André Mihaljevic, Ärztlicher Direktor der AVT-Chirurgie und Silvio Nadalin mit Team bei der 1000. Lebertransplantation Foto: Nina Sander/Uniklinikum Tübingen

Die Tübinger Uniklinik steht bei erfolgreichen Lebertransplantation im deutschlandweiten Vergleich seit Jahren an der Spitze. In den vergangenen 20 Jahren hat das Team 1000 Lebern transplantiert.

Mit einer besonderen Zahl kann das Universitätsklinikum Tübingen (UKT) im Oktober aufwarten: In der Transplantationschirurgie wurde im Oktober die 1000. Lebertransplantation vollbracht. Das Lebertransplantationsteam am UKT hat in den vergangenen 20 Jahren 800 Lebern von Erwachsenen und rund 200 von Kindern verpflanzt.

 

Am UKT werden alle Arten der Lebertransplantation gemacht: Die Leber alleine – die ganze Leber oder ein Leberteil, von postmortalen oder von lebenden Spenderinnen und Spendern – oder in Kombination mit anderen Organen (beispielsweise Niere, Bauchspeicheldrüse, Darm). Rund 100 Mitarbeitende aus unterschiedlichen Fachdisziplinen und Bereichen sind an der Behandlung und Versorgung eines Transplantationspatienten beteiligt.

Seit Jahren an der Spitze

„Tübingen steht bei den Ergebnissen der Lebertransplantation im deutschlandweiten Vergleich seit mehreren Jahren an der Spitze“, sagt Silvio Nadalin, Leiter des Transplantationszentrums und Stellvertretender Ärztlicher Direktor der Allgemeinen-, Viszeral- und Transplantationschirurgie (AVT). Diese Ergebnisse bestätigen nicht nur den unmittelbaren Erfolg bei der erfolgten Transplantation und die anschließende Funktion des Transplantats, sondern umfassen auch den gesamten Gesundheitszustand der Patienten mehrere Jahre nach der Operation.

Höhere Überlebensrate

Im Eurotransplant-Raum, einem Zusammenschluss sieben europäischer Länder darunter Deutschland, wird die Vergabe der Spenderorgane geregelt. In diesem liegen die Überlebensraten von erwachsenen Patienten nach drei bis fünf Jahren bei knapp 70 Prozent. „In Tübingen erreichen dies 85 Prozent unserer transplantierten Patienten“, ergänzt André Mihaljevic, Ärztlicher Direktor der AVT.

Auf die besondere Expertise des Transplantationsteam können sich Patienten verlassen, die mit einer chronischen Lebererkrankung eine akute Verschlechterung erleiden. „Deren Prognose ist in der Regel nicht besonders gut“, bestätigt Nadalin, „bei der Behandlung dieser sehr kranken Patienten gehören wir europaweit zu den Besten.“

Transplantationen bei Kindern

Als eines der wenigen Zentren in Deutschland bietet Tübingen auch Lebertransplantationen bei sehr kleinen Kindern an. So verfügt das erfahrene Team aus Ärztinnen und Ärzten, Pflegefachkräften, Ernährungswissenschaftlerinnen, Psychologen sowie Sozialpädagogen über eine große Expertise in der Behandlung von Kindern mit akuten und chronischen Lebererkrankungen.

Im interdisziplinären Team der Kinderklinik wird auch nach erfolgreicher Lebertransplantation ein langes Überleben der transplantierten Leber bei hoher Lebensqualität der kleinen Kinder sichergestellt: Die meisten Kinder führen nach Lebertransplantation ein normales Leben. „Das Uniklinikum ist bundesweit ein pädiatrisches Referenzzentrum für angeborene Gallenwegfehlbildungen, seltene Lebererkrankungen, Lebertumore und Mitglied des europaweiten Netzwerks für seltene Lebererkrankungen, das European Reference Network Rare Liver“, sagt Jörg Fuchs, Vorstandsvorsitzender des Kinderleberzentrums und Ärztlicher Direktor der Kinderchirurgie und Kinderurologie am Uniklinikum Tübingen.

Auch Tumore werden behandelt

Patientinnen und Patienten mit genetisch bedingten Lebererkrankungen, Gallengangsatresien und komplexen bösartigen Lebertumoren sind bei uns in den besten Händen. Hervorzuheben ist die exzellente Kooperation zwischen pädiatrischen Hepatologen, Kinderchirurgen, Radiologen und Onkologen als Basis für eine universitäre Spitzenmedizin.“

Im März erhielten die Transplantationsmediziner eine renommierte Auszeichnung der internationalen pädiatrischen Transplantations-Fachgesellschaft: „Bei der kompletten Lebertransplantation von Kindern unter zehn Kilo erhielten wir die Bestätigung für unsere sehr gute Arbeit, die wir in Tübingen auch bei hochkomplexen, risikobehafteten Operationen leisten“, sagt Nadalin. „Doch nicht immer haben die Kinder das Glück, rechtzeitig ein neues Organ zu erhalten.“

Lebensrettung mit langer Lebenszeit

Eine rechtzeitige Lebertransplantation ist für chronisch kranke Kinder die Lebensrettung mit langer Lebenszeit. Doch diese schwerkranken Kinder kommen in Deutschland zu kurz – sie konkurrieren im Kampf um das lebensrettende Organ mit schwer chronisch kranken Erwachsenen und verlieren diesen zu oft auf der langen Organspende-Warteliste. „Ich setze mich dafür ein, dass chronisch kranke Kinder bei Lebertransplantation priorisiert werden“, betont Nadalin. „In Zeiten von Organmangel ist die einzige Lösung, chronisch kranke Kinder besser zu priorisieren – in anderen europäischen Ländern wird das gemacht – und die wenigen Lebern, die für die Transplantation zur Verfügung stehen, konsequent zu splitten.“ Die Chance auf Überleben haben diese Kinder aktuell nur, wenn ein geeigneter Leberlebendspender zur Verfügung steht.

Weitere Informationen

Transplantationszentrum
Das Transplantationszentrum in Tübingen ist das bundesweit einzige, das sämtliche Organe des Bauchraums transplantiert, und zwar sowohl bei Erwachsenen wie auch bei Kindern. Zu diesen Organen gehören Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse, Darm und bei Frauen auch die Gebärmutter. Gegründet wurde das Zentrum im Jahr 2005.