Der Musikverein Sulgen mit Dirigent Stefan Hauser beim Umzug 2020 durch die Schramberger Talstadt. Foto: Musikverein

Der Musikverein Sulgen blickt 2021 auf sein 150-jähriges Bestehen zurück. Wegen Corona fällt die Feier im Sommer aber wohl nur klein aus. Die Großveranstaltung zum Jubiläumsjahr hingegen wird verschoben.

Schramberg-Sulgen - Musikalische Begleitung auf Narrentreffen, Fasnetsbällen und -umzügen sowie das Schnurren am "Schmotzigen" gehören für den Sulgener Musikverein zur Fasnet dazu wie die Brezel zum Hansel. Seit 2013 zieht es die Sulgener Musiker am Fasnetsmontag vermehrt in die Talstadt zur Da-Bach-na-Fahrt. Einige besonders hartgesottene Musiker stürzen sich an diesem Tag gemeinsam mit der Bach-na-Band in die Fluten und bezwingen den Kirchenbach mit blauen Müllsäcken.

 

In diesem Jahr feiert der Musikverein sein 150-jähriges Bestehen. An Fasnet hätte unter normalen Umständen der Auftakt für ein großartiges Jubiläumsjahr stattfinden sollen. Doch die Corona-Pandemie durchkreuzte die Feierpläne. "Eigentlich hatten wir ein großes Fest anlässlich des Jubiläums geplant", so der Vorsitzende Roman Seckinger. Vier Tage lang ausgelassenes Feiern mit Umzug und verschiedenen Gastorchestern zur musikalischen Umrahmung hätten im Juli auf der Agenda gestanden.

Bereits sehr frühzeitig hätte sich der Verein entschieden, die Feier abzusagen. "In einer Orchesterversammlung unter freiem Himmel haben wir uns gemeinsam endgültig dafür entschieden, auch wenn der Konsens aufkam, dass das natürlich sehr schade sei."

Durch die Absage setzte man sich keinem erhöhten finanziellen Risiko aus. Eine kurzfristige Absage hätte vermutlich aus finanzieller wie auch aus organisatorischer Hinsicht viel Missmut im Verein aufkommen lassen. Vor allem, weil es schon im vergangenen Jahr keine Einnahmen aus Konzerten und anderen Veranstaltungen gegeben habe. Es waren einige Alternativen diskutiert worden, die jedoch aufgrund der unvorhersehbaren Situation schnell wieder verworfen wurden. Auf eine traditionelle Festschrift verzichtet der Verein.

Andere Verpflichtung

Letztendlich hat sich der Musikverein dafür entschieden, die Jubiläumsfeier auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Das Fest im kommenden Jahr nachzuholen, gestaltet sich als relativ schwierig, da auch der Radfahrerverein Edelweiß 2022 Jubiläum feiert, bei dem der Musikverein unterstützend tätig sein möchte.

Das nächste große Jubiläumsfest wird es dann vermutlich 2026 geben, wenn der Musikverein sein 155-jähriges Bestehen feiert. "Wir sind eine noch relativ junge Truppe, deshalb sehe ich da keine Probleme auch in fünf Jahren noch ein großartiges Fest auf die Beine zu stellen", zeigt sich Seckinger zuversichtlich.

Feier in kleinerem Rahmen

Gefeiert werden soll 2021 trotzdem, wenigstens ein kleines bisschen Jubiläums-Feeling möchte der Musikverein verströmen. Dafür ist ein Sommerfest auf dem Schulhof der Grund- und Werkrealschule Sulgen geplant. Ein Fest in kleinerem Rahmen sei spontaner umsetzbar, wenn es die Regelungen zuließen, erklärt Seckinger. Das Sommerfest sei zwar an die traditionellen Feste des Vereins im Sommer angelegt, trotzdem solle es etwas Besonderes werden. Denkbar sei es, abends eine Band einzuladen, auch ein "Spiel ohne Grenzen" am Nachmittag kann sich Seckinger vorstellen.

Die Proben fehlen

Den meisten Musikern fehlten derzeit die regelmäßigen Proben und der Kontakt zu den Mitmusikern. Gemeinschaft und Geselligkeit werde beim MV Sulgen groß geschrieben. Jeder der Musiker verbinde mit dem Verein wertvolle Erinnerungen von gemeinsamen Konzerten, Probenwochenenden auf dem Ibichhof und gemeinsamen Festen, die bis lang in die Nacht andauerten.

Auch Unternehmungen wie die Konzertreise nach Berlin 1999, an die sich vor allem die älteren Musiker noch erinnern, oder ein Ausflug in das österreichische Dornbirn 2018, der besonders für die Jüngeren einen Höhepunkt darstellte, standen in den vergangenen Jahren auf dem Programm des Musikvereins. Alle zwei Jahre macht sich der Musikverein auf zu einem kleinen Sommerausflug.

Mit viel Arbeit verbunden

Auch die Feier anlässlich des 125. Jubiläums 1996 sei älteren Musikern in guter Erinnerung geblieben. Ihre bunten und fröhlichen Erzählungen über das viertägige Kreisverbandsmusikfest inklusive Wertungsspiel und Festumzug treiben die nächste Generation an Musikern dazu an, sich für das neuerliche Jubiläum genauso ins Zeug zu legen. "Natürlich ist so ein Fest immer sehr viel Arbeit, aber so ganz ohne Veranstaltungen und Verpflichtungen wird es irgendwann langweilig", erklärt Seckinger.

Seit 1871 erfreut der Musikverein Sulgen Menschen mit seinen musikalischen Qualitäten. Vor allem an der Fasnet sind die blauen Kittel des Musikvereins aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Unter normalen Umständen wären die Musiker seit vergangenem Donnerstag dauerhaft mit Instrument und Fasnetsmarschbuch im Einsatz gewesen.

Mit der Neugründung der Sulgener Narrenzunft nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten sich nicht nur die Narrenzünfte, sondern auch die Fasnetstermine im Terminkalender des Musikvereins. Den ersten Narrenmarsch dazu lieferte in Sulgen der Kirchenmusiker und Musikvereinsdirigent Bruno Heim. Dieser entwickelte sich in den nachfolgenden Jahren und wurde schließlich nach musikalischen und textlichen Veränderungen zum Krattenmacher-Original. 1980 wurde der Narrenmarsch unter Dirigent Hermann Kimmich dann neu uraufgeführt.

Eigene Musikerbälle

In den 1960er-Jahren hatte der Musikverein noch eigenständige Musikerbälle in der Festhalle organisiert, bei denen neben dem musikalischen Talent auch einige schauspielerische Fähigkeiten der Mitglieder zu Tage kamen. 1974 wurden die Musiker mit den blauen, bemalten Fasnetskitteln und später auch mit den rotweißen Zipfelmützen ausgestattet. Diese ergänzten jahrelang neben Kniebundhosen, roten Socken und einem roten Halstuch die Fasnetsuniform des Musikvereins. Heute tragen die Musiker schwarze Hosen und eine blau-rote Mütze, die mit weißen Buchstaben bestickt ist.

Nach der Zeit der eigenen Bälle begannen die Musiker, sich am "Schmotzigen" im Café Munz und später im Gasthaus Linde zu einer vereinsinternen Fasnetsfeier zu treffen. 1975 wird das Mitwirken des Musikvereins beim Bürgerball erstmals in den Protokollbüchern verzeichnet. Bis heute umrahmen die Musiker den Sulgener Bürgerball im zweijährigen Turnus.

Das 50. Jubiläum der Narrenzunft Sulgen 1989 gestaltete der Musikverein maßgeblich durch die Beteiligung an der Radio-Aufzeichnung "Frohes Wochenende" mit.

Als Walter Böcherer den Musikverein Sulgen 1990 als zweiten Verein neben der Stadtmusik als Dirigent übernahm, waren die Sulgener Vizedirigenten an den Fasnetstagen in besonderem Maße gefordert, da Böcherer im Tal den Takt vorgab.

Das Schnurren begründet

Auch die Jugendkapelle ist an der Fasnet mit vollem Elan dabei. 1987 zogen die jungen Musiker unter Dirigent Franz Mauch am "Schmotzigen" durch die Sulgener Lokale und gaben damit den entscheidenden Anstoß zum Schnurren, das bereits im darauffolgenden Jahr von der Hof AG organisiert wurde. Auch am Umzug in Sulgen nimmt die Jugendkapelle seit mehreren Jahren teil, genauso wie an den Kindernarrentreffen des Narrenrings.

Weil all diese Termine für einige Musiker die Fasnetstage offenbar noch nicht ausreichend füllten, gründeten Hans-Peter Burkhardt und Stefan Moosmann 2008 die "Bergstadt-Combo", die, falls besetzungstechnisch möglich, die Sulgener Narren auf verschiedenen Treffen begleitete.

Mit viel Humor und musikalischem Talent unterstützen die Sulgener Musiker auch andere Narrenzünfte bei ihren Veranstaltungen, wie beispielsweise zu den Narrentreffen in Schramberg 1997 und 2011.

Für alle Musiker ist klar: Die Sulgener Fasnet ist aus ihrem musikalischen Jahr nicht mehr wegzudenken. Und auch wenn das gemeinsame Feiern dieses Jahr nicht möglich ist, sind sie überzeugt, dass nach Corona wieder bessere Zeiten kommen. Dann heißt es auch bei ihnen endlich wieder: "S’goht dagega" und "Narri Narro".