Für terrassierte Steillagen braucht es etwa 2000 Arbeitsstunden pro Hektar – beim Verkaufspreis der Flasche spiegelt sich der Aufwand aber bisher nicht wieder. Foto: Peter Petsch

Weinfreunde in Württemberg müssen sich auf deutlich höhere Preise für die heimischen Tropfen einstellen. Im Ge- spräch ist ein Aufschlag von 50 Cent pro Flasche – weil sich die mühevolle Arbeit für die Wengerter nicht mehr lohnt.

Weinfreunde in Württemberg müssen sich auf deutlich höhere Preise für die heimischen Tropfen einstellen. Im Ge- spräch ist ein Aufschlag von 50 Cent pro Flasche – weil sich die mühevolle Arbeit für die Wengerter nicht mehr lohnt.

Stuttgart - Höhere Kosten für Sprit und Spritzmittel machen den Wengertern in Württemberg zunehmend zu schaffen, um arbeitsintensive Steillagen kümmert sich über kurz oder lang kein betriebswirtschaftlich denkender Erzeuger mehr. Mit dieser sorgenvollen Botschaft ist der Weinbau-verband Württemberg am Freitag bei seiner Pressekonferenz zum Jahresauftakt an die Öffentlichkeit getreten. Ohne einen deutlichen Aufschlag bei den Verkaufspreisen, hieß es bei dem Gespräch im Proberaum der Weingärtnergenossenschaft in Lauffen am Neckar, werde der Weinbau mehr und mehr zu einem Verlustgeschäft.

„Wir brauchen dringend einen höheren Preis, um stetig steigende Kosten abzudecken“, machte Weinbaupräsident Hermann Hohl unmissverständlich klar. Wenn der Verbraucher in absehbarer Zeit nicht bereit sei, für ein heimisches Produkt auch mehr Geld zu bezahlen, stünden viele Betriebe vor dem Aus. Um mit dem Weinbau mehr als nur über die Runden zu kommen, sei für die Erzeuger ein Aufschlag von bis zu 50 Cent pro Flasche nötig. „Wenn es für die Arbeit in Keller und Weinberg keine auskömmlichen Erlöse gibt, werden die vielen hochmotivierten jungen Winzer, die wir in Württemberg haben, in dieser Branche keine Zukunft sehen“, sagte der Wengerterchef.

Aus Sicht von Hermann Hohl hat der Weinbau bereits bei der Währungsreform den Fehler gemacht, die einstigen D-Mark-Preise exakt in Euro umzurechnen. Statt sich wie viele andere Branchen mit der Umstellung ein kleines Polster zu schaffen, hätten die Wengerter ihre Verkaufspreise tatsächlich halbiert. Durch den Preisdruck im Lebensmittelhandel und die zunehmende Konkurrenz durch importierten Wein sei es trotz der leichten Anhebungen in den vergangenen Jahren nicht gelungen, diesen Nachholbedarf auszugleichen. „Wir müssen schaffen, was der Landwirtschaft bei der Milch und teilweise auch beim Fleisch gelungen ist: Bei diesen Produkten geben Verbraucher für heimische Qualität auch gern Geld aus“, erklärte der Weinbaupräsident.

Erschwert wird die Situation der Er-zeuger durch die mageren Ernten der vergangenen Jahre. Bei der Lese im Herbst 2013 wurde mit gerade mal 97,5 Millionen Liter erneut nur ein mengenmäßig unterdurchschnittlicher Jahrgang in die Keller geholt. Die vierte schwache Ernte in Folge drohe die Weinbaubetriebe ins Wanken zu bringen, die Fusionswelle der vergangenen Jahre sei auch ein Ergebnis nur halb gefüllter Tanks.

Scharf kritisiert wurde vom Weinbau-verband die fehlende Hilfe der Politik für den Steillagen-Weinbau. Die mühevolle Bewirtschaftung der terrassierten Rebflächen stehe kurz vor dem Aus, für den aus Willsbach bei Heilbronn stammenden Hohl ist die Entwicklung dramatisch. „Wir haben es satt, uns ständig mit Sonntagsreden und der Hinhaltetaktik von Politikern abspeisen zu lassen, die zum Fototermin in den Steillagen gern erscheinen, aber dann nicht mehr als Lippenbekenntnisse bieten“, ging Hohl nicht zuletzt den Stuttgarter Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) an. Noch immer gebe es nicht die seit Jahren geforderten Bewirtschaftungs-Beihilfen für den Erhalt charakteristischer Steillagen, ein Bewusstsein für die Bedeutung der etwa fürs Neckartal so typischen Kulturlandschaft für den Tourismus und die Gastronomie existiere trotz aller Gespräche nicht.

„Wir haben mit den Steillagen so etwas wie die Chinesische Mauer in Württemberg – und nutzen ihre Attraktivität nicht “ ergänzte Werner Bader, Geschäftsführer des Weinbauverbands. Weil für die Bewirtschaftung einer Steillage kaum Maschinen eingesetzt werden können, müssen Wengerter mit einem Arbeitsaufwand von annähernd 2000 Stunden pro Hektar rechnen – mindestens vier mal so viel wie für einen flachen Rebhang. „Über den Weinverkauf lässt sich das nicht mehr finanzieren. Die Wengerter werden mit den Füßen abstimmen. Wir sind sehr enttäuscht von der Politik “, erklärte Ulrich Maile, Vorstandschef in Lauffen. Die örtliche Genossenschaft hat mit 110 Hektar Steillagen in Lauffen und Mundelsheim unter der Situation besonders zu leiden.