Horst Schmidt zeigt auf eines der Martinussymbole an einem Verkehrsschild, die den Pilgern den Weg weisen. Foto: Visel

"Wenn ich noch einmal eine Pilgerwanderung mache, dann nur zu zweit. Es gibt Momente, in denen man sich sehr einsam und verlassen fühlt." Horst Schmidt aus Bühl/Baden pilgert rund 180 Kilometer auf dem Martinusweg durch den Zollernalbkreis. Start war in Sigmaringen, sein Ziel ist Böblingen.

Ratshausen - Der 50-Jährige hat am vergangenen Samstag seine erste Pilgerreise begonnen. Nachdem er im vergangenen Jahr eine persönliche Krise durchmachen musste, habe er sich geschworen: "Wenn ich das gut überstehe, gehe ich pilgern." Gesagt, getan. Ursprünglich, so Schmidt, wollte er die Wanderung mit einem Bekannten machen, was aber dann nicht geklappt habe.

Also schnürte er alleine seinen Rucksack, nahm die Wanderstöcke in die Hand und startete seine Pilgertour. "Auf dem klassischen Jakobusweg wollte ich nicht laufen. Das ist ›Mainstream‹", sagt er. Zudem habe er gerne im Land bleiben wollen. So entstand die Idee, einen Teil des Martinuswegs zu gehen, der von Szombathely (Ungarn) bis Tours (Frankreich).

Schmidt suchte sich das Teilstück von Sigmaringen bis Böblingen aus. Beeindruckt zeigt er sich vor allem von der ursprünglichen Landschaft im Oberen Donautal, die es in seiner Heimat im Badischen so nicht mehr gebe. Einmal, schwärmt der Ingenieur für Produktionstechnik, sei ihm im Donautal sogar eine Gämse begegnet: "Ich wusste gar nicht, dass es diese Tiere dort gibt."

"Ich plane nicht vor, sondern nehme es so, wie es kommt"

Pro Tag legt der Pilger zwischen 20 und 30 Kilometer zurück: "Je nachdem, wie es halt so läuft." Eine feste Taktung seiner Etappen hat er nicht: "Ich plane nicht vor, sondern nehme es so, wie es kommt." Dies gilt auch für Übernachtungsmöglichkeiten: "Und wenn ich mal nichts finde, übernachte ich halt in einer Schutzhütte. Ich habe ja auch einen Schlafsack dabei." Auf der Tour durch den Zollernalbkreis hat er im Café Baier in Schömberg übernachtet.

Von dort aus geht es weiter nach Dotternhausen, Owingen und Hechingen und dann nach Bodelshausen, wo er Freude hat, bei denen er übernachtet. Dann führt ihn sein Weg nach Rottenburg, Herrenberg und zum Zielort Böblingen.

Auf seiner bisherigen Wanderung sind ihm keine anderen Pilger begegnet: "Man läuft stundenlang allein durch die Gegend." Dies könne teilweise sehr einsam sein: "Da kommt man schon einmal auf den Gedanken, wie es wäre, wenn man der einzige Mensch auf der Welt wäre." Aber: "Das Schöne dabei ist, dass man sich auch viele Gedanken machen kann darüber, was war und was noch kommen könnte." Sein Eindruck: "Man findet zu sich." Gleichwohl sei er dankbar für Gespräche mit Menschen, denen er auf seiner Pilgertour begegnet, etwa mit Waldarbeitern: "Dann merkt man, wie wichtig die Kommunikation mit anderen ist."

Seine Tour aber sei anstrengender, als er gedacht habe. So habe er im Oberen Donautal an einem Tag mehrere tausend Höhenmeter gemeistert: "Meine E-Watch hat 165 Stockwerke rauf und runter angezeigt." Sein Eindruck: "Der heilige Martin muss ein Freund des Bergsteigens gewesen sein."

Nach seiner Tour von Nusplingen über den Hexenbühl und Tanneck kam er nach Ratshausen. Dort legte er an der Lourdes-Kapelle am Ortsausgang in Richtung Schömberg eine kleine Pause ein. Auf seiner Pilgerwanderung hält sich Schmidt ganz genau an die Streckenführung, die in der Broschüre "Martinuswege", die von der Diözese Rottenburg-Stuttgart herausgegeben wurde, beschrieben ist: "Hut ab und ein Dank an diejenigen Menschen, die dieses Büchlein gemacht haben und die Strecken mit dem Martinussymbol ausschildern und die Wege frei halten." In dem Pilgerführer sind auch die Sehenswürdigkeiten aufgeführt, die an der Wegstrecke liegen: so das Kloster Beuron, die alte Friedhofskapelle in Nusplingen, der Palmbühl bei Schömberg und die Loretokapelle in Binsdorf: "Da mache ich natürlich Halt und schaue mir das an."

Honig soll ins Fachgeschäft

Speziell vorbereitet hat er sich auf seine erste Pilgertour nicht: "Ich bin zwar nicht unsportlich und jogge, aber das ist mit solch einer Wanderung nicht zu vergleichen. Nach den ersten Etappen war ich ganz schön geschafft. Aber es läuft sich dann ein." Dazu komme natürlich der schwere Rucksack, den man mit sich schleppen müsse, obwohl er nur das Nötigste mitgenommen habe, wie den Schlafsack, Waschzeug und eine Garnitur Wäsche: "Ich habe aber nur eine Hose dabei. Die wasche ich jeden Abend." Den meisten Platz im Rucksack benötige allerdings das Beatmungsgerät, das er wegen seiner Schlafapnoe dabei habe: "So hat jeder sein Päckchen zu tragen." Gott sei Dank habe er noch keine Blasen an den Füßen. Dies führt er auf seine neuen Wanderschuhe zurück, die er sich extra gekauft hat.

"Da wundere ich mich selbst. Wenn ich wieder zurück bin, bringe ich ein Glas von meinem eigenen Honig in das Fachgeschäft für die gute Beratung", verrät der Hobbyimker, der einige Bienenvölker hält.

Würde er nach seinen Erfahrungen auf dem Martinusweg eine zweite Pilgerwanderung machen wollen: "Ich würde es noch einmal tun. Denn ich habe viele freundliche und hilfsbereite Menschen getroffen." Aber, schränkt Schmidt ein: "Nicht mehr alleine, sondern mit meiner Frau. Dann kann man die Erfahrungen und Erlebnisse teilen."