Viele ältere Fischinger Mitbürger sprechen heute noch vom größten Fest der Dorfgeschichte – und das nicht nur an den zahlenmäßigen Besuchern gemessen, sondern vor allem wegen dem viertägigen Programm, das es so bis dato noch nie in Fischingen gegeben hatte und wahrscheinlich auch nie mehr so geben wird.
Sulz-Fischingen - Mit Blick auf das 1250-jährige Bestehen Fischingens, mit der Jubiläumsfeier vom 24. bis 26. Juni, lohnt es sich auch noch einmal, mit der Zeitmaschine 50 Jahre zurück ins Jahr 1972 zu fahren.
Viertägiges Fest
Unsere Redaktion hat sich auf den Weg gemacht, um zu erfahren, was damals in Fischingen Außergewöhnliches geboten war. Der Weg führt direkt in das Fischinger Rathaus, wo Ortsvorsteher Jürgen Huber bereits wartet. Relativ schnell fällt ihm dann ein Flyer – mit dem Programm aus dem Jubiläumsjahr – in die Hände. Darauf ist noch eine Brauerei aus Haigerloch und ein damals führendes Autohaus in Aistaig abgedruckt. Beides gibt es heute nicht mehr.
Das viertägige Festwochenende begann am Freitagabend, 28. Juli, mit einer Festsitzung des Ortschaftsrates Fischingen und des Gemeinderats Fischingen (Schweiz). Ab 20 Uhr begann im Festzelt ein Unterhaltungsabend mit Musik und Tanz. Am Samstagmorgen gab es einen Festakt 1200 Jahre Fischingen mit Stehimbiss für geladene Gäste in der Turnhalle. Die Festansprache oblag dem damaligen Landrat Mauser aus Hechingen, und als Festgruß gab es 100 Schuss Salut.
Einiges auf dem Sport- und Festplatz geboten
Am Nachmittag verlagerte sich die Jubiläumsveranstaltung auf den Festplatz beim Sportplatz. Quasi als Vorspiel gab es ein Schülerfußballspiel und ein AH-Fußballspiel. Danach war ein als Propagandaspiel angekündigtes, Fußballspiel zwischen dem SSV Reutlingen und dem FV Offenburg aus der damaligen ersten Amateurliga ein Schmankerl für alle Fußballfans. Als besonderen Gag brachte ein Fallschirmspringer den Spielball aus luftiger Höhe in den Anstoßkreis. In der Halbzeitpause gab es Auftritte von Schweizer Folkloregruppen, Fahnenschwingern, der Trachtengruppe und der Musikkapelle. Als Gruß von Fischingen ließ man 500 Luftballons in den Himmel steigen.
Gäste aus der Schweiz
Neben dem Festumzug am Sonntag, war der große bunte Unterhaltungsabend "Fischingen grüßt Fischingen/Schweiz, die Schweiz einmal von ihrer besten Seite", ein absoluter Höhepunkt der Jubiläumsveranstaltung. Aus der Schweiz wirkten die Musikgesellschaft Fischingen/Schweiz, Jodlergrüße vom Berner Oberland, Fahnenschwinger aus der Innenschweiz, Schweizer Orgeli-Gruppe aus dem Doggenburg, Alphornbläser vom Santis, Schalleschiittler von Appenzell, Kunstturner aus der guten alten Zeit, Wilhelm Tell und d’Frau Stirnima, sowie die Maronibrettler aus dem Tessin mit.
In der Pause gab es ein großes Brillant-Feuerwerk und eine Beleuchtung der Burgruine Wehrstein. In Fischingen sprach man mit rund 1000 Besuchern von der größten Veranstaltung aller Zeiten. Dabei zahlte sich natürlich die freundschaftliche Beziehung zu Fischingen in der Schweiz aus.
Historischer Festumzug am Sonntag
Am Sonntagnachmittag stand der große und historische Festumzug an. Mit vielen Festwagen und Fußgruppen tauchten die Teilnehmer in die Fischinger Historie ein. Schon Wochen vorher werkelten die Fischinger Schule, die Vereine und viele Privatpersonen an ihrem Beitrag zum Festumzug. Nach einer Reitergruppe schlossen sich acht Schweizer Gruppen und fünf Musikkapellen dem Festumzug am 30. Juli an.
Zu bewundern waren im Festzug Steinzeitjäger und eine Räuberbande, gefolgt von Graf Christoph und seinem Gesinde. In edlen Gewändern präsentierten sich acht Hofdamen, neun Edeldamen und sechs Burgfräulein mit ihren langen spitzen Kopfbedeckungen. Weitaus weniger edel gekleidet zeigte sich das Hofgesinde und die Backfrauen. Neben diesen zahlreichen Fußgruppen gab es noch sieben Motivwagen, so zum Beispiel die Waschfrauen und Wasserträgerinnen. Ein Umzugswagen setzte sich mit der Abgabe des "Zehnten" auseinander.
Erinnerung an ehemalige Flößerei
Die Herolde beklagten auf einem großen Transparent "Die armen Leute mussten fronen, die Reichen konnten prassen und sich schonen". Der Gewerbeverein erinnerte mit seinem Floß an die Flößerei in Fischingen, in der im Oktober 1900 das letzte Floß ablegte. Ein Motivwagen zeigte, wie damals das Korn mit dem Dreschflegel von Hand gedroschen wurde. Eine Lichtstube erinnerte an die dunklen Abende, an denen man sich um Strom zu sparen, als Gruppe immer bei jemanden anderen getroffen hat.
Die alte Fischinger Feuerspritze, die von zwei Pferden gezogen wurde, rundete den sehenswerten Festumzug ab. Am Abend luden die Fischinger zum ersten Großen Heimatabend der Stadt Sulz ein. Durch das Programm führte der durch Funk und Fernsehen bekannte Humorist und Repräsentant des "Schwäbischen Humors", Ernst Rominger (alias Carnera).
Zum erfolgreichen Abend trugen die Musikgesellschaft Fischingen/Schweiz, die Stadtkapelle Sulz, sowie die Schweizer Humoristengruppe bei. Aus dem Mühlbachtal gab es Auftritte der Musikkapelle Bergfelden, der Damenriege des Turnvereins Mühlheim, der Musikkapelle Renfrizhausen und des Gesangvereins Renfrizhausen. Mit dabei waren auch die "Gut Klang Musiker" aus Fischingen.
Kinderfest zum Abschluss
Am Montag gab es ein Kinderfest inklusive Kinderfestzug, begleitet von der Musikkapelle "Gut Klang". Im Festzelt stand anschließend ein Kinder- und Alten-Nachmittag mit Spielen und Vorträgen der Schuljugend an. Während der Veranstaltungstage gastierte ein großer Vergnügungspark auf dem Festgelände beim Sportplatz. Von der deutschen Post gab es damals sogar einen Jubiläums-Sonderstempel, mit dem die Fischinger Post im ganzen Jahr 1972 abgestempelt wurde.