Vor 50 Jahren wurde das „Glöckle“ (der Glockenturm) vom Gemeindehaus ersetzt. Foto: Theodor Schechinger

Vor 50 Jahren entschied sich die Sulzer Kirchengemeinde im Wildberger Stadtteil dazu, ein neues Versammlungsgebäude zu bauen. Dieses ersetzte den alten Glockenturm – das „Glöckle“. Bis heute findet das reichhaltige Kirchen- und CVJM-Leben im Gemeindehaus ein Zuhause.

Die Treppe hinauf zum evangelischen Gemeindehaus in der Hohnerstraße ist bei den Sulzern bis heute als „Glockenstapfel“ bekannt. Das kommt vor allem vom Vorgängerbau des Hauses, das vor 50 Jahren errichtet wurde. Dieser war das sogenannte „Glöckle“: Ein kleiner Turm, der seit 1876 im langgezogenen Dorf das kirchliche Läuten von der Kirche in Untersulz auch in Obersulz hörbar machte.

Schon kurz nach einer umfangreichen Renovierung der Michaelskirche Anfang der 1960er-Jahre reifte bei Helmut Lächler, Ortspfarrer von 1951 bis 1980, die Idee, im neu erschlossenen Baugebiet ein kirchliches Versammlungsgebäude zu platzieren. Dort also, wo später viele Familien wohnen würden. Das damalige Pfarrhaus war platzmäßig bis zum Äußersten ausgereizt und weitere Räumlichkeiten für kirchliche Belange waren dringend erforderlich.

Pfarrer Lächler war für viele ein Visionär. Dass er große Pläne mit Nachdruck umzusetzen wusste, hatte er mit der Kirchenrenovierung bereits bewiesen. Und doch sollte es noch ungefähr zehn Jahre dauern, bis das Gemeindehaus dann schließlich gebaut werden konnte. Erst Ende April 1973 wurde die Einweihung gefeiert. Doch bereits vor der Fertigstellung des Gebäudes – im Juli 1972 – wurde das „Glöckle“ abgerissen. Denn dessen Funktion sollte fortan der Turm des Gemeindehauses übernehmen, der zwei Glocken enthält.

Heute ist vom „Glöckle“ keine Spur mehr zu sehen. Der Turm des Gemeindehauses übernahm dessen Funktion. Foto: Timo Roller

Kirchengemeinderat Helmut Röhm wünschte damals in seinem Gebet nach dem letzten Geläut des „Glöckles“, dass auch vom Gemeindehaus aus „Menschen die eherne Stimme hören, die von dieser Stelle aus fast hundert Jahre lang zu Gott gerufen haben“. Zuvor hatte viele Jahre lang Adele Häfner, Obersulzer Mesnerin, bei Wind und Wetter die Burghalde erklommen und die Glocken von Hand geläutet.

Fotos aus der Bauzeit sind rar

Fotos aus der Bauzeit des Gemeindehauses sind rar. Ein engagierter Fotograf war damals Theodor Schechinger (1906–1986), nach dessen Frau bis heute noch der frühere Kaufladen an der Gemeindehallen-Kreuzung benannt ist: „es Bärbele“. Direkt oberhalb dieses Ladengeschäfts war die Baustelle des evangelischen Gemeindehauses. Und so war er es, der eindrücklich dokumentierte, wie sich das Ortsbild in jenen Jahren veränderte. Vor wenigen Jahren wurde Schechingers wertvoller Bildbestand mit vielen Dias aus den 1960er- und frühen 1970er-Jahren von seiner Tochter Christina Röhm und Hans Röhm aus Sulz bei einem Besuch in Berlin digitalisiert.

Kinderstunde, Jungscharen, später das Bistro, Bibelabende, Seniorennachmittage und Gottesdienste – in den vergangenen fünf Jahrzehnten spielte sich im Gemeindehaus ein bedeutender Teil des reichhaltigen Kirchen- und CVJM-Lebens ab. Das benachbarte Pfarrhaus wurde 1983 gebaut und das alte Gebäude gegenüber der Kirche verkauft. Eine größere Renovierung des Gemeindehauses gab es dann erneut 2009.

Im Gemeindehaus in Sulz veranstalten Kirchengemeinde und Sportverein an diesem Sonntag die Kirbe. Foto: Timo Roller

Am Sonntag steht ein Fest an

Kirbe
Nun wird zum 50. Geburtstag des Gemeindehauses zugleich Kirbe gefeiert, ein traditionsreiches Fest am dritten Sonntag im Oktober. Ursprünglich hatte sie der Liederkranz in der Gemeindehalle veranstaltet. Die Kirchengemeinde und der Sportverein übernahmen allerdings 2015, bevor Corona und danach die Renovierung der Halle für eine dreijährige Zwangspause sorgten. Da die Gemeindehalle immer noch nicht wieder zur Verfügung steht, machen die Organisatoren nun aus der Not eine Tugend: Am kommenden Sonntag wird die Kirbe mit Gottesdienst im Gemeindehaus gefeiert und zugleich dessen Jubiläum! Um 10 Uhr beginnt der Gottesdienst mit Pfarrer Hartmut Heugel und dem Posaunenchor sowie einem Bildervortrag von Hans Röhm, der unter anderem weitere Fotos von Theodor Schechinger zeigen wird. Danach gibt es ein reichhaltiges Essen. Später sind die Gäste zu Kaffee und Kuchen eingeladen, für Musik sorgt Thomas Dehmel mit seinem Akkordeon.