Die erste Handballmannschaft des TV Nagold im Jahr 1927. Foto: Archiv VfL Nagold

Der VfL Nagold blickt in diesem Jahr auf sein 175-jähriges Bestehen zurück. In unserer Serie "Zeitsprünge" geht es diesmal zurück in das Jahr 1927 – dem Geburtsjahr der Handballabteilung des VfL Nagold.

Nagold - Der Trainer trägt Anzug und Fliege, der Spielwart hat eine Krawatte angelegt, und der Torwart hat eine Mütze auf dem Kopf. Als sich die Gründermannschaft der neuen Handballabteilung – wahrscheinlich 1927 – zu diesem offiziellen Gruppenfoto aufstellt, scheinen sich die Herren durchaus der Geschichtsträchtigkeit dieses Moments bewusst zu sein. Und wer Zweifel daran hegt, ob hier wirklich Handballer und nicht etwa Fußballer abgebildet sind, dem hilft ein genauer Blick auf die Knie der jungen Männer: Viele tragen Knieschoner, wie auch heute noch im Handballsport oft üblich.

Gründung vor 95 Jahren

Vor 95 Jahren gründet sich die Handballabteilung in Nagold. Ihren Ursprung hat sie im damals schon seit 80 Jahren bestehenden Turnverein Nagold. Denn der Handball kommt aus der Turnerbewegung und dürfte in Nagold auch schon länger gespielt worden sein. Aus dem Turnspiel "Torball" hat sich die Sportart entwickelt. Dabei ist Handball ursprünglich ein Turnspiel für Frauen, das sich aber nach einigen Regeländerungen schnell zu einem beliebten Männersport entwickelt.

In Nagold ist die Gründung des Handballteams eng mit dem Erwerb eines eigenen Sportplatzes auf dem Klebgelände verbunden. Der Kauf wird ab 1926 vorbereitet, 1927 folgt die erste inoffizielle Inbetriebnahme des neuen Platzes mit einem Werbespiel für den Handballsport zwischen dem TV Prag Stuttgart und dem TV Schramberg. 1928 steht dann die offizielle Einweihung des Platzes an. Nun spielt die frisch gegründete Nagolder Mannschaft gegen Wildberg. Und auch gegen ein Team des Nagolder Lehrerseminars tritt man 1928 an.

Mutter aller Handballderbys

Kurze Zeit darauf sind die Nagolder Handballer sportlich bereits auf Augenhöhe mit den anderen Teams der Region. 1930 feiert man die Gau-Meisterschaft. Aus diesem Jahr ist auch ein Spielergebnis von der Mutter aller Handballderbys überliefert: Nagold und Calw trennen sich trotz Verlängerung 2:2.

Ernsthaft? Nur vier Tore in einem Handballspiel? Das ist zu jenen Zeiten nicht ungewöhnlich: Das Feld ist groß, das Spiel auch wegen des Rasen-Untergrunds noch langsam. Tore sind da ähnlich selten wie beim Fußball. Zum Vergleich: Heute werden in Handballspielen nicht selten mehr als 50 Tore erzielt.

Zehn Feldspieler und ein Torwart

Gespielt und trainiert wird "Feldhandball" also im Freien, auf einem Rasenplatz. Und auch die Tore sind damals noch größer. Im Gegensatz zum Hallenhandball hat Großfeldhandball auch andere Regeln. Zehn Feldspieler und ein Torwart treten pro Mannschaft an. Das Spiel ist eher passiv und gilt nicht als sehr schnell oder trickreich.

Auf dem Sportplatz im Kleb trainieren die Handballer immer dienstags – zumindest ist das aus dem Jahr 1930 so überliefert. Montags sind die aktiven Turner und die Leichtathleten dran, mittwochs wird Faustball gespielt, donnerstags sind die Turnerinnen auf dem Sportplatz aktiv und freitags wiederum die Läufer der Leichtathleten. Kleine Randbemerkung aus dem Jahr 1930: Das Fußballspielen auf dem Sportplatz im Kleb ist damals noch strengstens untersagt.