Seit 19 Jahren stricken sie, was das Zeug hält: Die "Simmozheimer Wolldeckenstrickerinnen". Käthe Neufeld war es, die vor knapp zwei Jahrzehnten diesen Kreis ins Leben rief. Ihrer Gesundheit wegen möchte sie nun kürzer treten. Jutta Bosse und Sabine Kirchherr übernehmen die Organisation und führen so Neufelds Werk weiter.
Simmozheim - Durch das Engagement der Hobby-Strickerinnen wird anderen Menschen geholfen. Bei der Dankesfeier für Käthe und Arnold Neufeld machten Vertreter zweier Hilfsorganisationen deutlich, wie bedeutend wertvoll die Arbeiten an den Nadeln wirklich sind. Liebevoll mit Frühlingsblumen waren die Tische im Simmozheimer Gemeindehaus gedeckt, an dem die vielen Hobby-Strickerinnen zu Kaffee und Kuchen Platz nahmen. Circa waren gekommen. Ihnen galt der erste Gruß und Dank von Jutta Bosse. "Denn ohne euch gäbe es das Ganze ja nicht." Die Teilnehmerinnen hörten und staunten selbst, was sie geleistet haben. "5629 Decken habt ihr in Handarbeit gefertigt. Diese Zahl ist gleichbedeutend mit 6,5 Tonnen oder 146 Millionen Maschen verarbeiteter Wolle. Legt man die Decken der Länge nach hintereinander, könnte man neun Kilometer trockenen Fußes von Simmozheim nach Altburg laufen."
Trotz Ablehnung nicht aufgegeben
Käthe Neufeld erinnerte sich daran, wie sie 2003 in einem Gottesdienst der Gemeinde ihre Idee vorschlug. In einem ersten Reflex wischte man alles vom Tisch. "Das klappt ja doch nicht – die Mädchen von heute können ja gar nicht mehr stricken", so der ablehnende Tenor. Neufeld gab nicht auf. Denn sie war von einem guten Gedanken motiviert: Armen Menschen zu helfen. Man fertigte aus jedem auffindbaren und gespendeten Wollfaden, "stets ein Unikat; also keine Decke ist identisch mit einer anderen." Ein Teil der Decken werde verkauft, um Geldspenden zu generieren, die Hilfsorganisationen zukommen. Weitere Berge von Decken und andere Strickteile gelangen regelmäßig in das riesige Lager der Deutschen humanitären Hilfe (DHHN) in Altensteig-Spielberg, bei den Klumpfuss-Feuerkindern, beim Deutschen Institut für ärztliche Mission in Tübingen (DIFÄM) oder beim "Kinderhaus Rosa Maria, Honduras". Auch Frauenhäuser in der Region oder ein Haus für Obdachlose waren schon dankbar für diese schönen wie brauchbaren Geschenke. Socken, Mützen, Schals, Stulpen und Babyschuhe werden auf dem Simmozheimer Weihnachtsmarkt verkauft.
Unterstützung ins sechs osteuropäischen Ländern
Während das DIFÄM mit den Simmozheimer Strick Artikeln in Kenia und Malawi Menschen beglückt, hilft die DHHN momentan vor allem in sechs osteuropäischen Ländern. Dieter Dannenmann dankte im Namen seiner Organisation, die derzeit mit Spenden überrollt wird. "Sie können sicher sein – an Ihren Decken freute sich halb Osteuropa." Das riesige Lager in Spielberg ist mittlerweile ein bedeutender Umschlagplatz für Spenden jeder Art. Zwei (eigene) 40-Tonner fahren aktuell über Ungarn in das ukrainische Kriegsgebiet. "Berührende Szenen der Dankbarkeit spielen sich dort ab und sind so etwas wie Lohn, auf jeden Fall Bereicherung für die ungeheuren Anstrengungen unserer Fahrer." Andererseits erleben diese hautnah Einzelschicksale; mit welchem Leid die Menschen dort leben müssen.
Manch ein Spender frage sich bei anonymen Spendenaktionen und -aufrufen, wo seine Spende ankommt. Hier könne man die Aktivitäten direkt verfolgen. Dannenmann wies darauf hin, dass man ausführliche Berichte und Bilder unter www.dhhn.de sehen. Wie so oft im Leben ist es auch bei Spenden wichtig. "Ich muss dem anderen in die Augen gucken können", so Dannenmann.
Tränen der Rührung
Erika Anderer vom Kinderhaus-Rosa Maria, Honduras, trieb manche Wollstrickerin ein Tränchen der Rührung in die Augen. Sie erzählte von der "immensen Freude, die in Honduras eine Decke auslöst; wie die Menschen dort dieses Geschenk mit großem Stolz hüten und bewahren". Ihre Gesellschaft fördere mit ihrem Einsatz die Bildung der Kinder in Honduras. "Denn ohne Bildung hat kein Kind eine Zukunft." Als Dankeschön, ließ sich Anderer zuletzt von einem Honduras-Reisenden ein Säckchen "Honduras-Kaffee" als Geschenk für Käthe und Arnold Neufeld mitbringen, welches sie heuer überreichte.
Jutta Bosse deutete noch auf eine andere Gruppe, die vom Engagement der Wollstrickerinnen profitiert. Es sind die Wollstrickerinnen selbst, denen ihr Hobby sehr viel Freude ins Leben bringt. Wer mitmachen möchte: Zu den regelmäßig einmal im Monat stattfindenden Treffen im evangelischen Gemeindehaus sind neue Weggefährtinnen (Männer natürlich auch) herzlich willkommen. Und was auch immer wieder zwingend notwendig ist, stellte Käthe Neufeld in ihren Abschiedsworten klar: "„Mottenfreie Wolle – jedes kleines Bobbele wird verarbeitet".