Hugo Bott wurde posthum zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Das Bild zeigt Hans-Joachim Hartmann (von lins), Benjamin Knoll, Ilona Bott, Achim Bott und Frank Bott. Foto: Wallburg

Das 175. Jubiläumsjahr des TSV Calw ging am Samstag mit einem Festakt zu Ende. Der mit Abstand größte Verein im Sportkreis feierte ein Jahr lang mit vielen innovativen Veranstaltungen unterschiedlichster Art.

Calw - Jeden Monat war etwas anderes geboten. Mit einer Abschlussfeier beendet der Verein nun sein Jubiläumsjahr. Als höchste Auszeichnung für einen Sportverein wurde jetzt die Sportplakette des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland verliehen und auch die Ehrenurkunde des Württembergischen Landessportbundes (WLSB) überreicht.

Der 175. Geburtstag war bereits vor einem Jahr, genau genommen am Samstag, 18. September 2021. Wegen der Pandemie konnte man damals das Jubiläum nicht mit einem Festakt beginnen: Man entschied sich dafür, mit einer großflächigen Flyer-Aktion Glückwunschkarten an alle Calwer Haushalte zu verteilen und somit auf das Ereignis aufmerksam zu machen.

Große Herausforderung

Flexibilität und Improvisation, so Hans-Joachim Hartmann, Vorsitzender des TSV Calw in seiner Begrüßungsrede, seien deshalb das Jahr über vordringlich gewesen und forderten sowohl den achtköpfigen Festausschuss als auch die Akteure und Mitglieder bei deren Umsetzung ihrer Angebote heraus.

Hartmann wertete das Jubiläumsjahr als großen Erfolg. Nach dem eigentlichen Festauftakt am Geburtstag selbst gab es gleich im Oktober einen TSV-Wandertag. Die Aktion "175 Bäume für Calw – Für die Ewigkeit" sorgte im November für Aufmerksamkeit. Alle seien gepflanzt und jeder dieser Bäume habe auch zwischenzeitlich seinen Paten gefunden, berichtete Hartmann weiter. Ein TSV-Kochbuch sei rechtzeitig zu Weihnachten geschrieben und eine Geschichts-Ausstellung über mehrere Monate der Öffentlichkeit präsentiert worden. Weitere Höhepunkte wie eine Jugend-Skiausfahrt, die Suche nach 175 Ostereiern, ein DKMS-Charity-Lauf und eine Sportlerehrung des SK Calw folgten. Bis dann der TSV-Biergarten während der Sommerwochen hinter dem Sportzentrum seine Tore öffnete.

Vorigen Monat habe man noch eine Trendsportwoche neuer Sportarten angeboten.

Überwältigendes Engagement

Hartmann dankte für das überwältigende Engagement aller ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter im Hauptverein und in den Abteilungen, den Kooperationspartnern und -vereinen sowie den vielseitigen und treuen Sponsoren.

Benjamin Knoll, Geschäftsführer des TSV Calw, moderierte den gesamten Festakt. Viel Prominenz war gekommen, um dieses Ereignis würdig zu begleiten.

Seit 1846 existiert in Calw dieser Turnverein, der zunächst in Ausweichlokalen seine Übungen durchführen musste. Erst im Jahr 1869 konnte mithilfe einer großen Sammelaktion und mit Unterstützung der Stadt Calw genügend Geld aufgebracht werden, um südlich der "Neuen Brücke" und auf Höhe des "Badischen Hofes" eine Turnhalle zu errichten. Anlass genug für den Verein, genau in diesem historischen Gebäude, welches heute das Brauhaus Schönbuch beherbergt, bei einem Festtagsbrunch sein Jubiläumsjahr zu beenden.

Dieter Kömpf, Kreis- und Gemeinderat sowie stellvertretender Oberbürgermeister von Calw, überbrachte die Glückwünsche der Stadt. Landrat Helmut Riegger appellierte an die Wichtigkeit des Ehrenamts an sich und an die Bedeutung der Sportvereine im Besonderen. Er würdigte diese Organisationen als zentrale Knotenpunkte, die Menschen jeden Alters, jeder Herkunft und jeden sozialen Milieus zusammenführen.

Hohe Auszeichung

Als hohe Auszeichnung für die in langjährigem Wirken erworbenen besonderen Verdienste um die Pflege und Entwicklung des Sports, überbrachte Riegger die Sportplakette des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Sie kann an Sportvereine auch nur dann verliehen werden, wenn sie mindestens 100 Jahre alt sind.

Bundestagsabgeordneter Klaus Mack (CDU) hob die individuelle Anpassungsfähigkeit des TSV Calw an den gesellschaftlichen Wandel hervor und lobte seinen modernen, digitalen Auftritt. Landtagsabgeordneter Thomas Blenke (CDU) erinnerte zugleich daran, dass das Land mit Abstand auch das Ehrenamtsland Nummer 1 in Deutschland sei.

Eine weitere Auszeichnung gab’s von Margot Kemmler. Sie überbrachte von Andreas Felchle, Präsident des WLSB, die Ehrenurkunde in Anerkennung und Würdigung langjährigen Wirkens und besonderer Verdienste im und für den Sport.

Erwin Weber, stellvertretender Vorsitzender für Finanzen im Verein, überreichte das Workbook "Sportverein 2030", als konkrete Entscheidungshilfe und Nachschlagewerk für zukunftsweisende Trends.

Emotionale Laudatio

Bevor Paul Haug, Calwer Urgestein, Humorist und Buchautor, selbst seit 71 Jahren Mitglied im Verein, den Festakt in dem ihm so eigenen schwäbischen Humor amüsant beendete, würdigte Benjamin Knoll in einer emotionalen Laudatio eine herausragende Persönlichkeit, der es nicht mehr vergönnt war, die Ehrung persönlich zu empfangen.

"1994 begann im TSV Calw eine Ära, wie es sie vorher noch nie gab und auch nie mehr geben wird", begann Knoll seine Ehrungsrede. "Damals trat der 19-jährige Hugo Bott in den damaligen TV Calw und seine Abteilung Handball und Skizunft ein. Es war der Beginn einer beispiellosen Handball-Leidenschaft", führte Knoll weiter aus. 1967 sei er mit 29 Jahren Abteilungsleiter geworden, das Amt hatte er insgesamt auch 29 Jahre inne. Nicht nur auf Funktionärsebene, sondern auch sportlich prägte er die Abteilung wie kein anderer. Dass 1972 die tunesische Nationalmannschaft gar Calw als ihren Vorbereitungsort für die olympischen Spiele in München auswählte, sei letztendlich Hugo Bott zu verdanken gewesen.

27 Jahre stand er dem Verein als Vorsitzender vor. Das TSV Sportzentrum, welches am 10. November 2017 eingeweiht wurde, sei sein Baby. Zum 175. Jubiläumstag vergangenes Jahr sollte Bott durch den Verein gebührend geehrt werden. Leider verstarb er zuvor. "Nicht möglich war ein selbst gewähltes Ausscheiden als Vorsitzender noch eine angemessene Trauerfeier wegen der Corona-Auflagen".

Eine Ernennung zum Ehrenvorsitzenden "post mortem" sehe die Ehrungsordnung des TSV Calw zwar nicht vor, dennoch und weil es Hugo Bott mehr als verdient habe, wolle man, wenn auch nur symbolisch, genau das heute tun. Die Familie Bott nahm die Ehrung entgegen.

Info: Platz eins

Der TSV Calw zählt heute mehr als 2500 Mitglieder und rangiert damit mit Abstand auf Platz eins in Sachen Mitgliederstärke im Sportkreis Calw. Mehr als 200 Trainer sind engagiert, rund 80 Prozent davon ehrenamtlich. 21 Abteilungen und Sportangebote sind unter dem Dach des TSV vereint. Viele Vereine unterhalten Kooperationsvereinbarungen mit dem TSV, um auch deren Mitgliedern im Sportzentrum das Training zu ermöglichen.