Der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Peter Boudgoust. Foto: dpa

In einem Brief an die Rundfunkräte des Südwestrundfunks (SWR) hat SWR-Intendant Peter Boudgoust am Dienstag Spekulationen über außerordentlich hohe Mehreinnahmen der öffentlich-rechtlichen Sender zurückgewiesen. Soll es eine Orchesterfusion ohne Grund geben?

In einem Brief an die Rundfunkräte des Südwestrundfunks (SWR) hat SWR-Intendant Peter Boudgoust am Dienstag Spekulationen über außerordentlich hohe Mehreinnahmen der öffentlich-rechtlichen Sender zurückgewiesen. Soll es eine Orchesterfusion ohne Grund geben?

Stuttgart - Wenn weniger Geld da ist als erwartet, dann ist das ein Problem. Dass es auch problematisch sein kann, wenn mehr Geld da sein könnte als gedacht, macht ein Brief deutlich, den der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Peter Boudgoust, am Dienstag an die Mitglieder des SWR-Rundfunkrates verschickt hat und der unserer Redaktion vorliegt. Darin reagiert Boudgoust auf ein Mehreinnahmen von 500 Millionen Euro, die das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ den öffentlich-rechtlichen Sendern für die laufende Gebührenperiode errechnet hatte. Diese Zahlen, schreibt Boudgoust, seien „reine Spekulation“.

Was ist passiert? Seit Januar dieses Jahres ist die neue Haushaltsabgabe an die Stelle des alten Rundfunkbeitrags getreten. Das heißt, es wird nicht mehr nach Geräten abgerechnet, auf denen Rundfunk empfangen werden kann, sondern jeder Haushalt muss unabhängig von der Anzahl der Geräte zahlen. Im Vorfeld wurde angenommen, dass sich diese Umstrukturierung negativ auf die der Einnahmen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auswirken würde.

Deshalb nannte SWR-Intendant Boudgoust nannte deshalb als Sparziel eine Summe von mindestens 166 Millionen Euro, die bis 2020 aus den Etats zu streichen sei. Die entsprechende Kürzung um 15 Prozent bzw. (beim besonders teuren Fernsehen und beim Kultursender SWR 2) um 25 Prozent wurde vom Kontrollgremium des Senders, dem SWR-Rundfunkrat, abgesegnet.

Orchesterfusion ohne Grund?

Im Etat von SWR 2 sind auch die Ausgaben für die Klangkörper des SWR enthalten. Vor die Frage gestellt, ob eine Reduzierung der Orchesteretats in Baden-Baden/Freiburg und in Stuttgart beide Klangkörper nachhaltig beschädigen würde, wählte Boudgoust die Fusion, die ab 2016 umgesetzt werden soll. Zwei Orchester, die sonst laut Boudgoust „finanziell ausgeblutet“ wären, sollen dann in Stuttgart zu einem konkurrenzfähigen Groß-Klangkörper werden. Die Notwendigkeit einer Fusion hat der Intendant ausschließlich mit Sparzwängen begründet, die der prognostizierte Gebührenrückgang nach Einführung der Haushaltsabgabe mit sich bringen würde.

„Der Spiegel“ gründet seine Berechnung von einer halben Milliarde Euro Mehreinnahmen auf „ersten Beobachtungen aus den ersten drei Quartalen 2013“; in den Vorhersagen zuvor sei „nur das erste Halbjahr berücksichtigt“ gewesen. Am Dienstag beschwichtigte die „Süddeutsche Zeitung“: : „Was die Gebührenreform bringt, ist offen, denn diese Gebührenreform ist noch voll im Gang.“ Gleichzeitig aber stellte sie fest: „Die Prognosen deuten auf mehr Geld.“

Peter Boudgoust schließt sich in seinem Brief an die Rundfunkräte einer Schätzung der öffentlich-rechtlichen Sender an, die Anfang Oktober insgesamt 60 Millionen Mehreinnahmen für 2013 gegenüber dem Vorjahr errechneten. „Bis 2016“, so Boudgoust, „wird nach dieser Prognose dann mit Mehrerträgen von jeweils rund 20 Millionen Euro pro Jahr für die weiteren Jahre 2014, 2015 und 2016 gerechnet. Das entspricht unterm Strich einem Plus von knapp 0.3 Prozent im Jahr.“ Allerdings könne man erst Anfang 2014 Genaueres sagen, und deshalb wäre es „absolut voreilig, jetzt einen Kuchen verteilen zu wollen, von dem noch niemand genau weiß, ob es ihn überhaupt gibt und wie groß die Stücke denn dann eigentlich sein werden“. Außerdem gelte weiterhin, dass „jegliche Mehrerträge“ von der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten) „auf den festgestellten Finanzbedarf angerechnet werden und den Rundfunkanstalten insofern nicht zur Verfügung stehen“. Allerdings kann, wo kein Orchester (mehr) ist, auch kein Geldbedarf mehr ausgemacht werden. Noch sind beide Klangkörper da. Aber für ihre Fusion gibt es womöglich bald schon keine finanzielle Begründung mehr.