Steuerrechtler plünderte die Konten seiner Mandantin / Gericht verurteilt ihn zu 22-monatiger Bewährungsstrafe

Offenburg (ruh). Ein Rechtsanwalt hat die Konten einer Mandantin um rund 400 000 Euro erleichtert. Der Jurist hatte eine Generalvollmacht und wurde gestern wegen Untreue zu einer 22-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Auch die Zulassung wurde ihm entzogen.

Der 55-Jährige war überwiegend im Steuerrecht tätig. 1998 erhielt er von einer heute 91-jährigen Mandantin die notariell beglaubigte Generalvollmacht über deren Konten. Bereits 2001 hob er davon Geld für eigene Zwecke ab. Wegen der Verjährungsfrist waren allerdings nur die Vorfälle ab dem Jahr 2006 angeklagt. Ab diesem Zeitpunkt hat der Jurist in elf Fällen bis Juli 2010 rund 82 000 Euro abgehoben. Insgesamt liegt der Schaden nach Angaben des Schöffengerichts beim Amtsgericht jedoch bei rund 400 000 Euro.

Als der Rechtsanwalt im Juli 2010 von der Bestellung einer rechtlichen Betreuung seiner Mandantin erfuhr, überwies er die zuletzt abgehobenen 16 000 Euro gleich wieder zurück. Den Angehörigen der heute 91-jährigen Kehlerin waren zuvor Unregelmäßigkeiten auf den Konten aufgefallen.

Der Angeklagte verteidigte sich trotz eines Rechtsanwalts selbst und räumte die "Untreuehandlungen" ein. Er habe jedoch in keiner "großen Bereicherungsabsicht" gehandelt. Das Geld habe er als Darlehen an Mandanten weitergegeben, die leider nicht zurückbezahlt worden seien. "Es war einfach Dummheit", erklärte er.

Geld an "dubiosen" Mazedonier gezahlt

Der Hauptabnehmer seiner Darlehen war ein Mazedonier aus Kehl, den der Verteidiger des 55-Jährigen als "dubios" bezeichnete. Auf wiederholte Fragen von Richterin Ute Körner und Staatsanwalt Jochen Wiedemann nach den Beweggründen wies der angeklagte Jurist immer wieder auf seine "Dummheit" hin. Kein vernünftiger Mensch und schon gar kein rationell denkender Rechtsanwalt werfe einer dubiosen Person ohne Sicherheiten zu erhalten immer wieder Geld in den Rachen, so die Richterin skeptisch. Körner und Wiedemann erinnerte der Fall an die Erpressungen katholischer Priester durch albanische Staatsangehörige, die das vergangene Jahr am Amtsgericht verhandelt worden waren. Der ledige, bei seiner Mutter wohnhafte 55-Jährige wies einen erpresserischen oder erotischen Hintergrund zurück.

Für die Schadenswiedergutmachung gehe sein Anteil an zwei Eigentumswohnungen drauf, sagte der 55-Jährige gelassen. Dass er das verliehene Geld zurückbekomme, bezweifele er. Er werde es jedenfalls nicht einklagen, so der Jurist. Nach dem Urteil aller am Verfahren beteiligter Juristen beging er die "Todsünde" eines Rechtsanwalts – er vergriff sich am Geld eines Mandanten.