Die Angeklagte soll mehrfach Geld mit der EC-Karte der Geschädigten abgehoben haben.(Symbolfoto) Foto: benjaminnolte – stock.adobe.com

Weil sie mit der EC-Karte einer 85-jährigen Frau insgesamt 4000 Euro abgehoben haben soll, steht eine 61-Jährige vor Gericht. Sie leugnet die Taten und erzählt vor dem Balinger Amtsgericht eine ganz andere Geschichte.

Balingen - Vier Mal soll die Angeklagte in kurzer Zeit jeweils 1000 Euro mit der EC-Karte der 85-jährigen Geschädigten abgehoben haben. Vor Gericht leugnet sie die Taten und sagt, dass die ältere Dame das Geld selbst für Friseure, Kosmetik und Parfüms ausgegeben habe. Aufgrund starker Zweifel an der Schuld der Angeklagten wurde das Verfahren wegen Geringfügigkeit am Ende eingestellt.

"Anfangs habe ich nur für sie eingekauft und sie zum Arzt gefahren, aber mit der Zeit wurde es immer mehr", berichtet die Angeklagte vor Gericht. Später habe sie praktisch alles für die mittlerweile 85-Jährige erledigt. "Ich habe sie zum Friseur begleitet, habe sie geduscht, bin mir ihr ins Krankenhaus und in die Reha." Auch einfach nur mit ihr Kaffee trinken oder "Mensch ärgere dich nicht" spielen, war Teil ihres Aufgabenbereichs.

4000 Euro innerhalb weniger Wochen abgehoben

Außerdem hat sie – und das ist die Grundlage für die Anklage – für die Seniorin Geld abgehoben. Die Rede ist von insgesamt 4000 Euro innerhalb von wenigen Wochen. "Sie hat mir aufgetragen, das Geld abzuheben. Danach habe ich es ihr in einen Umschlag gepackt und übergeben."

"Sie war sehr einsam und hat viel geweint. Sie war aber teilweise auch verwirrt und wusste manchmal nicht, ob Nacht oder Tag ist", berichtet die Angeklagte weiter. Die Frau soll allerdings trotz allem "für ihr Alter" noch recht fit gewesen sein. Ihre Finanzen soll sie stets präzise im Blick gehabt haben.

Was die Seniorin mit dem Geld gemacht haben soll, wisse sie nicht. Sie spricht allerdings davon, dass die Dame einen luxuriösen Lebensstil geführt habe. Neben der Angeklagten sollen auch zahlreiche weitere Personen für die 85-Jährige gearbeitet haben.

Manche von diesen befinden sich an diesem Tag als Zuschauer im Gerichtssaal. Mehrfach fragt die Staatsanwältin nach, ob sich im Saal Zeugen befinden würden. Das ist bei Gericht üblich und dient dazu, dass die Zeugen nicht von der Aussage der Angeklagten beeinflusst werden.

Nicht gerne von Staatsanwältin gesehen

Während einer kurzen Unterbrechung berichten allerdings – so die Beobachtung der Staatsanwältin – mehrere der Zuschauer den draußen wartenden Zeugen von den Aussagen der Angeklagten. Etwas, dass von der Staatsanwältin überhaupt nicht gerne gesehen wird.

In Folge dessen erfolgt eine entsprechende Verwarnung in Richtung der Zuschauer: "Wenn es so ist, dass hier einige ›Spione‹ im Saal sind, weiß ich nicht, wie viel ich noch von den jeweiligen Aussagen halten soll. Damit haben sie sich ein Eigentor geschossen."

Die Geschädigte selbst ist, obwohl sie als Zeugin geladen war, nicht vor Gericht erschienen. "Wegen ihrem gesundheitlichen Zustand", berichtet der Bevollmächtigte der Geschädigten, der auch als Zeuge geladen ist. Ihm sind die Unregelmäßigkeiten damals aufgefallen. Er hat den Stein dann ins Rollen gebracht, der zu dem Gerichtsprozess führte.

Einstellung des Verfahrens

Die Richterin war sich am Ende relativ sicher, dass die Angeklagte die ihr vorgeworfenen Taten nicht begangen hat. Damit es allerdings für einen Freispruch reicht, hätte man die 85-jährige Geschädigte vor Gericht laden müssen. Das wollten die Prozessbeteiligten der alten Frau ersparen. Außerdem war ihr Interesse an einer Strafverfolgung nach Aussage des Bevollmächtigen "eher gering".

Schlussendlich einigten sich die Prozessbeteiligten auf eine Einstellung des Verfahrens nach Paragraf 153, Absatz 2 (Absehen von der Verfolgung aufgrund von Geringfügigkeit).

Die Angeklagte war sichtlich erleichtert, dass der "Spuk" nun ein Ende hatte und fiel nach Prozessende ihrem Lebenspartner in die Arme.