Die Kröten wandern bei richtigem Wetter nachts zurück in ihre Geburtsgewässer, um Eier abzulegen. Foto: Schubert

Von März bis April findet im Kinzigtal die Reise der Amphibien hin zu ihrem Geburtsort statt – und das mitten durch gefährliche Straßen und Gebiete. Ehrenamtliche Helfer sind dabei für die Tiere Lebensretter.

Jedes Frühjahr wiederholt sich das Naturereignis Krötenwanderung. Sobald die Temperaturen nachts die Marke von vier bis sechs Grad erreichen, machen sich Erdkröten, Frösche und Molche auf den Weg zu ihren angestammten Laichgewässern. Im Kinzigtal sorgt der Nabu Mittleres Kinzigtal dafür, dass sie diesen Weg möglichst unversehrt überstehen. Vorsitzender Felix Schubert erklärt, wo die Ehrenamtlichen helfen und was jeder für die Tiere tun kann.

 

„Die Amphibien-Wanderung beginnt immer früher – eine Folge des Klimawandels“, erklärt er. In diesem Jahr wurden die ersten Tiere bereits am 5. März gesichtet, die abendlichen Rettungseinsätze endeten Anfang April. Doch der genaue Startzeitpunkt sei vom Wetter, nicht vom Klima abhängig: „Kommt eine Kältephase, pausiert die Wanderung.“

Die Grasfrösche sind mittlerweile eine stark gefährdete Art

Die Tiere legen erstaunliche Strecken zurück. Besonders die Erdkröten: Sie schaffen bis zu 3,5 Kilometer, meistens aber befinden sich ihre Winterquartiere im Umkreis von 500 bis 1000 Metern rund ums Laichgewässer. Im Kinzigtal ist eines dieser Gewässer ein ehemaliges Absetzbecken im Steinbruch. Die Tiere kommen aus dem Wald, überqueren eine Straße innerhalb des Steinbruch-Geländes und sind dort durch den Werksverkehr gefährdet. „Deshalb sammeln wir die Tiere dort per Hand auf“, so Schubert.

Früher betrieb der Nabu an der nahe gelegenen Kreisstraße einen Amphibienzaun, doch mittlerweile wurde die Population erfolgreich auf die andere Seite umgesiedelt. In diesem Jahr waren rund 15 Helfer im Einsatz. Sie retteten insgesamt 325 Erdkröten, zehn Grasfrösche und 17 Fadenmolche, erklärt der Vorsitzende.

Das klingt viel, ist im Vergleich zu früheren Jahren jedoch wenig: „In der Vergangenheit hatten wir doppelt so viele Erdkröten. Zwar gab es auch schon ein Jahr mit ähnlich niedrigen Zahlen. Aber es lässt sich daraus keine klare Tendenz für die lokale Population ableiten.“

Anders sieht es beim Grasfrosch aus. Obwohl er als häufigste Froschart in Baden-Württemberg gilt, ist er in Wahrheit stark gefährdet. Laut der „Roten Liste“ und dem kommentierten Verzeichnis der Amphibien und Reptilien Baden-Württembergs von 2020 ist die Population des Grasfroschs in den vergangenen Jahrzehnten dramatisch eingebrochen – um mehr als 95 Prozent.

Die Tiere können vorsichtig in der Hand über die Straße getragen werden

Nicht nur im Steinbruch bei Steinach wird geholfen. Auch in Haslach, Biberach und Prinzbach engagieren sich Gruppen für den Schutz der Amphibien. Besonders gefährlich wird es für die Tiere, wenn der Verkehr keine Rücksicht nimmt.

In Haslach etwa befindet sich ein Warnschild an der Wanderroute zum Silbersee, so Schubert. Doch bei einer Veranstaltung in der Nähe parkten Autos hinter dem Schild – was viele Kröten das Leben kostet. Dieses Jahr reagierten Stadtverwaltung und Veranstalter: Während des traditionellen Scheibenschlagens in Schnellingen wurde auf Anregung des Nabu die Straße gesperrt. „Das hat wunderbar funktioniert“, freut sich Schubert. „Unser Dank gilt der Stadt Haslach, den Veranstaltern und den verständnisvollen Gästen.“

Auch Autofahrer können viel tun, um die Tiere zu schützen. „Am besten ist es, wenn man die Kröten vorsichtig aufhebt und in ihre Zielrichtung über die Straße bringt“, erläutert Schubert. Denn schon das bloße Überfahren mit geringem Tempo – selbst ohne direkten Kontakt – kann durch den Unterdruck tödlich sein.

Zudem können Kellerschächte, Gullys oder andere Vertiefungen zur tödlichen Falle werden. „Ein Brett als Ausstiegshilfe ermöglicht es den Tieren es selbst wieder hinaus zu schaffen“, erklärt Schubert. Und wer ein gefangenes Tier entdeckt, sollte es einfach vorsichtig auf der Hand herausheben.

Jeder kann helfen

Wer sich an der Krötenrettung beteiligen möchte, braucht kein Fachwissen. „Jeder kann mithelfen, auch Kinder sind mit Begeisterung dabei“, sagt Schubert. Besonders in Steinach und Biberach sei Unterstützung willkommen. Und wer in seinem Wohnort auf überfahrene Tiere stößt, kann aktiv werden. Der Nabu stellt Amphibienzäune zur Verfügung und hilft bei der Umsetzung, wenn man sich bei den Naturschützern meldet.