540 Millionen Dollar - in den USA ist das Lotto-Fieber ausgebrochen. Foto: EPA

Höchste Summe in der Geschichte der US-Lotterie - Kritiker warnen vor übersteigerten Hoffnungen.

Washington - Der größte Lotto-Jackpot aller Zeiten lässt Millionen Amerikaner von unvorstellbarem Reichtum träumen. Mehr als eine halbe Milliarde Dollar (377 Millionen Euro) hatten sich bis Freitag als Gewinnsumme für sechs Richtige angesammelt - ein Jackpot-„Weltrekord“, wie der Veranstalter Mega Millions versicherte.

Fast überall im Lande erlebten Lottostellen einen wahren Ansturm, Fernsehbilder zeigten lange Schlangen an Tankstellen und Zeitungsständen. „Es kommen zu viele Leute rein. Ich habe nicht mal Zeit zum Essen“, stöhnte Chol Kang, dessen Kiosk unweit des Weißen Hauses in der US-Hauptstadt Washington am Freitagmorgen voller Leute war- Alle sicherten sich vor der Arbeit noch schnell einen Tippschein.

„Glücksspielrausch“, „Lottowahnsinn“ und „Jackpot-Hysterie“

Am meisten Geduld mussten Ticketkäufer an den Grenzen der acht US-Staaten aufbringen, wo die Lotterie verboten ist. Hier sorgten Grenzgänger, die dennoch mitspielen wollten, für stundenlange Wartezeiten. US-Medien überschlugen sich im Lichte des Mega-Gewinns mit ihren Schlagzeilen: „Glücksspielrausch“, „Lottowahnsinn“ oder „Jackpot-Hysterie“ prangte es von den Titelseiten.

Das Lottofieber war ausgebrochen, als am Dienstag zum 18. Mal in Folge niemand den Jackpot knacken konnte. Seitdem sei der Superpreis nochmal um rund 180 Millionen Dollar gewachsen, so der Veranstalter. Der Käufer eines Scheins mit den richtigen Zahlen könne 26 Jahre lang mehr als 20 Millionen Dollar jährlich überwiesen bekommen - oder sich für eine Abschlagszahlung von fast 360 Millionen entscheiden. Vor Steuern, versteht sich. Der Spieleinsatz liegt bei einem Dollar.

Mehr als eine Milliarde verkaufter Tickets

Für die Ziehung am Freitagabend (Ortszeit) werden nach Berechnung von Experten mehr als eine Milliarde Tickets verkauft. Die Chance, dass es mindestens einen Gewinner gebe, liege bei 90 Prozent, meinte der Ökonom Stephen Bronars in seinem Blog. Wahrscheinlich müssten sich zwei bis drei Spieler den Jackpot teilen.

Bis die Würfel gefallen sind, können sich aber noch alle Losbesitzer ihren kühnsten Träumen hingeben. Der Jackpot ermögliche 84 000 ausgedehnte Reisen nach Disneyworld, rechnete der TV-Sender CNN vor. Trotz hoher Benzinpreise könne sich der Gewinner 6,6 Millionen Tankfüllungen leisten - oder 7780 Luxus-Autos anschaffen.

Doch nicht jeder hat irrwitzige Vorstellungen: „Ich würde die Hälfte des Geldes meiner Mutter geben“, verspricht der Wachmann Sean Brooks (35) beim Ticketkauf in Washington. Er habe seinen Autokredit schließlich schon abbezahlt und brauche gar nicht so viel Geld. Die 32 Jahre alte Website-Managerin Sarah McGahan dagegen würde „sofort in den Ruhestand gehen“. Sie habe noch nie Lotto gespielt. „Aber als ich heute den Jackpot sah, dachte ich, versuch's doch mal.“

Kritiker warnen vor übersteigerten Hoffnungen

Kritiker warnten jedoch eindringlich vor übersteigerten Hoffnungen. Die Chance für den Traumgewinn sei schließlich kleiner als klein: sie beträgt 1 zu rund 176 Millionen. Es sei neun Mal wahrscheinlicher, in diesem Jahr von einem herunterfallenden Fernseher erschlagen zu werden, hielt die Tageszeitung „USA Today“ ihren Lesern vor.

Die Verlockung eines prallvollen Geldspeichers wiegt für viele Lottospieler jedoch mehr als jede Vernunft. „Heutzutage sind die Leute ziemlich pleite. Der große Jackpot gibt ihnen Hoffnung“, meint Peter Kang, der seinem Vater am Freitag wegen des großen Ansturms im Washingtoner Kiosk unter die Arme greifen musste.