Die Kreszenz vom Arnoldshof (Margot Groß) hat den Zeitreisenden eine ganze Menge zu berichten. Foto: Siegmeier

Wie mag das wohl damals gewesen sein, als die hohen Herren am Rottweiler Königshof residierten, oder als die heutige Stadt gegründet wurde? Welch Spektakel muss es gewesen sein, als der Kapellenturm gebaut wurde, oder das Kaiserliche Hofgericht tagte?

Rottweil - Freilich gibt es heute noch so manchen steinernen Zeugen aus alten Zeiten, aber mancher würde doch gern mehr über die Menschen erfahren, die damals lebten. Das kann man jetzt. Anlässlich des Stadtjubiläums "1250 Jahre Rottweil" haben die Stadtführer Margot Groß, Petra Arand, Peter Hugger, Anja Frommer, Bettina Auch und Joachim Maier eine besondere Führung konzipiert – eine echte Zeitreise.

Reiseleiterin ist in diesem Fall Bettina Auch, die – ausgestattet mit einem Koffer und einer "Zeitmaschine" – die Interessierten am Kameralamtsgarten empfängt und ihnen von den Anfängen Rottweils erzählt. Sie berichtet, dass ja bereits die Römer hier siedelten und Stadtrecht hatten, dieses aber wieder erlosch, als sie Rottweil verließen. Im Jahr 771 wurde Rottweil dann erstmals als "Rotuvilla" erwähnt, erzählt sie, als plötzlich ein Bauer um die Ecke kommt, der aufgeregt von den hohen Herren berichtet, die droben im Königshof in der Mittelstadt residieren. Er, der Vitus, sei ein armer Bauer, der einen kleinen Acker habe. Rotuvilla heiße die Siedlung, weil man hier noch ganz viele Mauerreste von den Römern gefunden habe, berichtet er, bevor er wieder von dannen zieht.

Bäuerin berichtet

Wenig später begegnet der Gruppe eine Bäuerin, die einen schweren Sack schleppt. Die Kreszenz vom Arnoldshof bei Hochmura, wie sie sich vorstellt, kommt aus der Altstadt und verkauft in der Stadt ihre Kabisköpfe. Auch sie weiß vom Königshof, einer mächtigen Wallanlage, Zeiten des Hungers und der Armut zu berichten. Auch von der riesigen Stadtbaustelle erzählt sie. Weiter geht es zum Kapellenturm, an dem die Weißherrin die Zeitreisenden bereits erwartet und ihnen genau erzählt, wie sich damals der Bau des Kapellenturms zugetragen hat, warum er einen quadratischen Grundriss hat und was es mit der Quelle auf sich hat, die Augenleiden lindern soll.

Doch immer wieder holt die Zeitreisenden unterwegs die Neuzeit ein. Nicht nur, dass Baustellen oder Gerüste manchmal den Blick ein wenig einschränken, sondern zum Teil ist es recht laut, so dass die Berichte der Akteure schwierig zu verstehen sind. Aber jede Zeit hat offenbar ihre Plage, in der Neuzeit scheint die der Lärm zu sein.

Geplagt ist auch der Bote des Kaiserlichen Hofgerichts, der der Gruppe an der Lorenzkapelle über den Weg läuft. Er weiß allerlei über die Gerichtstage zu berichten, den prächtigen Zug des Hofrichters mit seinem Gefolge zur Gerichtsstätte. "Ihr könnt euch vorstellen, an solchen Tagen bleibt mancher Taler in der Stadt liegen. Bei 30 Gerichtstagen im Jahr kommt da ordentlich was zusammen".

In Ketten gelegt

Wenn die Urteile dann verkündet seien, bekämen die Gerichtsboten Arbeit. Sie müssen die Urteile zustellen, Gebühren und dergleichen eintreiben. "Bis Köln ist man schon mal 30 Tage unterwegs. Und gern gesehen sind wir bei den Leuten auch nicht", sagt er. Es könne schon vorkommen, dass man in Ketten gelegt, oder in den Kerker geworfen werde, wenn das Urteil nicht gefalle.

Auch der Bruderschaftsmüller begegnet den Zeitreisenden. Er ist unterwegs zur Sitzung des Magistrats und hat sich herausgeputzt. Beim Blick auf die Uhr an der Heilig-Kreuz-Kirche fällt ihm der große Stadtbrand 1696 ein, bei dem unzählige Häuser vernichtet wurden. Auch das Kirchendach sei in Mitleidenschaft gezogen worden. "Der Brand hat eine riesige Not in die Stadt gebracht", weiß er.

Die Zeitreisenden sind sichtlich beeindruckt und machen sich auf ins 20. Jahrhundert, das in Rottweil nicht zuletzt auch Max von Duttenhofer geprägt hat. Seine Pulverfabrik im Neckartal brachte viele Menschen in Lohn und Brot. "Aber es ist wirklich hart, hier zu arbeiten", erzählt eine Arbeiterin. Es stinke und sei dreckig. Und immer wieder gebe es schreckliche Unglücke.

Sichtlich bewegt von all den Berichten und Schilderungen gelangen die Zeitreisenden schließlich nach gut eineinhalb Stunden ans Stadtmuseum, wo bereits im Gärtchen eine Stärkung wartet.n Weitere Termine für die Führung "Von Rotuvilla bis Rottweil – 1250 Jahre Rottweil" sind am 3. Oktober um 11 und 14 Uhr sowie am 9. Oktober um 13 Uhr. Karten gibt es in der Tourist-Information unter 0741/49 42 80 und Online unter https://rottweil.regiondo.de/eine-aufregende-zeitreise-durch-1250-jahre-geschichte.