Symbolisch unterzeichneten die Bürgermeister Roberto Chiari und Daniel Lenoir die Urkunde der Städtepartnerschaft erneut. Foto: Biermayer

In Zeiten, in denen es wieder Krieg in Europa gibt, lohnt es sich zu zeigen, dass es auch anders geht. Dazu gehören Städtepartnerschaften – insbesondere zwischen den einstigen "Erbfeinden" Deutschland und Frankreich. Die Gemeinden Villaines-la-Juhel und Bad Liebenzell sind seit 30 Jahren verbunden.

Bad Liebenzell - "Bienvenue" – so begrüßte Bürgermeister Roberto Chiari die 200 Gäste, unter ihnen eine knapp 50-köpfige Delegation aus Villaines-la-Juhel, beim Festakt am Samstagabend im Spiegelsaal. Die französischen Gäste waren bereits am Donnerstag angereist und bekamen mit einer Führung durch den Sophi Park, Grillen am Thermenhotel oder eine Wanderung zum Aussichtsturm nach Schömberg ein pralles Rahmenprogramm geboten.

Trotz Staatsgrenzen und Sprachbarrieren

Nach dem Singen beider Hymnen, begleitet durch den Musikverein Bad Liebenzell-Beinberg, wandten sich Chiari und sein Amtskollege Daniel Lenoir an die Gäste. Es sei schön, dass man sich nach zwei Jahren endlich wieder persönlich treffen könne, freute sich Chiari. Dass man sich trotz Staatsgrenzen und Sprachbarrieren gut verstehen kann, sei eine Erkenntnis, die Menschen eine Leben lang präge. Gerade im Angesicht des Krieges in der Ukraine sei die Völkerverständigung eine wichtige Aufgabe.

"Es lebe Europa"

Seit 30 Jahren geschehe dies in der Städtepartnerschaft im Kleinen. Chiari zog den Vergleich zu einer Ehe. Eine Beziehung über so lange Zeit sei kostbar. Man könne auf viele schöne gemeinsame Momente zurückblicken. Gemeinsam habe man viele Höhen und Tiefen erlebt. Großes Vertrauen sei gewachsen. "Es lebe die Freundschaft, es lebe Europa", brachte er es auf den Punkt.

Auch Bürgermeister Daniel Lenoir freute sich über das persönliche Wiedersehen. Er dankte den Gründern der Städtepartnerschaft und den vielen Menschen, die sich über die Jahre für sie eingesetzt haben. Der Krieg in der Ukraine zeige, wie wichtig ein starkes Europa sei. Beziehungen wie die nach Bad Liebenzell seien "europäischer Zement". Der Bürgermeister Joáo Duarte Carvalho aus Liebenzells portugiesischer Partnerstadt Lourinhá gratulierte per Videobotschaft ebenfalls zum Jubiläum.

Auch junge Generation soll sich engagieren

Der Vorsitzende der Städtepartnerschaftsvereinigung, Günther Wallburg, erinnerte an die vielen gegenseitigen Besuche von Vereinen, der Feuerwehr oder ganz normalen Bürgern. Es sei eine Erfolgsgeschichte. Allerdings müsse man im Auge behalten, wie diese weitergehe. Er mahnte einerseits an, dass sich auch die junge Generation in der Partnerschaft engagiere. Nur so bleibe man fit für die Zukunft. Andererseits sollten die beiden Städte noch enger zusammenarbeiten. Er nannte hier die Bereiche Wirtschaft, Klimaschutz oder Demokratiebildung. Auch Wallburgs französisches Pendant Nathalie Leroux wünschte sich eine weitere enge Zusammenarbeit.

Als Zeichen der zukünftigen Verbundenheit unterzeichneten Chiari und Lenoir symbolisch erneut die Urkunde der Städtepartnerschaft. Interessanterweise ist hier auf deutsch von der "deutsch-französischen Freundschaft", auf französisch hingegen von der "l’amitié franco-allemande" die Rede. Bei aller Freundschaft ist man sich sprachlich halt immer noch selbst am nächsten. Zum Abschluss sangen alle Gäste gemeinsam die Europahymne "Ode an die Freude".

Info: Meilenstein

 Der katholische Pfarrer Karl Müller knüpft 1979 erste Kontakte nach Villaines-la-Juhel zu seinem Freund, dem dortigen Schulrektor Tessard. Ein Gegenbesuch der Tanzgruppe "L’Esperance" folgt.

1982 besucht Bürgermeister Helmut Schiek erstmals offiziell den französischen Ort.

 In den Folgejahren besuchen Feuerwehr, Musikverein und Schüler Villaines-la-Juhel.

1984 kommt die erste offizielle französische Delegation nach Bad Liebenzell.

Gemeinsame Feiern zum 200-jährigen Jubiläum der französischen Revolution oder dem 900-jährigen Bestehen Bad Liebenzells werden veranstaltet.

 Am 29. August 1992 unterschreiben die Bürgermeister Volker Bäuerle und André Morin in Villaines-la-Juhel die Partnerschaftsurkunde.

1994 beginnt der offene Jugendaustausch, der bis heute besteht.

Viele gegenseitige Besuche, unter anderem zu den Neujahrsempfängen, folgen. Kultur- und Wanderwochen sowie die Künstlertreffen werden ins Leben gerufen.