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Das Bundeskabinett hat das größte Konjunkturpaket seit Bestehen der Bundesrepublik beschlossen. Darin sind für dieses und das kommende Jahr rund 50 Milliarden Euro an Hilfen gegen die Wirtschaftskrise vorgesehen.

Berlin - Das Bundeskabinett hat am Dienstag das größte Konjunkturpaket seit Bestehen der Bundesrepublik beschlossen. Darin sind für dieses und das kommende Jahr rund 50 Milliarden Euro an Hilfen gegen die Wirtschaftskrise vorgesehen. Kernstück sind Investitionen in Bildung, Straßen und Schienen. Zugleich werden Bürger und Unternehmen bei Steuern und Abgaben entlastet. Offen ist, ob die Länder über den Bundesrat noch Änderungen durchsetzen.

Teil des Pakets ist auch die Abwrackprämie, mit der nach Verschrottung von Alt-Autos der Kauf neuer Pkw angekurbelt werden soll. Entgegen den Wünschen der SPD wird in das Paket keine Regelung für einen Mindestlohn in der Zeitarbeit aufgenommen. Die Verhandlungen dazu sind noch nicht abgeschlossen. Vor den Beratungen von Fraktionen und Parlament gibt es weiter Kritik am Paket. Umstritten ist vor allem der Kompromiss zur Kfz-Steuer.

Kommunen sollen nun etwas weniger Geld für die zusätzlichen Investitionen aus dem zweiten Konjunkturpaket erhalten. Statt - wie ursprünglich vom Bund vorgeschlagen - mindestens 75 Prozent sollen sie 70 Prozent der 10 Milliarden Euro bekommen. Das sieht eine Verständigung zwischen Bund und Länder vor. Einige Länder wollten den Kommunen weniger Geld zubilligen und es in eigener Verantwortung zum Beispiel für Hochschulen verwenden.

Wegen der Konjunkturhilfen und der Wirtschaftskrise muss Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) deutlich mehr neue Schulden machen. Der ebenfalls vom Kabinett verabschiedete Nachtragsetat für 2009 sieht eine Neuverschuldung von 36,8 Milliarden Euro vor. Das liegt deutlich über der Investitionssumme. Erlaubt ist das laut Grundgesetz nur zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Zusammen mit dem neuen Sonderfonds zur Finanzierung des zweiten Konjunkturpakets steuert der Bund in diesem Jahr auf eine Rekord-Neuverschuldung von bis zu 50 Milliarden Euro zu.

Zuvor hatten sich Union und SPD auf einen Kompromiss bei der Reform der Kfz-Steuer verständigt. Die Abgabe soll für Neuwagen zum 1. Juli 2009 auf eine klimafreundliche Steuer umgestellt werden. Grundsätzlich sollen neue Autos künftig nicht mehr nur nach Hubraum, sondern vor allem auch nach dem Ausstoß des schädlichen Kohlendioxids (CO2) besteuert werden. Nach einem Freibetrag für alle neuen Autos mit einem CO2-Ausstoß bis 120 Gramm sollen für höhere Emissionen je Gramm zwei Euro Steuer gezahlt werden. Die Hubraum-Besteuerung sieht einen Sockelbetrag von 2 Euro je angefangene 100 Kubikzentimeter für Benzin-Fahrzeuge und von 9,50 Euro bei Diesel-Fahrzeugen vor.

Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte im Bayerischen Rundfunk: "Die jetzt beschlossene Regel wird das Kaufverhalten der Autokäufer nicht beeinflussen." Nach Aussage von Grünen-Fraktionschefin Renate Künast führt eine Berechnung der Steuer nach CO2-Ausstoß und Hubraum dazu, dass "Spritfresser" begünstigt würden. "Das hat keine ökologische Steuerungswirkung", sagte sie im ZDF.

Beim zusätzlichen Investitionsprogramm von 10 Milliarden Euro haben die Länder zwei Vorgaben: Neben der Verpflichtung, 70 Prozent an die Kommunen weiterzuleiten, müssen sie auch darauf achten, dass 65 Prozent der Bundesmittel insgesamt in die Bildung fließen - also in die Renovierung von Kindergärten, Schulen und Hochschulen. Dabei können auch private Träger wie Kirchen auf Zuwendungen hoffen.

Der neue Tilgungsfonds, in den ein Teil der Ausgaben des Bundes für das zweite Konjunkturpaket ausgegliedert werden, gehört nicht zum Nachtragsetat. Aus diesem Sondervermögen sollen 2009 und 2010 Maßnahmen bis zu einem Betrag von 16,9 Milliarden Euro auf den Weg gebracht werden. Er wird ebenfalls über neue Schulden finanziert und umfasst einschließlich Zinslasten bis zu 21 Milliarden Euro. Der Fonds soll schnell getilgt werden mit Teilen des Bundesbank-Gewinns.