2019 begeisterte das koreanische Klavierduo ShinPark das Bad Herrenalber Publikum. Foto: Zoller (Archiv)

Trotz einer "großen Bedeutung für die kulturelle Vielfalt der Stadt" wird es das Klavierduo-Festival in Bad Herrenalb künftig nicht mehr geben. Der Grund: Die Stadt muss sparen.

Bad Herrenalb - Im Jahr 2022 und auch darüber hinaus soll es an den Christi-Himmelfahrtswochenenden vor Pfingsten kein Internationales Klavierduo-Festival mehr in Bad Herrenalb geben. War es im letzten Jahr regulär aufgrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Verordnungen nicht durchführbar, so schien sich die Diskussion um eine Verschiebung beziehungsweise Weiterführung in 2022 zunächst ergebnisoffen zu gestalten. Doch mit den Haushaltsberatungen für 2022 kam das endgültige Aus, zumindest was das bisherige Format anbelangt.

Bereits im März 2014 hatte der Gemeinderat von Bad Herrenalb in einer öffentlichen Sitzung beschlossen, das im Jahr 2000 unter dem damaligen Bürgermeister Manfred Renz etablierte "Internationale Klavierduo-Festival" aus dem Veranstaltungskalender der Stadt zu streichen. Begründet wurde dies mit dem Defizit in Höhe von bis zu 20 000 Euro, das den städtischen Haushalt in seiner ohnehin angespannten Lage belaste. Das Klavierduo-Festival fand alle zwei Jahre statt und war von Professor Christoph Sischka von der Musikhochschule Freiburg initiiert und seither neunmal organisiert worden. Dabei traf sich jeweils die nationale und internationale Elite der Klavierduos in der Kurstadt. Ergänzt um den bundesweiten Wettbewerb und die Kooperationen im Bereich "Jugend musiziert" wurde Bad Herrenalb mit der mehrtägigen Veranstaltung bekannt, hieß es damals seitens der Verwaltung. Nach einer abgespeckten Version, die praktisch nur aus dem Klavierduo-Jugendwettbewerb im Jahr 2015 bestand, wurde im Jahr 2017 im Rahmen der Gartenschau in Bad Herrenalb erneut der Anlauf für ein Klavierduo-Festival genommen. Die Konzerte fanden unter anderem auf der Gartenschau-Bühne statt und schlossen auch ein Preisträgerkonzert des Festival-Wettbewerbs in Kooperation mit "Jugend musiziert" ein. Zuletzt konnte die Veranstaltung 2019 – erneut in deutlich reduzierter Form – unter der etablierten Bezeichnung durchgeführt werden.

Trotz Imagegewinns keine erneuten Mittel bewilligt

Regulär hätte das Klavierduo-Festival wieder im Jahr 2021 stattfinden können, musste aber wegen der Coronapandemie wie so vieles andere im Kulturbereich auf Eis gelegt werden. Der Leiter des Festivals, der in Freiburg wohnende Christoph Sischka, hätte es gerne wieder aufgenommen beziehungsweise weitergeführt. Ihm wurde seitens der Stadt jedoch mitgeteilt, dass der Gemeinderatsbeschluss aus 2014 nun endgültig umgesetzt werde. Im Rahmen der Haushaltsberatungen für 2022 habe das Gremium keine erneuten Mittel für das Festival bewilligt, so die Aussage. Und dies, obwohl das Klavierduo-Festival nach wie vor im Leitbild der Stadt Bad Herrenalb aus dem Jahr 2000 verankert ist. Dort heißt es: "Anspruchsvolle Instrumentalkonzerte profilieren die Stadt auf hohem Niveau. Klosterkonzerte und Reihen wie das Klavierduofestival haben eine große Bedeutung für die kulturelle Vielfalt der Stadt." Sischka bedauert diesen Beschluss, zumal ihm die ehrenamtliche Organisation des Festivals bei allem zeitlichen Aufwand stets viel Freude bereitet habe. "Ich sehe darin nach wie vor eine große Chance für Bad Herrenalb, sich zu profilieren und in der obersten Liga derartiger Konzertreihen mitzumischen", meint er gegenüber dem Schwarzwälder Boten. "Man denke nur an das Konzert mit Klaus Maria Brandauer, welches eins zu eins auch im Festspielhaus in Baden-Baden veranstaltet wurde", führt er an. "Namhafte Künstler haben hier zu Sonderkonditionen gastiert, der Publikumswettbewerb im Rahmen von "Jugend musiziert" war einzigartig in ganz Deutschland und die besondere Thematik rund um das Tasteninstrument hatte ihren Platz und ihr Publikum, aber auch ihre Sponsoren in und für Bad Herrenalb gefunden", betont der Prorektor der Freiburger Musikhochschule. Was dieses Festival trotz seines Abmangels an Nachhaltigkeit, Imagegewinn und überregionaler Beachtung in der Presse gebracht hat, lässt sich laut Sischka nicht in bare Münze umrechnen. So sei der künstlerische Nachwuchs mit Zulassung zum Bundeswettbewerb von "Jugend musiziert" aus ganz Deutschland nach Bad Herrenalb gekommen und ein Verein für vierhändiges Klavierspiel aus Holland regelmäßig unter den Gästen gewesen.

Personelle Wechsel nicht förderlich für Festival

Als schwierig sieht Sischka zuletzt die Zusammenarbeit mit Stadt und Tourismusbüro. "Da gab es leider einige personelle Wechsel, was eine eher zurückhaltende Einstellung gegenüber den Festival-Plänen und fehlendes Verständnis für dessen besonderen Charakter zur Folge hatte", meint er. In Bürgermeister a. D. Norbert Mai habe er einen großen Unterstützer gehabt. Verwundert zeigt er sich auch, dass der allgemeine Hinweis mit zusammenfassendem Rückblick zum Klavierduo-Festival kommentarlos von der Webseite der Stadt genommen wurde. Dort hieß es bisher: "Das Klavierduo-Festival in Bad Herrenalb ist einzigartig: Es ist das einzige Festival, das sich allein um die Welt der Klavierduos dreht! Es findet alle zwei Jahre (in den ungeraden Jahren) statt. Aber auch in den Zwischenjahren wird ein besonderes Klassik-Event in Bad Herrenalb geboten: dieses Event steht ganz im Zeichen der Klavierduo-Virtuosen."

Vonseiten der Stadt Bad Herrenalb sind keine Details zur aktuellen Entwicklung zu erfahren. Pressesprecher Christian Siebje verweist auf die vielen personellen Veränderungen im Kulturbereich und die Protokolle der Gemeinderatssitzungen zu den jeweiligen Haushaltsbeschlüssen, in denen zu den Hintergründen der Abstimmungen nur wenig geäußert beziehungsweise festgehalten wurde.

Ehrenamtliches Engagement und wertvolle Netzwerke

Sischka ist generell offen für Gespräche zur Erarbeitung eines Konzeptes, das finanzierbar ist. Natürlich könne man bei diesem Niveau, das internationale Koryphäen einschließe, nur bedingt Einfluss auf die Gagen für die Künstler nehmen, und auch Werbemaßnahmen kosteten Geld, betont der Experte für mehrhändiges Klavierspiel. Schon 2019 konnte der Abmangel durch die reduzierte Form um etwa die Hälfte gemindert werden. "Ich hätte mir gewünscht, dass man gemeinsam nach neuen Lösungen sucht, um das kulturelle Highlight am Leben zu erhalten", betont er. Leider gibt es laut Sischka keinen Förderverein für das "vergleichsweise kleine Festival" wie etwa in Bad Wildbad für die Rossini-Festspiele. Aus seiner Sicht sei durch das Festival viel ehrenamtliches Engagement möglich gemacht worden, auch mit Blick auf die knappen Finanzmittel der Stadt. Im Zusammenspiel aller Beteiligten seien wertvolle Netzwerke und Brücken in die Zukunft gebaut worden, von denen die Stadt langfristig – auch wenn es um die Ansprache neuer Zielgruppen gehe – profitieren könne, ist sich der künstlerische Leiter sicher. Über regelmäßige Newsletter könne man den Kontakt zum Publikum und zu Interessenten pflegen, aufgezeichnete Konzerte in den Festival-freien Jahren streamen und mit kostenlosen Open-Air-Konzerten den Festival-Gedanken nach draußen in den Ort tragen, nennt er Ansätze zur Weiterentwicklung, denn es sei durchaus noch "Luft nach oben". Grundsätzlich sieht er gute Chancen, ein derartiges Festival auch künftig in Bad Herrenalb zu etablieren, gibt es doch deutschlandweit und darüber hinaus nichts Vergleichbares, was Konzeption und Umfang anbelangen. Lediglich in Boswil in der Schweiz findet laut Sischka inzwischen regelmäßig ein Duo-Konzertwochenende statt.

An Strahlkraft verloren

"Ich dränge mich nicht auf", so der viel beschäftigte Hochschulprofessor. "Es war eine tolle Zeit, aus der etwas Kostbares für Bad Herrenalb hervorging", lautet sein Resümee. Umso größer ist aus seiner Sicht der Verlust für die Albtal-Kommune, die sich laut Leitbild in erster Linie als Tourismusstadt versteht.

Auch für den langjährigen Stadtrat Christian Romoser ist vieles, was sich hinter den Kulissen in Zusammenhang mit dem renommierten Event abspielte, nicht mehr nachvollziehbar. "Ich fand den städtischen Zuschuss nicht dramatisch hoch und habe damals auch mit Herrn Sischka gesprochen, als 2014 die großen kulturellen Veranstaltungen im Gemeinderat auf dem Prüfstand waren", schildert er gegenüber unserer Redaktion. Die Strahlkraft hat seiner Ansicht nach im Lauf der Jahre etwas gelitten. Während anfangs durch die sensationellen Rekorde mit unter anderem zwölf Pianisten an einem Flügel das Festival eine breite Öffentlichkeit angesprochen habe, habe sich das Interesse dann immer mehr auf das Fachpublikum reduziert. "Jedes bewährte kulturelle Konzept muss irgendwann bezüglich seiner Attraktivität und seines Nutzens für eine Kommune hinterfragt werden und dann gegebenenfalls neuen Ideen Platz machen", ist sich Romoser sicher, der nicht alles am Geld festmachen will. Aus seiner Sicht war das Klavierduo-Festival nach der Gartenschau in der Wahrnehmung der Bevölkerung kaum mehr vorhanden, was durch die Corona-Pandemie noch verstärkt wurde. Und letztendlich werde eine reduzierte Form gegenüber dem ursprünglichen, sowohl musikalisch als auch marketingtechnisch hochrangigen Anspruch der Veranstaltung nicht mehr gerecht.