2000 Kilometer absolvierte das Gymnasium zu Gunsten der Ukraine-Hilfe, das ist fast genau die Entfernung zwischen Haigerloch und Kiew. Foto: Zopf

Krieg mitten in Europa – wie geht man an einer Schule mit solch einer Situation um? Durch eigene Ängste, vorherrschendes Mitgefühl und stellenweises Unverständnis sind die Schüler- und Schülerinnen oft verunsichert. Am Gymnasium Haigerloch wurden Möglichkeiten geschaffen, um einer Aufarbeitung Raum zu geben – allen Ohnmachtsgefühlen zum Trotz.

Haigerloch - Ein großes Anliegen der Schülermitverantwortung (SMV) war es, Solidarität mit den Menschen im Kriegsgebiet nicht nur in Worten zu bezeugen, sondern auch Taten sprechen zu lassen. So organisierte sie kurzerhand in der vergangenen Woche auf die Schnelle einen Spendenlauf.

Die Schüler- und Schülerinnen sollten dabei im Klassenverband so viele Runden wie nur möglich auf einer abgesteckten 400-Meter-Strecke bewältigen. Vom vergangenen Montag bis Mittwoch konnte die Kursstufe 1 (KS1) und die Klassen 7, 8 und 9 den Lauf noch auf dem Sportplatz absolvieren. Nachdem der Winter zurückkehrte, rannten die Fünft-, Sechst- und Zehntklässler sowie die Kursstufe 2 (KS2) ab Donnerstag in der Halle weiter, um jede Menge Spendengelder zu erlangen. Sponsoren, die pro gelaufener Runde einen bestimmten Betrag spenden, hatten sich die Gymnasiasten vorher im privaten Umfeld gesucht.

Geld des SMV-Spendenlaufes geht an die Caritas

Einige Schüler- und Schülerinnen konnten sich beachtliche Distanzen auf ihren Laufzetteln notieren lassen: Die meisten Runden als Einzelstarter drehte Lenny Milde (Klasse 9b) mit 31 Runden. Die höchste Gesamtrundenzahl als Klasse erreichte die Klasse 6b mit 462 Runden.

Zirka 2000 Kilometer wurden insgesamt am Gymnasium für die Ukrainehilfe der Caritas zurückgelegt, dies entspricht einer Strecke von Haigerloch bis nach Kiew. Die Spendengelder werden bis nach Ostern eingesammelt und anschließend von der SMV an die Caritas übergeben.

Eine weitere Aktion initiierte Viviana König (Klasse 8a), die ihr Sozialpraktikum bei der evangelischen Kirchengemeinde in Haigerloch absolvierte. Sie half, dass in den Klassenstufen 7 und 9 auch am Gymnasium fleißig jede Menge Pakete mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln und Hilfsmittel zur medizinischen Versorgung gepackt wurden, um die vom evangelischen Pfarrer Oliver Saia gemeinsam mit dem Transportunternehmen Sauter organisierte Hilfsaktion zu unterstützen. Die Waren wurden dem Hilfeverein "Licht des Ostens" aus Korntal-Münchingen übergeben, der die Hilfsgüter in die Ukraine bringt, wo sie über ein Netzwerk im Land verteilt werden.

Im Kunstunterricht enstehen Plakate gegen den Krieg

Hilfe im Gedenken und Auseinandersetzung mit dem Kriegsgeschehen fand im Kunstunterricht der Kursstufe statt. Kunstlehrerin Judith Lenz hat Plakate, die die Haltung und das Unverständnis der Schüler- und Schülerinnen dem Krieg gegenüber zum Ausdruck bringen, gestalten lassen. Auch im Unterricht wurde mit ihnen über die Kriegshandlungen in Europa gesprochen (alle Klassenlehrer- und Klassenlehrerinnen machten Gesprächsangebote), denn im Netz findet sich eine Flut von Informationen und Bildern, die oft nicht eingeordnet werden können.

Die Klassen 9a und b beschäftigten sich außerdem mit der Geschichte des Konflikts. Referendar Thomas Schader hat Stationen erarbeitet, die unterschiedliche Aspekte des Krieges (zum Beispiel die aktuelle Entwicklung, dessen historische Wurzeln oder die Rolle der Nato und der EU) beleuchteten. Sie dienten dazu, sich nachher gut informiert in einem intensiven Gespräch mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Im evangelischen Religionsunterricht wurde in Klasse 7 und 9 die Informationsflut und Medienpropaganda kritisch besprochen. Die beiden Klassen sollten ein Bewusstsein für die Existenz von Fake News und für seriöse Quellen entwickeln. Die Gefahren durch solches Bildmaterial, die persönlichen Sorgen und das Ohnmachtsgefühl, das entstehen kann, sowie Möglichkeiten des persönlichen Umgangs damit, wurden ebenfalls thematisiert.

Karina und Valentina aus der Ukraine besuchen die Schule

Im Ethikunterricht der K2 und in Klasse 9 wurde das Thema Propaganda als Kriegswaffe näher betrachtet, um einen gesunden und aufgeklärten Umgang mit der Omnipräsenz des Ukrainekrieges im Internet und in Social Networks anzustreben. Des Weiteren besuchten zwei Mädchen aus der Ukraine das Gymnasium in Haigerloch: Karina (13) und Valentina (15). Obwohl beide Online-Unterricht haben, wollten sie eine deutsche Schule kennenlernen, bevor es in Bisingen, wo die beiden mit ihren Familien untergekommen sind, entsprechende VKL-Klassen gibt.

Sie konnten im Kunstunterricht mitmachen, wo schnell kleine Kunstwerke aus Ton entstanden. Auch im Deutschunterricht waren sie aktiv dabei. Den Text, den Valentina auf Russisch verfasst und vorgelesen hat, verstand zwar niemand in der Klasse, dennoch war es ein kleines Erlebnis. Auch wenn die Sprachbarriere ein Problem ist, kommt man mit etwas gutem Willen und Google Translation sehr weit. In diesem Sinne will die Schulgemeinschaft sich weiter engagieren für Frieden für die Ukraine.