Kanzlerin Angela Merkel (CDU) tritt nach 16 Jahren im Amt bald ab. Foto: Karahalis

Wie kann man als Bundeskanzlerin so viele Kehrtwendungen hinlegen, teilweise scheitern und trotzdem noch bejubelt werden? Ein kritischer Blick auf Angela Merkels 16 Regierungsjahre und ihre Innenpolitik.

Oberndorf - Im Abschied wird vieles verklärt. Die seit inzwischen 16 Jahren amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel erhält weltweit Huldigungen, Auszeichnungen und Orden. Denn die Amtszeit der angeblich mächtigsten Frau der Welt endet bald.

Es wird Zeit, Merkels Leistung in der Heimat – für die sie als Regierungschefin die größte Verantwortung trägt – einmal kritisch zu hinterfragen: Wie hat sie es geschafft, so viele Kehrtwendungen hinzulegen, oftmals zu scheitern und noch von so vielen beklatscht zu werden? Was folgt daraus für die Bürger?

Im Jahr 2005 gewinnt Merkel die Bundestagswahl nur knapp. Vollmundig kündigt sie eine umfassende Analyse des bescheidenen Unions-Ergebnisses an. Doch darauf wartet die Welt bis heute vergeblich.

Atomkraftwerke werden abgeschaltet

Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 steigt Deutschland von heute auf morgen aus der Atomenergie aus. Obwohl Merkels Regierung wenige Wochen zuvor die Laufzeiten der Atomkraftwerke noch verlängert hatte. Einen jahrzehntelangen Markenkern der CDU schaltet die promovierte Physikerin einfach mal so ab.

Im TV-Duell mit SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück legt Merkel 2013 ihren berühmten Augenaufschlag auf und sagt in die Kamera: "Sie kennen mich." Wirklich? Merkel ist wohl die deutsche Regierungschefin, die die Bürger gerade am wenigsten kennen.

"Wir schaffen das" ist Merkels berühmtester Satz

Nach dem Herbst 2015 bestimmt die Flüchtlingskrise jahrelang den Alltag. Merkel sagt ihren legendären Satz "Wir schaffen das". Diesen wiederholt sie ein Jahr später demonstrativ. Doch sie hat der Welt bis heute nicht erklärt, wer was wie eigentlich schaffen soll. Trotzdem hat sie vor wenigen Tagen darauf beharrt: "Ja, wir haben das geschafft." Ohne tiefergehende Begründung – mal wieder!

Kurz vor der Bundestagswahl 2017 bringt die opponierende SPD das Recht auf Eheschließung für gleichgeschlechtliche Paare durch den Bundestag. Nach Atomkraft schreddert Merkel kurzerhand einen weiteren CDU-Markenkern. Bei der Bundestagswahl holt sie anschließend das bis dahin zweitschlechteste Unions-Ergebnis. Mit der AfD zieht eine Partei rechts der Union in den Bundestag ein. Statt einer inhaltlichen Auseinandersetzung stellt Merkel die Partei und deren Wähler pauschal in die rechte Ecke.

Wie will sie die Corona-Krise bewältigen?

Merkel gibt ab März 2020 in der Corona-Pandemie die gestrenge Zuchtmeisterin, erklärt aber wieder nicht, wie sie diese Krise bewältigen will. Eine Mitnahme der und Perspektive für die Bürger? Fehlanzeige! Die Union fährt bei der Bundestagswahl am 26. September ihr schlechtestes Ergebnis überhaupt ein und wird nur Zweite. CDU und CSU sind ein Trümmerhaufen. Doch die Mit-Hauptverantwortliche dafür – Angela Merkel – tritt bald als bejubelte Krisen-Kanzlerin ab. Zum Unions-Desaster schweigt sie mal wieder – natürlich. Trotz dieser verheerenden innenpolitischen Bilanz ist die 67-Jährige immer noch die beliebteste Politikerin im Land.

Doch gerade in der Heimat ist Merkel gescheitert. Politik und auch Teile der Öffentlichkeit sollten sich dringend ehrlich machen. Und aufmerksam und wachsam bleiben.

Nicht, dass Deutschland in 16 Jahren aufwacht mit einem dann 79 Jahre alten Olaf Scholz als neuem Rekord-Kanzler. Und sich erneut fragen lassen muss: Wie schaffte er das nur?