Bei der Mückenfledermaus – der Name ist Programm – handelt es sich um die kleinste mitteleuropäische Fledermausart. Ihr massenhaftes Auftreten in Kehl sorgt dort nun für Probleme, denn die Art ist streng geschützt. Foto: Daniel Karmann/dpa

Das marode Kehler Hallenbad ist seit 2017 geschlossen, doch das Gebäude steht immer noch. Und dafür gibt es einen geflügelten Grund: Schätzungsweise rund 900 streng geschützte Fledermäuse haben sich hinter der Fassade gemütlich eingerichtet.

Fledermäuse – und zwar der Art der europarechtlich geschützten Mückenfledermaus – sind im Hallenbad wahrscheinlich schon heimisch geworden, als dieses noch in Betrieb war. Sie sind Offenburg durch Aufbrüche im Beton geschlüpft, heißt es in einer Mitteilung der Stadt Kehl. Mitarbeiter des Bereichs Umwelt hatten die Zwergfledermäuse bereits 2017 entdeckt. Eine sogenannte artenschutzrechtliche Relevanzprüfung, welche die Stadt 2018 von einem Fachbüro vornehmen ließ, bestätigte die Beobachtungen. Im Juli 2023 konnten die mit Nachtsichtgeräten und Fledermausdetektoren ausgestatteten Beobachter 895 erwachsene Weibchen und flugfähige Jungtiere zählen; 2018 waren es noch 641 Mückenfledermäuse gewesen.

 

Dass sich die Mückenfledermaus im Hallenbad wohlfühlt, liegt auch an der lockeren Bebauung des Umfelds und dem Baumbestand drumherum, der den Tieren gute Leitstrukturen zum Rhein und zur Kinzig bietet, „so dass das Quartier mit den umliegenden Jagdhabitaten sehr gut vernetzt ist“, wie es im Gutachten des Fachbüros heißt. Umso schwieriger ist es daher, die Fledermäuse zum freiwilligen Umziehen zu bewegen, ist sich Bäderchef Claude Woitschitzky im Klaren. Eine Vergrämung, wie etwa bei den Mauereidechsen üblich, kommt bei diesen besonders geschützten Tierchen nicht infrage.

Deshalb haben sich die Technischen Dienste Kehl auf Anraten der Experten entschieden, den Mückenfledermäusen moderne Quartiere außerhalb der Hallenbadfassade anzubieten. An der Sporthalle des Einstein-Gymnasiums hängen allein zehn Module, die als Wochenstuben für 2000 Tiere taugen.

Tiere sollen nun in Kästen umziehen

Insgesamt 4000 Plätze stehen den Fledermäusen in Hallenbadnähe nun zur Verfügung; dazu kommen die Module, die als Winterquartiere dienen können. Der Verlust der Wochenstuben „muss mindestens in einem Verhältnis 1:5 ausgeglichen werden“, heißt es in dem Gutachten, daher die große Zahl an neuen Unterschlüpfen.

Die Fassadenflachkästen, die die Technischen Dienste in Fünfergruppen anbringen ließ, wurden von den Gutachtern empfohlen – im Innern können die Tiere auch von einem Kasten in den anderen durchschlüpfen. Ob und wann die Fledermäuse ihre Quartiere hinter der Hallenbadfassade verlassen und die neuen Wochenstuben annehmen, wagen die Gutachter nicht zu prognostizieren: „Ganz generell kann es mehrere Jahre dauern, bis eine Fledermauswochenstube neue Quartiersmöglichkeiten annimmt“, heißt es im Gutachten.

Dem Abriss des Gebäudes steht – neben der Fledermausquartiere – der Umstand entgegen, dass das Hallenbad mit der Turnhalle des Kehler Einstein-Gymnasiums verbunden ist. Unter dem Gebäudekomplex befindet sich zudem die Heizzentrale für den Schulcampus.

Das sprach gegen die Sanierung

Das Kehler Hallenbad musste 2017 geschlossen werden, nachdem eine Prüfung ergeben hatte, dass das Dach einsturzgefährdet war. Der Gemeinderat entschied schließlich, das Hallenbad nicht zu sanieren: Selbst wenn zwei Millionen Euro in das Bad investiert worden wären, hätte es aufgrund der insgesamt maroden Struktur keine Garantie für einen dauerhaften Betrieb gegeben, informiert die Stadt Kehl.