will gemeinsam mit meinen Kindern Spaß haben!

Ich – Einfach unverbesserlich

Zu sehen bei Amazon Prime

Mittels einer Schrumpfpistole möchte Gru den Mond verkleinern und vom Himmel stehlen, um der Welt zu beweisen, dass er der größte aller Schurken ist, doch ein Konkurrent namens Vector plant, ihm den Rang abzulaufen. Gru gerät unverhofft an drei naseweise Waisenmädchen, die seine Festung auf den Kopf stellen, während im Labor des verrückten Dr. Nefario ein Heer von Minions Schabernack treibt.

Die überzeichneten, nuancenreich animierten Charaktere sind echte Originale, Tonfall und Bildsprache bleiben stets kindgerecht komödiantisch und verlassen das Cartoon-Universum nie. Freunde schriller, bunter Familienunterhaltung kommen hier voll auf ihre Kosten. (ha)

         

► Ich verlasse mich lieber auf das Angebot der Mediatheken des Öffentlichen-Rechtlichen – und ich will einen Klassiker!

M

Zu sehen bis 19. März in der Arte-Mediathek

Wie sieht er aus? Wer wird sein nächstes Opfer? Was sind verdächtige Signale? Ein Kindermörder geht um, und eine ganze Stadt fiebert vor Angst, Wut und Jagdeifer. Das ist das Thema von Fritz Langs Filmklassiker „M“ aus dem Jahr 1931, der noch heute packt und viel gerühmt wird.

Weitgehend – aber zu Unrecht – vergessen dagegen: Joseph Loseys US-Remake aus dem Jahr 1951. Keine Frage, Langs „M“ ist ein Monument, Loseys „M“ einer von vielen Krimireißern, die Hollywood damals auf den Markt schmiss. Aber was für einer. Losey verlegt die Handlung ins Jahr 1951, behält aber das prägende Element der Vorlage bei. Es geht nicht um einzelne Helden und Schurken. Die Stadt selbst ist die Hauptfigur, das hier sehr gefährlich werdende Gemeinwesen.

In einer Vielzahl oft brillant verdichteter Szenen werden wachsende Angst, fressendes Misstrauen und explosive Lynchstimmung gezeigt. Langs „M“ wird von manchen als Vorahnung der Menschenjagden im Dritten Reich gedeutet, Loseys „M“, flott, barsch, in knallhartem Schwarzweiß dargeboten, in einer Mischung aus realistischen Stadtaufnahmen und expressiven Schattenspielereien, prangert die hysterische Jagd auf „Rote“ im McCarthy-Amerika an.

Der Produzent des Films, Seymour Nebenzal, war ein jüdischer Emigrant aus Deutschland, wo er unter anderem Langs „M“ verantwortet hatte. Losey war tatsächlich ein ausgewiesen linker Regisseur und musste vor den Kommunistenjägern bald nach Europa fliehen. Er landete auf Hollywoods schwarzer Liste.

Dass gegen Filmende viel Täterpsychologie ins Spiel kommt, und dass Losey später selbst immer wieder auf diesen Aspekt abhob, hat mit Angst vor Banalisierung zu tun. Losey wollte seinen Film nicht bloß als Generalangriff auf McCarthys Hexenjäger gedeutet wissen. Und tatsächlich ist er, wie das spannende Wiedersehen zeigt, sehr viel mehr als das. (tkl)

         

Netflix veröffentlicht ständig neue Filme und Serien. Was habe ich da vielleicht übersehen?

Mixtape

Zu sehen bei Netflix

„Mixtape“ ist der perfekte Film für alle, die entzückende Melodramen oder obskuren Punkrock aus den 1980er Jahren mögen: Wir schreiben das Jahr 1999 – Beverly (Gemma Brooke Allen) ist ein schüchternes Teenager-Mädchen, das bei ihrer Oma Gail (Julie Bowen aus „Modern Family“) lebt.

Beverly Eltern kennt ihre Eltern nicht, weil sie bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als sie erst zwei Jahre alt war. Doch das ändert sich, als sie auf dem Dachboden ein Mixtape findet, das ihrer Mutter Kim gehört hat, die mit 16 Mutter wurde und mit 18 starb. Mit einem Walkman beginnt eine Reise in die Vergangenheit, die für Beverly zugleich eine Reise in die Zukunft wird.

Vergessen Sie „Red Notice“, „Single Alle The Way“, „Tick, Tick, Boom“ oder „The Unforgivable“ – der beste Film, der im Dezember bei Netflix startete war „Mixtape“ – und daran ist neben dem tollen Schauspiel-Ensemble der Soundtrack mit Songs wie „Getting Nowhere Fast“ von Girls At Our Best oder „Linda Linda“ von den Blue Hearts nicht ganz unschuldig. Wenn doch alle Eltern so einen guten Musikgeschmack hätten! (gun)