Gut sechs Millionen Beschäftigte im Niedriglohnbereich werden vom Sprung auf zwölf Euro direkt profitieren. Foto: imago/epd/Steffen Schellhorn

Die Besorgnis der Arbeitgeber über einen Mindestlohn von zwölf Euro hat seine Berechtigung. Dennoch sollten sie keine substanziellen Änderungen mehr erwarten, meint Matthias Schiermeyer.

Stuttgart - Die Kritik der Arbeitgeber an der außerplanmäßigen Anhebung des Mindestlohns ist überaus breit. Aber niemand in ihren Reihen durfte bisher ernsthaft glauben, dass die Ampelregierung an ihrem zentralen Vorhaben substanzielle Abstriche macht. Dies gilt wohl auch für das Gesetzgebungsverfahren.

 

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Zwar wurde mit FDP-Hilfe noch verhindert, dass Arbeitsminister Heil quasi nebenbei diversen Branchen wie der Bauwirtschaft, dem Gebäudereinigerhandwerk oder dem Gastgewerbe zur Durchsetzung des Mindestlohns eine tägliche digitale Arbeitszeiterfassung auferlegt. Nun wird lediglich geprüft, wie elektronische und manipulationssichere Aufzeichnungen verbessert werden können. Am Sprung auf zwölf Euro zum 1. Oktober wird sich nichts ändern.

Rede von „Staatslöhnen“ hat unguten Subtext

Dass die Arbeitgebervereinigung BDA Rechtsgutachter beschäftigt, damit ein Verband oder ein Unternehmen mit neuer Munition nach Karlsruhe ziehen kann, ist zur Wahrung genereller Interessen nachvollziehbar – ebenso das Kernargument, dass in die Tarifautonomie eingegriffen werde. Die zwölf Euro wirken sich stärker auf die Tarifsysteme aus als die 8,50 Euro Anfang 2015. Die Behauptung aber, dass die Regierung quasi ihre Kompetenzen überschreite, erschließt sich rechtlich nicht. Zudem hat die Rede von „Staatslöhnen“ in dieser Zeit einen Subtext, der Staatsgegnern in die Hände spielt. So sollten die Arbeitgeber sehen, wie sie bald aus dem Wutmodus herausfinden.

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