Blick in eines der neuen Doppelzimmer. Foto: Fritsch

Der Countdown läuft: Am 16. Oktober soll das neue Bettenhaus der Nagolder Klinik eingeweiht werden. Unsere Redaktion durfte sich schon mal vor Ort umschauen.

Nagold - Noch ist der Eingangsbereich nicht fertig. Vor der Tür liegt eine abgenutzte Spanplatte, die den Bauarbeitern als Rampe dient. Ein intensiver Geruch nach Lösungsmittel hängt im Erdgeschoss in der Luft, denn gerade wird der Fußboden verklebt. Wie auf Stelzen rutschen Maler mit ihren Klappleitern von einer Seite des Raumes auf die andere. Konzentriert streichen sie noch letzte Stellen an der Decke.

Im Treppenhaus liegt noch eine dicke Staubschicht auf den Stufen. "Es ist noch eine Baustelle", erklärt Tiziana Schuster, Leiterin der Unternehmenskommunikation beim Klinikverbund Südwest. Gemeinsam mit Marcus Göckel, Leiter des technischen Gebäudemanagements beim Klinikverbund, Michael Hartmann, dem Leiter des Gebäudemanagements und dessen Pendant vom Landkreis, Volker Renz, führt Schuster durch den Neubau.

Im vierten Stock angekommen, bietet sich plötzlich ein anderes Bild. Einzelne Handwerker prüfen zwar noch die Technik und auch noch nicht alle Zimmer sind eingeräumt, ansonsten wirkt die Station aber bezugsbereit. Sogar der Boden ist frisch gewischt. Im Aufenthaltsraum glänzen noch die feuchte Spuren eines Wischmopps.

Doch für den Boden interessiert sich bald keiner mehr. Alle blicken in Richtung Fenster. Denn der Ausblick ist spektakulär. Wie eine Modelllandschaft erstreckt sich Nagold vor der riesigen Fensterfront. "Wir haben einen Ausblick statt Bilder an der Wand", prahlt Renz. So manches Hotel dürfte da neidisch werden.

Gleiches gilt auch für das direkt daneben gelegene Einzelzimmer. Warme Farbtöne vermitteln eine wohnliche Atmosphäre. Und ein Blick ins schwarz gekachelte Bad lässt eher an eine Luxuswohnung denn an ein Krankenhauszimmer denken.

Doch der Pomp ist nicht für jedermann. Denn die ganze Station ist exklusiv für Privatpatienten. Gesetzlich versicherte müssen sich mit der Station einen Stock tiefer begnügen. Einbettzimmer gibt es dort nur für Infektionspatienten. Alle anderen müssen sich ihr Zimmer mit einem Zimmergenossen teilen. Für Privatsphäre sollen geöffnete Schranktüren sorgen, die den Blick aufs Nachbarbett größtenteils versperren.

Auch die Ausstattung ist im dritten Stock etwas einfacher, wenn auch noch immer in moderner Schlichtheit gehalten. "Es sieht nicht wie im Hotel aus, es ist aber eine hochwertige Ausstattung", meint Renz.

Es muss immer ein bisschen mehr sein

Es sei nun mal so, dass die Krankenkassen verlangen, dass die Zimmer für Privatpatienten eine bessere Ausstattung haben, als die für gesetzlich Versicherte. "Wenn man schon auf einem hohen Standard einsteigt, muss man noch mehr machen."

Allerdings treibt diese Logik teilweise auch eigenartige Blüten. So verfügen alle Krankenbetten über Tablet-Computer, die an beweglichen Armen befestigt sind. Mit ihnen können die Patienten zum Beispiel telefonieren oder Filme schauen. Die Tablets gibt es auf allen Stationen. Doch in den Privatzimmern gibt es noch zusätzlich einen riesigen Flachbildfernseher an der Wand. "Falls die Familie zu Besuch kommt", so Renz. Man müsse eben auch hier etwas mehr bieten.

Doch von solchem Schnickschnack abgesehen, kommt die moderne Technik des Neubaus allen Patienten zugute. Manche Innovationen sind dabei offensichtlich. Zum Beispiel die Computerwagen für die Visite, die das Klemmbrett von einst ablösen. Oder die rollbaren Schränke, in die die Patienten vor der OP ihre Kleidung hängen können. Anschließend werden die Schränke dann ins Krankenzimmer geschoben. "Das entlastet das Pflegepersonal ungemein", so Renz.

Doch der Großteil der modernen Gebäudetechnik ist für das Auge des Patienten unsichtbar. "Die Station ist schon groß, aber wir haben die gleiche Fläche noch mal, allerdings versteckt", so Hartmann.

Was er damit meint, wird deutlich bei der Besichtigung des Kellers: Unzählige Rohre streben dort vom Boden in Richtung Decke. In manchen fließt Leitungswasser, andere versorgen die Heizungen und wieder andere dienen der Kühlung des Gebäudes.

Denn in jedem Patientenzimmer verbirgt sich hinter dem Putz eine Kühldecke. Damit können die Räume gegenüber der Außentemperatur um drei bis vier Grad heruntergekühlt werden. Denn eine Klimaanlage gibt es nicht. Für die Gesundheit der Patienten sei das von Vorteile, erklärt Hartmann. Denn dank der Kühldecken entstehe kein kalter Luftzug. "Da erkältet man sich nicht."

350 Kilometer Kabel wurden verlegt

Eine konventionelle Klimaanlage hätte auch zu viel Platz verbraucht, begründet Renz die Entscheidung für die Kühldecken. "Das ist eine Frage des Bauvolumens." Denn um mit Luft zu kühlen, müsste man im Vergleich zur normalen Belüftung die zehnfache Luftmenge bewegen.

Dabei ist das Ausmaß der Belüftungsanlage schon gigantisch. Der Schacht, der von den Lüftungstürmen wegführt, ist fast mannshoch. Wie eine Schranktür öffnet Göckel eine Klappe an der Seite der gigantischen Rohrleitung. Im Inneren ist auf der einen Seite eine Reihe von Schalldämpfer zu erkennen. "Wären die Schalldämpfer nicht, würde man die Lüftung im ganzen Haus hören", erläutert Göckel.

Auf der anderen Seite strömt die Luft durch zahlreiche Luftfilter. Dadurch werden zum Beispiel natürlich vorkommende Schimmelsporen aus der Luft entfernt. Normalerweise seien diese für den Menschen ungefährlich, sagt Göckel. "Die können sich aber bei einem Chemo-Patienten in der Lunge absetzen. Und das kann dann zu einem ernsten Problem werden."

Beeindruckend sind auch die schieren Zahlen der Gebäudetechnik. Insgesamt 350 Kilometer Kabel wurden im Neubau verlegt. 1500 Datenpunkte sammeln Informationen, die der Gebäudesteuerung dienen. Und 1100 LED-Leuchten bringen Licht ins Dunkle, auch bei einem Stromausfall – dank der Notstromversorgung.

Doch so beeindruckend all das ist: Für Klinikverhältnisse ist das Bettenhaus eher noch unkompliziert, wie auch Göckel betont. Denn nebenan entsteht schon die neue Intensivstation mit noch wesentlich komplexerer Technik.

Doch bevor diese fertig wird, steht zunächst die offizielle Einweihung des Bettenhauses am Samstag, 16. Oktober, an. Am 20. Oktober werden dann die Patienten in das neue Bettenhaus verlegt, damit dann die Krankenzimmer im Altbestand saniert werden können.