Zum Auftakt der Feiern 150 Jahre Stadtpark stelle Walter Caroli sein Buch über das Lahrer Kleinod vor. Foto: Endrik Baublies

Zum Auftakt der Feiern zu 150 Jahren Stadtpark Lahr in diesem Jahr hat Walter Caroli sein neues Buch über die lange Geschichte mit vielen verschiedenen Facetten zur Vergangenheit und der Zukunft des Parks vorgestellt.

Das Obergeschoss der Villa Jamm ist am Samstagvormittag voll besetzt gewesen. Das herrschaftliche Anwesen – heute inmitten der 4,5 Hektar großen Grünanlage gelegen – ist der Ursprung des Parks. Christian Wilhelm Jamm (1809 bis 1875) hat seinen Lahrer Wohnsitz samt dem dazugehörigen im englischen Stil angelegten Park (mit Grotte, Teich und einem Wintergarten) in seinem Testament der Stadt vermacht. Dass diese Geschichte auch anders hätte ausgehen können, stellte Walter Caroli in kurzen Thesen am Beginn seines Vortrags vor.

 

Am Ende seines Testaments hatte Jamm den Plan verkündet, seine langjährige Lebensgefährtin Amélie de Cantillon zu heiraten. Sein Tod im September 1875 machte dieses Vorhaben allerdings zunichte. Caroli stellt hier klar, dass es heute zum Leben der Lebensgefährtin Jamms, die in Paris lebte, kaum etwas Sicheres zu sagen gibt. Ob sie „genuss- oder gar verschwendungssüchtig“ war, wie das gerade in Lahr immer wieder kolportiert wurde, „lässt sich nicht ausreichend belegen“. Caroli stellte dazu eine Frage: „In welche Umgebung wäre sie gekommen?“ Gesetzt den Fall, sie wäre in einem späteren und anderen Testament die Haupterbin geworden? Das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich war nach dem Krieg 1870/71 nicht besonders gut.

Ein anderer Mythos, mit dem der Autor in seinem Buch aufräumt, ist die ebenfalls falsche Behauptung, dass Jamm geizig war. Caroli zitierte hier den Lahrer Bürger und Stadtrat Otto Stoesser, der Jamm als „ganz eigenen Kauz und Geizhals“ beschrieben hatte. Derselbe hatte allerdings den reichen Rentier und Villenbesitzer Jamm auf der anderen Seite auch als „klug und sparsam“ beschrieben und hier moniert, dass der reiche Jamm keine Unterstützung für das Budget der Stadt bereitgestellt hätte. Auch das stimmt sicher nicht, wie die erstaunten Bürger der Stadt bei der Eröffnung des Testaments feststellen konnten. Dass Jamm ein Sonderling oder gar ein Einzelgänger war, ist genauso falsch. Im letzten Jahr seines Lebens war er Mitglied des Stadtrats.

Caroli lobte bei seiner Präsentation die gute Arbeit der Scheffelschüler, die (wir haben darüber bereits berichtet) eine eigene Ausstellung über Jamm und Kuba im Stadtmuseum zusammengestellt haben. Es stimmt, dass Jamm auf Kuba eigene, allerdings nur wenige Haussklaven hatte, aber – auch dieses Gerücht hat es in Lahr lange gegeben – nicht unmittelbar mit Sklavenhandel zu seinem Vermögen gekommen war. Allerdings präzisierte Caroli hier, dass Jamm auf Kuba auch und hier wohl überwiegend mit Leinen gehandelt hat: Der Stoff, aus dem die Bekleidung für Sklaven von Sklaven gefertigt wurde.

Am Klavier begleiten Alisa und Lia Brenner sowie Enrico Sinner (Musikschule) die Vorstellung musikalisch. Foto: Baublies

Das letzte Kapitel seines Buches heißt „Quo vadis Stadtpark“. Caroli präsentierte einige Ideen, wie die Zukunft des Parks inmitten der Stadt aussehen sollte. Generell gelte es abzuwägen: zwischen dem weitläufigen Park als Ruhe- und Erholungsraum, „was dem Jamm‘schen Willen am ehesten entspricht“, sowie den Bedürfnissen einer Eventgesellschaft. Die Villa Jamm sollte weiter eine Begegnungsstätte für Kultur, Galerien und andere Veranstaltungen sein. Ein Café wäre hier angebracht. Klar ist, dass gerade hier in der näheren Zukunft einiges investiert werden muss. Ob es die Tierhaltung in dieser Art weitergeben sollte, bezweifelte der Autor und mahnte hier eine artgerechte Auswahl an. Das Kunstwort „Blummisterei“ (ein wenig schmeichelhafter Zusammenschluss von „Blume“ und „Mist“) stammt von Eckard Riedel, einem ehemaligen Stadtgärtner des Parks. Caroli bezweifelte, dass die vielen Rabatte sinnvoll sind. Weniger wäre hier eher mehr. Was auch für die Wiesen und das regelmäßige Mähen gelte.

Spielplatz sollte regelmäßig modernisiert werden

Auf der anderen Seite: „Der Spielplatz sollte regelmäßig angepasst und modernisiert werden“. Für seine Forderung „Das Krokodil muss bleiben“ gab es hier eigens Applaus. Diese Schaukel gehört zu den Lieblingsstücken auf dem Spielplatz und offensichtlich nicht nur bei den Kindern, die regelmäßig hier herkommen.

Insgesamt mahnte Caroli eine Ausgewogenheit zwischen den zwei genannten Polen an. So sollten – ein anderes Beispiel – das Lichterfest und der Rosenabend, die derzeit sicher sehr viel Event bieten, in Zukunft besser zu eher leisen Festen werden.

Oberbürgermeister Markus Ibert hatte das in seiner Begrüßung so ausgedrückt: „Es gibt in Lahr keine Institution, die so unumstritten ist wie der Lahrer Stadtpark.“ Das neue Buch, mit dem die Feierlichkeiten zum 150. Geburtstag begonnen haben, beschrieb der OB so: „Diese Buch ist das Ergebnis einer 150-jährigen Geschichte und zugleich der Ausgangspunkt für alles, was noch kommen wird.“

Alisa und Lia Brenner sowie Enrico Sinner (Musikschule) begleiteten diese Vorstellung sechshändig am Flügel der Villa Jamm. Aufgrund des derzeit nicht gerade frühlingshaften Wetters war es sicher angemessen, dass das Trio als Ouvertüre den „Winter“ aus den „Vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi gewählt hat.

Das Buch zum Stadtpark

Das neue Buch „Der Stadtpark in Lahr – Perle des Jamm‘schen Vermächtnisses“ von Walter Caroli ist im Verlag Ernst Kaufmann (ISBN - 978-3-7806-8207-9) erschienen. Der gebundene Band hat 128 Seiten, darunter viele Abbildungen, und kostet zehn Euro.