Die Mutter und ihre Tochter haben am 11. März ihre Heimat in der Süd-Ukraine verlassen, seit Donnerstag sind die beiden in Offenburg. Neben wenig Gepäck haben die beiden eine Katze und zwei Hamster mitgebracht. Foto: Armbruster

Wo sonst Schlittschuh gefahren oder in Pandemie-Zeiten geimpft wird, reihen sich aktuell 250 Stockbetten aneinander. Seit Donnerstag sind auf der Messe Offenburg die ersten Flüchtlinge untergebracht. Unsere Redaktion hat sich umgesehen.

Offenburg  - Es ist ruhig am Freitagabend in der Messehalle eins in Offenburg. Niemand spricht laut, kein Lachen ist zu hören – die Stimmung ist beklommen. Die meisten Stockbetten sind noch leer. Nur am Rand, etwas verloren in der großen Halle, sind 50 Plätze belegt. Frauen, Kinder und sogar Katzen – alle wirken zutiefst erschöpft. Viele sind mit ihren Handys oder Laptops beschäftigt, andere mit den Tieren, die sie aus ihrer Heimat gerettet haben. Zwischen den Betten stehen Käfige, die die Aufnahmestelle zur Verfügung stellt, auch Tierfutter gibt es.

Die gesamte Anlage wirkt provisorisch, die Wände sind kahl – es ist jedoch angenehm warm in der großen Halle. Seit ihrer Ankunft hatten sich die Neu-Ankömmlinge ein wenig eingerichtet: Viele haben Jacken und Decken um die Stockbetten aufgehängt, um Privatsphäre zu schaffen. Am späten Donnerstagabend waren sie mit einem Bus von der Koordinierungsstelle des Bundes in Hannover angekommen. Väter, Ehemänner und Brüder mussten sie in der Ukraine zurücklassen.

Stolz zeigt ein Mädchen ihre Katze – das Tier ist augenscheinlich wenig begeistert. Doch der 13-Jährigen scheint wichtig zu sein, den geliebten Vierbeiner zu präsentieren. Auch zwei Hamster möchte sie den Pressevertretern zeigen und hält sie in die Kamera. Die Verständigung ist trotz des ehrenamtlichen Dolmetschers auf wenige Sätze beschränkt. Doch so viel lässt sich herausfinden: Das Mädchen und ihre Mutter waren offenbar am 11. März aus der südlichen Ukraine aufgebrochen, wenige Tage später hatte die 13-Jährige Geburtstag. Sie wirken beide erschöpft, der Blick der Mutter geht immer wieder ins Leere.

Beim Vorbeigehen beugt sich eine ältere Frau aus einem benachbarten Bett. Ihre Gesichtszüge hellen sich auf, als sie sich – wohl für ihre Aufnahme in Offenburg – herzlich bedankt: "Spasiba! Spasiba!" und schließlich auf Deutsch "Danke!". Ihr ist die Erleichterung, dem Krieg entkommen zu sein, deutlich anzusehen.

Neu-Ankömmlinge werden getestet

Verbrauchsgüter des täglichen Bedarfs – Hygieneartikel, Windeln, aber auch Tierfutter – erhalten die Flüchtlinge an einer Ausgabe in einem Anbau. Helfer nennen den Bereich den "Supermarkt". Im gleichen Gebäudeanteil befindet sich die von der Messe organisierte Essensausgabe. An Buffets können sich die Flüchtlinge dort zu den Essenszeiten bedienen. In einem von der Firma Hansgrohe zur Verfügung gestellten und ausgebauten Lkw-Anhänger können die Flüchtlinge duschen.

Erste Station nach der Ankunft ist für neue Flüchtlinge jedoch zunächst die Registrierung und die Corona-Teststation. Wer positiv getestet wird, kommt direkt in einen Quarantänebereich. Am Freitag war eine sechsköpfige Familie in der separaten Unterkunft untergekommen, weil ein Sohn positiv getestet worden war.

Wann es weitergeht, ist unklar

Am Wochenende sind rund 30 weitere Ukrainer in der Messe untergebracht worden, teilt das Regierungspräsidium mit. Die Koordinierungsstelle des Bundes hatte am Freitag fürs Wochenende eigentlich 450 Menschen  angekündigt. »Offenbar bestehen auf Seiten des Bundes bei der Verteilung der Geflüchteten auf die Bundesländer noch große Abstimmungsschwierigkeiten«, so Heike Spannagel, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums, gegenüber unserer Zeitung.

Derzeit leben rund 80 Menschen auf der Messe. »Zu ihrer Weiterverteilung sind wir derzeit im intensiven Gespräch mit dem Landratsamt. Zunächst müssen dazu verlässliche Strukturen geschaffen werden.« Ziel ist, dass der Aufenthalt der Flüchtlinge möglichst kurz ausfällt und die Leute zeitnah in festen Unterkünften untergebracht werden können. Das werde auch weitere Landkreise in der Region betreffen. Wann genau die Weiterverteilung beginnen wird, steht noch nicht fest.