Morgens Kinderbetreuung, abends Sport: So könnte die Sport-Kita an der Dammenmühle aussehen. Foto: Architekturbüro Ruch & Partner mbB

Das Lahrer Rathaus will das Projekt an der Dammenmühle inklusive Vereinsheim gern umsetzen. Doch die Zustimmung des Gemeinderats ist fraglicher denn je.

Ganze 26 doppelbedruckte Seiten umfasst die Vorlage zum Baubeschluss für die Sport-Kita. Am 16. Oktober diskutiert der Ortschaftsrat Sulz über das Vorhaben, am Montag darauf, 20. Oktober, der Gemeinderat. Am Donnerstag stellte die Verwaltung ihre Wunschlösung ausführlich den Medien vor – und warb für die Gesamtkonzeption.

 

Der Auftrag des Gemeinderats, betonte OB Markus Ibert, sei klar gewesen: Die Verwaltung sollte an der Dammenmühle ein Sportstättenkonzept entwickeln. Dessen Inhalt: ein Gebäude, das sowohl die Sport-Kita als auch – nach deren Fusion – Vereinsräume für Tennis- und Hockeyclub beheimatet, die Sanierung des Hockeyplatzes, die Umsetzung von Freianlagen, die verkehrliche Erschließung sowie Ausgleichsmaßnahmen.

In die Planung sind bereits knapp eine Million Euro städtisches Budget geflossen, erläuterte Silke Kabisch vom Amt für Hochbau.

Schöneboom selbst brachte den Verzicht ins Spiel

Im Juli geriet das Projekt jedoch ins Wackeln. Bürgermeister Guido Schöneboom war es selbst, der mit Blick auf die Haushaltslage Einsparungen in seinem Dezernat vorschlug – in Form des Verzichts auf die Sport-Kita. Dies sorgte umgehend für Unmut, allen voran bei Hockey- und Tennisclub, die nur ungerne die Idee eines neuen Vereinsheims zu Grabe legen wollten. Ibert nahm daraufhin auf diese Sorgen Bezug und versprach, dass die Verwaltung sich des Themas noch einmal annehmen werde. Dies ist nun geschehen. Nach einigem Hin und Her steht in der Beschlussvorlage nun Schwarz auf Weiß als Ziel die Fassung des Baubeschlusses. Wie kam die Verwaltung dorthin? „Es macht hochgradig Sinn“, erklärte Senja Dewes, Leiterin des Amts für Soziales, Bildung und Sport, am Donnerstag.

Kernpunkt der Frage sei gewesen, ob es aktuell überhaupt neue Kita-Plätze und damit die Sport-Kita braucht. „Die Geburtenzahlen gehen zurück, das wollen wir nicht totreden“, so Dewes. Dennoch werde es in Zukunft nicht weniger Kinder in Lahr geben. Grund sei der Zuzug: „Die Lahrer Bevölkerung ist seit 2013 um 14,6 Prozent gewachsen“, erläuterte Dewes anhand eines Schaubilds. Bei Zwei- bis Siebenjährigen betrage das Wachstum gar 22,5 Prozent. „Lahr wächst nicht nur aufgrund von Ausländern“, schob Ibert dazu ergänzend ein. Dewes führte weiter an, dass Lahr zudem weiterhin ein Defizit an Kita-Plätzen aufweise. Vor Inbetriebnahme des Kinderhauses Wolkenvilla in der Jammstraße Mitte September herrschte nach Angaben der Stadt ein Mangel von rechnerisch 176 Plätzen für Kinder ab drei Jahren und 97 Plätzen für Kinder unter drei. Laut der Amtsleiterin würde man, selbst wenn die Kinderzahlen nicht steigen, mit der Sport-Kita wichtigen Handlungsspielraum schaffen. Etwa wenn ein Träger abspringt oder eine alte Kindertagesstätte sonst teuer saniert werden muss, um allen Kindern einen Platz zu bieten. Eine Lösung wie der Bau eines Vereinsheims ohne Kita sei nicht wirtschaftlich. Brauche es in Zukunft weitere Plätze, müsste eine Kita an anderer Stelle mit den gleichen Kosten plus neue Planungskosten gebaut werden, so Dewes.

Projekt zwei Millionen Euro teurer als geplant

Die Verwaltung verhehlte nicht, dass die Sport-Kita nicht gerade günstig – und sogar etwas teurer als prognostiziert ausfallen würde. Auch wenn man immer wieder nachjustiert habe, um das Konzept möglichst kompakt – und damit kostensparend – umzusetzend, werden unterm Strich 15,6 Millionen Euro benötigt, stellte Kabisch vor. Das seien rund zwei Millionen Euro mehr, als im Haushalt veranschlagt.

Das Sportstättenkonzept an der Dammenmühle Foto: Stadt Lahr/A6037

Jedoch gebe es Deckungsmöglichkeiten: Für die Eichrodtschule soll ein anderes, günstigeres Ganztagskonzept entwickelt werden, die Mittel für die Kita Dreyspringstraße, die von der Sport-Kita „ausgeliehen“ waren, wurden nun im Haushalt verankert. Und: „Wir wissen noch nicht, was wir an Förderungen bekommen“, so Dewes. Es sei durchaus möglich, dass Mittel von Land oder Bund fließen, es sei lediglich „nicht seriös“ gewesen, dafür in den Finanzplanungen einen Platzhalter einzubauen. Ibert verwies weiterführend auf das Infrastrukturpaket des Bundes, durch das die Stadt Lahr bis zu 3,5 Millionen Euro erhalten könnte. „Wir können das Konzept gut rechtfertigen“, so das Fazit von Dewes.

CDU und Grüne werden einen Antrag vorbringen

Die Räte sehen das wohl mehrheitlich anders: Die Fraktionen von CDU und Grünen haben einen gemeinsamen Antrag angekündigt. Der beinhaltet, dass die Stadt auf die Sport-Kita verzichtet und nur die Sanierung des Hockeyplatzes umsetzt. Im Ausschuss für Bildung und Sport fand der Antrag mit 16 zu 10 Stimmen eine Mehrheit. Der Haupt- und Personalausschuss sprach sich mit 10:6 ebenfalls gegen den Bau einer Sport-Kita aus, die Sanierung des Hockeyplatzes wurde durch Stimmengleichheit (8:8) nicht empfohlen. Der Technische Ausschuss nahm beide Ziffern mit knapper Mehrheit an. „Es zeichnet sich eine gewisse Tendenz ab“, kommentierte Ibert wenig hoffnungsvoll.

Zumindest möglich scheint, dass ein Aufruf der Vereine an die Räte, die Sport-Kita nicht abzulehnen, für Umdenken sorgt. Bernd Frischauf, Vorsitzender des Tennisclubs, Bernd Dahlinger, Vorsitzender des Hockeyclubs, und Günther Zelzer, Vorsitzender der Ballschule Ortenau, bekräftigen in einem Schreiben den Synergieeffekt der Konzeption: Morgens würden die Kinder in der Kita betreut, nachmittags parallel zum Vereinsbetrieb durch Übungsleiter des Vereins; abends und am Wochenende findet der Vereinssport statt, das Gebäude werde öffentlich genutzt. „Maximale Auslastung, maximaler Mehrwert für die Stadt“, heißt es. Auch würden die Vereine ergänzende Maßnahmen selbst vornehmen – und finanzieren.

Stadtrat Benjamin Rösch (AfD) gab in einer Antwort allerdings bereits öffentlich zu verstehen, dass die finanzielle Situation es schwierig mache, „ein Projekt in einem solchen Umfang“ umzusetzen. Allein AfD, CDU und Grüne bilden mit 17 Ratsmitgliedern eine – wenn auch wacklige – Mehrheit.

7000 Stunden investiert

Bürgermeister Guido Schöneboom betonte beim Pressegespräch, dass – nach seinem Vorschlag, auf die Sport-Kita zu verzichten – die Verwaltung den Auftrag hatte, dass Konzept genau zu überprüfen. Nun sei man eben zu dem Schluss gekommen, dass es notwendig sei. „Das hat viele Stunden Zeit in Anspruch genommen. Unsere Mitarbeiter haben sich den Sommer über richtig reingekniet, das hat viel Kraft gekostet“, sprach er ein Lob aus. Insgesamt seien in die Planungen an der Dammenmühle sage und schreibe 7000 Stunden Arbeitszeit geflossen.