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Das 28. Nagolder Wirtschaftsgespräch – es war noch nicht die komplett unbeschwerte Party der Nagolder Unternehmen und Betriebe. Aber immerhin: Knapp 100 Firmeninhaber, Top-Manager und die erste Garde des Nagolder Rathauses trafen sich im Showroom von "Rolf Benz" nach eineinhalb Jahren Pause.

Nagold - Nicht dabei in diesem Jahr, wie Oberbürgermeister Jürgen Großmann erläuterte: Die Nagolder Gemeinderäte – um die Runde coronabedingt nicht zu groß werden zu lassen. Dafür als Gäste "zugelassen" und ausdrücklich willkommen geheißen: Calws Landrat Helmut Riegger, der gleich eine ganze Wirtschafts-Delegation aus dem polnischen Partner-Landkreis Gliwice mitgebracht hatte – "ins wirtschaftliche Herz des Landkreises", wie Riegger die Stadt Nagold mit einer ordentlich Portion Ehrerbietung nannte.

Und dieses "Herz" pocht auch in Pandemie-Zeiten ungebrochen stark – wie OB Großmann zuvor in seinem rasanten Ritt durch die aktuelle Stammdaten der Stadt zeigen konnte. Die Bevölkerungsentwicklung – nach wie vor extrem positiv, 23 219 Einwohner waren es Ende letzten Jahres. Womit Nagold in nur einem Jahrzehnt "einen ganzen neuen Stadtteil" rechnerisch dazugewonnen haben – mit einem Plus von über 1500 Personen in diesem Zeitraum. Da stört es auch nicht wirklich, dass das statistische Landesamt in seinen Zahlen diesen Wert rechnerisch etwas nach unten korrigiert. Man arbeite daran, so der OB, auch die offiziellen Zahlenwächter davon zu überzeugen, dass die eigenen Zahlen die besseren seien.

Noch nie wurden so viele Baugrundstücke in der Stadt verkauft

Ausdruck dieses Bevölkerungswachstums: Noch nie wurden so viele Baugrundstücke in der Stadt verkauft wie im vergangenem Jahr – insgesamt 34 Stück, was vor allem dem Neubaugebiet Hasenbrunnen geschuldet gewesen sei. Weiterer Indikator dieser Entwicklung: Die enormen Geldumsätze bei Immobilien in Nagold. Zitat Großmann: "Das ist nicht normal!" Bei knapp 117 Millionen Euro lagen die Umsätze im vergangenem Jahr, und "ein Ende ist nicht abzusehen". Wobei der Schultes auch eingestand, dass die Wohnbauentwicklung, beziehungsweise das zur Verfügung stellen von Grundstücken dafür, "die strategische Schwäche" der Stadt sei. Was allerdings angesichts der aktuell auf den Weg gebrachten Neubaugebiete vor allem in den Ortsteilen von Nagold (unter anderem "Hochdorf Ost II") nur eine eher ›schwache Schwäche‹ zu sein scheint.

Zumal der OB mit Beispielen wie dem "Hespeler Areal" in der Kernstadt (zwischen Herrenberger und Leonhardstraße) auch neue Nachverdichtungsprojekte präsentieren konnte. Und die nicht nur im Wohnbau – sondern in derzeit ganz erheblichen Maße auch bei der Ansiedlung neuer Unternehmen. Beispiel INGpark: Neben dem Mobex-Neubau werden sich demnächst auch noch die Stadtwerke Tübingen, Elektro Brenner, die Schreinerei Renz & Martini und die Kanzlei Klöpfer / von Greve-Dierfeldt mit weiteren Neubauten ansiedeln.

Und dann zeigte das vom OB dazu präsentierte Chart auch im bereits erschlossenen, westlichen INGpark-Areal zwei weitere reservierte, beziehungsweise ›vorgemerkte‹ Flächen – eine davon größer noch als das DPD-Areal – auf denen sich unter anderem ein "großes, produzierendes Unternehmen der Region" neu ansiedeln könnte, so die Hoffnung von Großmann. Denn im Moment erlebe die Entwicklung der Arbeitsplätze in der Stadt eher "eine Seitwärtsbewegung", sie stagniert also bei einem Wert knapp unterhalb von 12 000. Doch mit den Neuansiedlungen, hinter denen vor allem Expansionen bestehender Unternehmen der Region stünden, soll hier wieder Fahrt in das Angebot von Arbeitsplätzen in der Stadt gebracht und der Trend zu immer weniger Arbeitsplätzen im produzierenden Gewerbe gestoppt werden.

Nahwärme-Netz – "Das wird noch ein echtes Mega-Thema"

Ähnliche gewerbliche "Nachverdichtungen" und Entwicklungen konnte der OB auch noch für die noch freien – und im städtischen Besitz befindlichen – Gewerbeflächen auf dem Wolfsberg und ein neues, 2,8 Hektar großes Gewerbegebiet in Hochdorf (Lettenäcker) aufzeigen. Womit sich das Aufkommen bei der Gewerbesteuer aus Sicht der Stadt auch künftig hoffentlich weiterhin so positiv entwickeln werde wie aktuell – wo im laufenden Jahr ein "Sprung nach oben" verzeichnet werden könne – so dass man bereits jetzt mit knapp 1,3 Millionen Euro über Plan liege in Bezug auf das Gesamtjahr. Und für das kommende Jahr zeigten "alle zur Verfügung stehenden Parameter", dass auch dies aus Sicht der Stadt und der hier ansässigen Betriebe ein "gutes Wirtschaftsjahr" werden würde.

Unter dem Aspekt "Klimaschutz" hatte der Oberbürgermeister dann auch noch ein komplett neues Stichwort für die städtische Agenda: Mit einer "Kommunalen Wärmeplanung" sollen die Potentiale ermittelt werden, die in einer Verknüpfung von gewerblicher Abwärme mit dem Wärmebedarf privater Haushalte (Stichwort Nahwärme-Netz) stecken könnten. Ziel sei es, einen klimaneutralen Gebäudebestand für die Stadt ausweisen zu können – wozu erst einmal der "zählerscharfe Wärmeverbrauch" ermittelt werden müsse. "Das wird noch ein echtes Mega-Thema" werden, so Großmann.

Ähnliches beim Thema Mobilität: Hier kündigte der OB ein neues Mobilitäts-Konzept für die Stadt über alle Verkehrsmittel und -wege hinweg an, speziell auch ausgerichtet auf Radfahrer in der Stadt. Das aber allein nur eine "Mischverkehrsituation" abbilden könne, da in den Tallagen der Stadt keine Trennung der Verkehrswege nach den unterschiedlich Fortbewegungsarten möglich sein werde: "Wir haben einfach keinen Raum für eine infrastrukturelle Trennung." Aber: Mindestens eine der wesentlichen Trassen in Nagold solle künftig zu einer priorisierten Fahrradstraße ausgebaut werden, wo das Fahrrad im Miteinander gegenüber dem Auto Vorrang erhalten würde.