Das „neue“ Geld frisch verpackt Foto: Tobilander – stock.adobe.com

Mit dem Euro zu bezahlen ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Das sah vor 20 Jahren anders aus. Da musste man sich erst an das neue Geld gewöhnen - auch unsere Redakteure.

Oberndorf - Vor 20 Jahren verschwanden Mark und Pfennig aus den Geldbeuteln. Doch vergessen ist die frühere Währung noch lange nicht. Mitglieder unserer Redaktion erinnern sich an die Umstellung auf Euro und Cent und humorvolle Begebenheiten zum Jahreswechsel 2001/2002.

Kein Umtauschen im Urlaub mehr nötig

Corinne Otto, Kreisredaktionsleiterin Rottweil: Wie bitte? 20 Jahre ist die Einführung des Euro mittlerweile schon her? 20 Jahre, seitdem jeder von uns staunend und etwas ungläubig die frisch gepressten Münzen und bügelglatten, bunten Scheine in Händen hielt und sich fragte: Gilt das jetzt wirklich? Das komische "Falschgeld"-Gefühl wich bei mir schnell der Freude über ganz neue Bequemlichkeiten. Urlaub bei der Verwandtschaft in Frankreich – et voilà! Kein Umtauschen, kein Umrechnen – einfach bezahlen und herzhaft ins buttrige Croissant beißen mit der endgültigen Gewissheit, dass in Paris auch in Euro alles viel zu teuer ist. Ein liebevoller, nostalgischer Blick zurück auf die gute, alte Mark bleibt natürlich. Um den Kindern die alte Währung einmal zeigen zu können, habe ich tief in alten Kisten gekramt und tatsächlich ein Fünf-Mark-Stück gefunden. Von 1977! Was soll ich sagen: Plötzlich fühlt es sich ein bisschen an wie Falschgeld.

Böses Erwachen an der Börse

Constantin Blaß, Chefredakteur: Hören Sie bloß auf mit der Einführung des Euro – daran möchte ich nicht erinnert werden. Für mich ein Desaster. Und schon ein bisschen peinlich. Es war die Zeit, als ich als Volontär die ersten Schritte auf dem Börsenparkett gewagt habe. Und es war die Zeit, in der eine viel zu hoch bewertete Fußball-Aktie unter fünf Euro gerutscht ist. Ich dachte, tiefer geht’s nimmer und habe zugeschlagen. Damals war der Aktienhandel übers Handy noch nicht so komfortabel, daher lief noch viel übers Telefon oder sogar über Aufträge per Papierformular. Ich habe damals eine 8, eine 0 und noch eine 0 eingetragen. 800. Mit 800 Mark, mühsam angespart, wollte ich ins Risiko gehen. Das böse Erwachen kam ein paar Tage später, als ich auf den Kontoauszug blickte: 800 Euro waren weg. 1600 Deutsche Mark. Einfach so. Für Fußball-Aktien. Wer konnte so doof sein? Die Antwort erspare ich Ihnen...

Wie makellos die Münzen doch blitzten

Cornelia Spitz, Kreisredaktionsleiterin Schwarzwald-Baar: Es klingelte so schön im Beutelchen mit dem Euro-Starter-Kit, das mein Schwager in spe von der Arbeit, der örtlichen Bank-Filiale, mitgebracht hatte. 10,23 Euro, also über 20 Mark, sorgten für Musik in meinen Ohren noch ehe die Euro-Münzen offiziell in die Geldbeutel einzogen. So gering der Betrag auch war, es war ein großes Gefühl, dieses Stück Zukunft in Form der neuen Währung so exklusiv in Händen halten zu dürfen. Und wie makellos die Münzen blitzten! Dass diese knapp 10 Euro von damals wenig später so viel weniger als 20 Mark wert sein sollten, war zwar zu erwarten, aber trotzdem irgendwie eine bittere Überraschung. Und dieser Beigeschmack blieb bis heute, etwa, wenn ich meinen verständnislos dreinblickenden Kindern vorrechne, dass sie den Schokoriegel aus der Quengelzone an der Supermarktkasse natürlich nicht bekommen – "der kostet schließlich fast zwei Mark, zu viel für so ein bisschen Schokolade".

Viel Länder und das halbe Geld ist futsch

Jörg Braun, stellvertretender Chefredakteur: Reisen durch Europa ohne ständiges Geldwechseln, das war mein Traum mit 18 Jahren. Interrail hieß das damals, man konnte mit dem Ticket für 800 Mark einen Monat lang Zug fahren, so viel man wollte, kreuz und quer durch Europa. Tolle Sache. Der Haken: überall gab es anderes Geld. Man musste nach jeder Grenze seine Kröten umwechseln. Das war teuer. Auf einem Zugtrip von Griechenland über das damalige Jugoslawien und Österreich nach Italien war die Geldschmelze wegen der Wechselkurse bitter und real zu spüren: Von 100 Mark Barem, in Griechenland in Drachmen gewechselt, blieben nach mehrmaligem Wechseln sage und schreibe nur 50 Mark Wert übrig. Ohne einen Pfennig ausgegeben zu haben! Den Rest, sauer von mir erarbeitet über Ferienjobs in der Fabrik, saugten geheime Geldfresser an den Grenzen ab. Mit dem Euro, 20 Jahre später, war dieses Problem endlich weg. Meine Zeit für monatelange Zugreisen leider auch...

70 Cent für ein kleines Cerveza

Felix Bender, Redaktionsleiter Lahr: Ein Euro gleich 166 Pesetas – so lautete meine erste Umrechnungsformel. Den Jahreswechsel 2001/02 verbrachte ich mit meinen Eltern auf Gran Canaria. Beim Abflug ins spanische Urlaubsparadies im Atlantik hatte ich Badehosen, aber kein Starterkit im Gepäck. Mein tiefenentspanntes, jugendliches Ich hatte jedes Mal schmunzeln müssen, wenn ihm jemand erzählte, er oder sie habe sich dieses Plastiksäckchen mit Euro-Münzen jeder Art und Größe zugelegt. Um was zu tun? Dem neuen Geld hallo zu sagen? Sich mit ihm anzufreunden? Zugegeben – als ich am Neujahrstag dann zum ersten Mal Cent und Euro zwischen den Fingern hatte, wich dem vorwitzigen Lächeln kurzzeitig ein angestrengtes Stirnrunzeln. Doch schon mit der ersten erfolgreichen Transaktion hatte ich meinen inneren Frieden mit dem EU-Zaster gemacht: ein kleines Cerveza für knapp 70 Cent. Salud!

Verschiedene Motive – ein absolutes Highlight

Bianca Rousek, Redakteurin in Calw: Als der Euro eingeführt wurde, war ich gerade in der zweiten Klasse. Mit der Deutschen Mark hatte ich dementsprechend nicht viel am Hut. Umrechnen ins "richtige Geld"? Das überließ ich lieber meinen Eltern (die das übrigens bis heute tun). Ich musste mich, als irgendwann Textaufgaben, in denen Geld vorkam, auf dem Stundenplan standen, nur auf eine Währung konzentrieren. Und das ist auch besser so. Meine Rechenfähigkeiten sind, gelinde gesagt, bescheiden. Gott bewahre, wenn ich dann auch noch hätte zwischen Mark und Euro umrechnen müssen. Aus diesem Grund freue ich mich auch bis heute, wenn wir in einem Mitgliedstaat der Währungsunion Urlaub machen. Das erspart mir eine Menge Hirnschmalz. Und: Dort gibt es die begehrten Euro- und Cent-Münzen mit den Motiven des jeweiligen Landes auf der Rückseite zu sehen. Früher ein absolutes Highlight – schließlich besaß ich ein extra Sammelalbum dafür.

Wurstsalat ist Wurstsalat, basta!

Jürgen Maier, Nachrichten-Redakteur: Europa hat eine gemeinsame Währung? Tolle Sache! Ach so, nur die EU hat eine einheitliche Währung? Fast! Einige Länder wollen (noch) nicht mitmachen. Wie dem auch sei: Für mich ist der Euro bis heute eine widersprüchliche Konstruktion. Klar ist es schön bequem, einfach über den Rhein zu fahren, in Straßburg zu schlemmen und mit der gleichen Währung zu zahlen wie im Schwarzwald oder auf der Alb. Mit einem Blick ist klar, was ein Wurstsalat kostet – egal nach welcher Tradition. Doch der Teuro macht seinem Namen über die Jahre definitiv alle Ehre. Seit meiner Kindheit liebe ich Kartoffel-Chips. Und für die 175-Gramm-Packung meiner Lieblingssorte zahle ich heute standardmäßig 1,99 Euro. Auch wenn die Eurokraten aus Brüssel es vehement abstreiten: Ich bin mir sicher, dass ich vor dem 1. Januar 2002 keine 4 Deutsche Mark für ein Päckchen Chips in Deutschland gezahlt habe. Wie viel wird es 2042 kosten?

Cent? Wie cool ist das denn?!

Ralf Klormann, Kreisredaktionsleiter Calw: Der Pfennig ist tot, es lebe der Cent! Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir uns damals – im besten Jugendalter – über diese Umbenennung lustig gemacht hatten. Vorbei die Tage des geradezu bäuerlich klingenden Münz-Namens Pfennig, endlich hielt mit dem weltmännischen Cent eine Währung von internationalem Rang Einzug. Unvorstellbar, warum andere Länder der Euro-Zone sich bis heute der amerikanisch klingenden Lässigkeit des Begriffs verwehren. Nachbar Frankreich beispielsweise übernahm im Sprachgebrauch schlicht und ergreifend die Einheit "Centime" des althergebrachten Franc. Und ja, die dürfen das – denn "der Name ›Cent‹ schließt nicht die Verwendung von umgangssprachlichen Abwandlungen in den Mitgliedstaaten aus", hieß es 1998 in der Verordnung des EU-Rates zur Einführung des Euro. Tja. Selber schuld. Kann ja nicht jeder so cool sein wie wir.