Der S-Bahn-Betrieb kommt am Hauptbahnhof immer häufiger ins Stocken – der VCD fordert Abhilfe und macht Vorschläge. Foto: Max Kovalenko

Der VCD-Chef präsentiert ein 15-Punkte-Programm für Pünktlichkeit: Längere Züge, intakte Weichen soll es geben.

Stuttgart - Freitag, 7.59 Uhr: Kabelbruch auf der Bahnstrecke zwischen Plochingen und Esslingen. Weil das Ferngleis gesperrt ist und die Fern- und Regionalzüge in Richtung Ulm und Tübingen über das S-Bahn-Gleis rollen, fährt die S 1 nur im Halbstundentakt. 16 S-Bahnen fallen aus, die anderen fahren Verspätungen ein.

Matthias Lieb wundert der Vorfall nicht. „Die Bahn hat in den vergangenen 20 Jahren bei der Infrastruktur nichts getan“, sagte der Landesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) am Freitag bei der Präsentation eines 15-Punkte-Gesundungsprogramms für die S-Bahn. Unter Punkt sieben fordert Lieb den Schienenkonzern auf, die Finanzmittel für Gleise, Anlagen, Weichen, Signale und Stellwerke zu erhöhen und einen jährlichen Bericht vorzulegen.

Der VCD-Vorsitzende nimmt vor allem den Verband Region Stuttgart als Aufgabenträger der S-Bahn in die Pflicht. Vor der Sondersitzung des regionalen Verkehrsausschusses am 9. Oktober, in der Vertreter verschiedener Bahntöchter erklären sollen, warum die S-Bahn so unzuverlässig geworden ist, kritisiert Lieb: „Der Verband kommt seiner Aufgabe nicht ausreichend nach.“ Das Hauptproblem sei, dass er keine echte Möglichkeit habe, die Bahn bei schlechter Leistung zu bestrafen. „Da fehlt einfach der Anreiz, gut zu sein“, sagte Lieb. Er plädiert für das österreichische Modell, bei dem gesetzlich geregelt sei, dass der Fahrgast bis zu zehn Prozent des Preises zurückbekommt, wenn die vereinbarten Pünktlichkeitswerte nicht eingehalten sind. Dies ist im Falle der S-Bahn schon länger der Fall. „In Österreich ist es für die Verkehrsunternehmen einfach zu teuer, nicht pünktlich zu sein“, sagt Lieb.

Längere Züge in Hauptverkehrszeit

Die Türen der S-Bahn sollen zentral und damit schneller geschlossen werden als über die Lichtschranke wie bisher. Dazu baut die Bahn zurzeit Kameras und Monitore zunächst am Hauptbahnhof ein, damit der Fahrer einen Überblick bekommt, bevor er alle Türen schließt. Dazu soll es eine Kampagne geben, um die Fahrgäste dafür zu sensibilisieren, im Zug nicht im Bereich der Lichtschranke stehen zu bleiben.

In der Hauptverkehrszeit sollen auf der S 1 bis S 3 längere Züge zum Einsatz kommen; am Hauptbahnhof sollen wieder Bahnmitarbeiter die Menschen zu weniger frequentierten Türen bewegen; in den Landkreisen sollen mehr Busse die Menschen auch zu den S-Bahnen bringen, die außerhalb des festen Takts fahren; der S-Bahnhof Vaihingen soll Haltepunkt auch für Regionalzüge werden. Außerdem soll nach Meinung von Matthias Lieb eine neue Gesellschaft gegründet werden, die alle acht Aufgabenträger vom Land bis zu den Landkreisen und der Stadt Stuttgart unter einen Hut bringt. Lieb: „Das würde das Gewicht des Aufgabenträgers bei Verhandlungen mit der großen DB stärken.“

Wenn das nicht reicht, müsse ein neuer Fahrplan mit Unterbrechungen des 15-Minuten-Takts als Puffer für Verspätungen her. Für die Stammstrecke brauche es neue Signaltechnik – die viele Millionen Euro kosten würde. Auf möglichen Tangentialstrecken wie der Schusterbahn müssten ebenfalls S-Bahnen fahren. Es soll alles getan werden, damit die S-Bahn wieder zuverlässig wird.