Josef Ringwald, Burgvogt der Geroldseck, hat eine fast 300 Jahre alte Karte mit Darstellung der damaligen Franziskanermönche in Süddeutschland gefunden – darauf ist auch das Gebäude verzeichnet, das heute das Seelbacher Rathaus ist. Ringwald stiftete jetzt der Gemeinde eine Reproduktion.
Josef Ringwald, Vorsitzender des Historischen Vereins Biberach, ist bei seinen Forschungen im Jahr 2021 auf die Existenz einer Provinzkarte mit Darstellung der Franziskanerklöster in Tirol und Süddeutschland aufmerksam geworden. Dank der Vermittlung des Offenburger Mittelalterforschers Wolfgang Achnitz wurde die Provinzkarte zur Reproduktion verfügbar. Auf ihr ist auch das Kloster Seelbach eingezeichnet. Josef Ringwald, als Burgvogt auf der Geroldseck ideell mit Seelbach verbunden, ließ die Karte im Format 100 mal 70 Zentimeter reproduzieren und überreichte sie Bürgermeister Thomas Schäfer.
Hintergrund: 1730 erklärte sich Graf Karl Kasper von der Leyen, Gebietsherr der Hohengeroldseck, einverstanden, dass in Seelbach eine Niederlassung der Franziskaner errichtet wird. Die darin einziehenden Patres sollten die bisherige Pfarrei, eine Seelsorgeeinheit mit mehreren Orten, unterstützen. Zur Pfarrei gehörten damals neben Seelbach die Orte Prinzbach, Schuttertal und Reichenbach.
Kaiser Karl VI. erlaubte 1731 die Niederlassung der Franziskaner in Seelbach
Ursprünglich hatten die genannten Orte einen eigenen katholischen Pfarrer. Nach den konfessionellen Auseinandersetzungen der Reformationszeit hatten sie sich mit einem einzigen Pfarrer begnügen müssen. Die Geroldsecker hatten die Reformation in ihrem Hoheitsgebiet ab 1548 eingeführt. Zunächst mit Erfolg.
1595 starb der letzte katholische Pfarrer in Reichenbach. Die Aufnahme der Franziskaner diente offensichtlich der Rekatholisierung. Um dabei erfolgreich zu sein, wurde die Provinzzentrale Hall im fernen Tirol angefragt, die bereits im nahegelegenen Kenzingen einen Vorposten hatte. Patres von Kenzingen hatten gelegentlich schon im Schuttertal gottesdienstlich ausgeholfen. Da lag die Errichtung einer eigenen Station nahe.
Die Pfarreien im Dekanat Lahr gehörten damals zur Diözese Straßburg. Deshalb musste auch die Zustimmung des Straßburger Bischofs Armand I. Gaston eingeholt werden. Im Herbst 1731 traf diese ein. Schließlich bestätigte auch Kaiser Karl VI. als Lehnsherr der Herrschaft Hohengeroldseck die neue Niederlassung der Franziskaner in Seelbach.
Das Kloster, gebaut nach Plänen eines Franziskanerbruders, trat an die Stelle des bisherigen Pfarrhauses. Es lag an der Straße von Schweighausen nach Lahr. Der bisherige Pfarrer in Seelbach, Sigbert Dornblueth, bekam in Schuttertal ein neues Pfarrhaus, blieb aber als Pfarrer auch für Seelbach und die anderen Orte zuständig. Die Franziskaner blieben kirchenrechtlich gesehen Seelsorgshelfer des Pfarrers für Gottesdienst, Predigt und Christenlehre für die Jugend. In der Klosterkapelle sollte nur an Ordensfesten gepredigt werden dürfen. 1735 zogen vier Patres und zwei Laienbrüder in das neue Kloster ein. Die letzteren beiden kamen aus dem Kloster Kenzingen.
Das Kloster führte auch die Bezeichnung Hospiz, die auf die Versorgung von Kranken anspielte. Ausdrücklich genehmigt war ihnen die Krankenversorgung in Wittelbach, das rechtlich zum Kloster Ettenheimmünster gehörte. Das den Armutsorden allgemein genehmigte Betteln wurde den Franziskanern von Seelbach auf die pfarrlich zugehörigen Orte beschränkt.
Wandel in der Einstellung zu Klöstern
Dass die Neugründung in Seelbach die letzte der Franziskanerprovinz Tirol war, deutet einen Wandel in der öffentlichen Einstellung zu den Klöstern an. Auch hatten zur Errichtung des Seelbacher Klosters keine Bürger mehr zu Frondiensten herangezogen werden dürfen.
Im Zuge der Säkularisation ab 1803 wurden vielerorts die Klöster aufgehoben. 1813 folgte auch Fürst Philipp von der Leyen diesem Beispiel und nahm in Seelbach Kloster und Garten in seinen Besitz. Die Patres verließen das Kloster. Zwei von ihnen übernahmen Stellen in elsässischen Pfarreien, ein dritter wurde Beichtvater in einem bayerischen Frauenkloster.
Rathauschef Thomas Schäfer zeigte sich sehr beeindruckt über die Darstellung der Klöster, wobei Seelbach im oberen linken Teil zu finden ist. Gerade durch die umfassende Sanierung des Rathauses in den Jahren 2019 bis 2020 für rund sechs Millionen Euro konnte dem Kloster mit der Michaelskirche ein Stück der ursprünglichen Erscheinungsform mit Kreuzgängen und Klosterhof zurückgegeben werden. „Sicherlich werden wir einen guten Platz für dieses historische Dokument finden“, so der Bürgermeister, der Ringwald für die Spende dankte.
Einst Baumwollfabrik
1815 zog die Textilmanufaktur eines Stuttgarter Unternehmers in das ehemalige Kloster-Gebäude. 1823 beschäftigte die Baumwollfabrik 130 Erwachsene und 114 Kinder unter 14 Jahren. 1834 musste die Fabrik, die zwischenzeitlich den Eigentümer gewechselt hatte, wegen finanzieller Probleme schließen. Die Gemeinde Seelbach erwarb das Anwesen. Die Baulichkeiten wurden teilweise als Pfarrhaus, Armenhaus, als Arrestzelle, als Schulhaus und als Rathaus genutzt.